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Kreis Coesfeld will ÖPNV umkrempeln: Mehr Service, niedrigere Preise
ÖPNV-Angebote
Der Kreis Coesfeld denkt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) radikal neu: Die Schritte sind in den Orten zwar unterschiedlich groß, in einem Punkt profitieren alle - beim Fahrpreis.
Der Unterschied zwischen Stadt und Land könnte größer kaum sein. Hier (Stadt) kommt der Bus so oft, dass ein Fahrplan für die Nutzer fast überflüssig ist. Dazu gibt es nur wenige „weiße“ Flecken - mit dem Bus kann von fast jedem Punkt fast jedes Ziel erreicht werden, ohne ein langes Stück laufen zu müssen. Auf dem Land - und damit auch in Olfen - ist die Situation zumindest in Teilen ganz anders. Der Bürgerbus fährt montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr. Das deckt zwar viele Zeiten ab, für manche Pendler ist das aber morgens zu spät. Am Wochenende muss jeder sehen, wie er sein Ziel erreicht.
„Wenn der ländliche Raum bei der Entwicklung der Mobilität mitkommt, gewinnt er als wohn- und Lebensraum“, sagt allerdings Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr. Für die Umsetzung der ehrgeizigen Ziele gibt es ein Forum - das Bürgerlabor. Erste Maßnahmen sind bereits umgesetzt - wie der schnelle Schnellbus von Olfen über Lüdinghausen und Senden nach Münster. Doch die Verantwortlichen wollen deutlich mehr. Die Projektkoordination mit dem früheren Olfener Bürgermeister Josef Himmelmann will nicht weniger als die Grundlagen komplett umdrehen.
Mobilstation mit interessanten Zusatzangeboten, engerer Takt
Über Jahrzehnte sei der Ansatz gewesen, dass die Menschen zum öffentlichen Personennahverkehr kommen mussten. Ein zentraler Aspekt, warum viele Menschen im Zweifelsfall dann doch lieber das eigene Auto nutzen. „An das Zweitauto“ wollen wir aber schon heran“, sagt Josef Himmelmann. Um dieses Ziel zu erreichen, wird das Angebot des ÖPNV deutlich erweitert. Als Bausteine nennt er eine Mobilstation mit verschiedenen Serviceangeboten (W-Lan, Packstation und mehr), ein Carsharing-Angebot und besonderes Mitfahrangebot, das per App bestellt wird.
Für Menschen in Olfen werden viele dieser Angebote aber zunächst realistisch sein. Es gibt halt viele zu wenige Menschen, die aus beruflichen oder anderen Gründen möglichst täglich nach Senden oder Münster fahren - und deshalb ein Abo buchen. Nur wenige Kilometer weiter ist die Situation eine ganz andere. Mehr als 1500 Menschen machen sich von montags bis freitags täglich mit dem Bus auf von Lüdinghausen in die Domstadt.
Das sind aber noch immer viel weniger Busfahrer als in Senden. Hier gibt es täglich stolze 4400 Münster-Pendler. Beste Voraussetzungen also, um ein sehr breites Angebot im ÖPNV auszurollen. Dazu gehört beispielsweise, dass alle Viertelstunde ein Bus nach Münster fährt. Lange Wartezeiten gehören der Vergangenheit an. Dazu kommen sehr kurze Wege (nicht mehr als 200 Meter) zum Car-Sharing-Angebot, besonders schnelle Verbindungen von Münster nach Hiltrup oder E-Scooter.
Den Bus-Kunden ein „Gefühl von Freiheit vermitteln“
Das Gesamtpaket soll, so Himmelmann, „ein Gefühl von Freiheit vermitteln“. Nicht nur im Sendener Kerngebiet. Auch die Bösensell und Ottmarsbocholt sind in das System integriert, das übrigens auch am Abend und am Wochenende noch gut ausgebaut ist, dass beispielsweise gerade auch junge Menschen entspannt von ihrer Wohnung oder dem Elternhaus nach Münster und zurück kommen.
Angesichts dieser Zusatzangebote liegt die Vermutung nahe, dass der Umstieg mit erheblichen Fahrkosten verbunden ist - und sich damit für viele Menschen dann doch nicht direkt rechnet. Dank der Unterstützung des Landes NRW ist allerdings das Gegenteil der Fall. Noch halten sich die Verantwortlichen mit konkreten Zahlen zurück. Allerdings ist bereits soviel durchgesickert - das Fahren mit dem Bus soll bereits in wenigen Wochen für Abo-Kunden deutlich preiswerter werden. Von dieser erheblichen Senkung sollen alle Kunden auf der X90-Strecke profitieren - also auch die Olfener. Bleibt abzuwarten, ob angesichts hoher Treibstoff-Preise sich mehr Bürger der Steverstadt für einen Umstieg entscheiden.
Journalist aus Leidenschaft, Familienmensch aus Überzeugung, Fan der Region. Als Schüler 1976 den ersten Text für die Ruhr Nachrichten geschrieben. Später als Redakteur Pendler zwischen Münsterland und Ruhrgebiet. Ohne das Ziel der Arbeit zu verändern: Die Menschen durch den Tag begleiten - aktuell und hintergründig, informativ und überraschend. Online und in der Zeitung.
