
Eine Schildkröte sonnt sich im Wasser der Alten Fahrt in Olfen. Heimisch sind die Tiere hier nicht, fühlen sich aber pudelwohl. © Jessica Hauck
Koi, Laufente und Schildkröten: Ausgesetzte Arten bevölkern Alte Fahrt
Natur in Olfen
Wer am alten Kanalarm zwischen Altem Hafenbecken und Dattelner Meer entlangspaziert, kann jede Menge Tiere beobachten. Auch solche, die dort eigentlich nicht hingehören. Das kann Probleme bereiten.
Frösche quaken ihr Konzert im Wasser der Alten Fahrt, Gänse brüten auf den Stämmen der in die Teiche gefallenen Bäume, ein Reiher lauert auf Beute, eine Laufente watschelt über den Schotterweg. Moment, eine Laufente? Zwar leben eine ganze Reihe Wasservögel am alten Kanalarm zwischen Olfen und Datteln. Laufenten gehören aber nicht zur heimischen Fauna.
Ebenso wenig wie der unterarmlange, orange Fisch, der einen Teich weiter seine Bahnen durch das momentan ziemlich klare Wasser der Alten Fahrt zieht. Während sich ein paar hundert Meter weiter, eine Schildkröte auf einem Ast am Ufer sonnt. Die eher ungewöhnlichen Tiere, die Spaziergänger und Jogger derzeit in der warmen Frühlingssonne an der Alten Fahrt beobachten können, sind sogenannte Neozoen. Damit sind „Neu-Tiere“ gemeint, die sich in einem Naturraum angesiedelt haben, in den sie eigentlich nicht gehören.

Eine Laufente watschelt über die Alte Fahrt. Sie ist wohl aus einer privaten Haltung ausgebüxt. © Jessica Hauck
Der orange Fisch etwa, der sich gut von den dunklen Fischen abhebt, die ansonsten in dem Gewässer zu sehen sind, wird ein Koi sein, schätzt Claus Bunte vom Fischereiverein Olfen. Diese Karpfen-Züchtung ist in Deutschland nicht heimisch, aber beliebt als Zierfisch in Gartenteichen. „Wenn irgendwo ein Gartenteich zu klein wird, werden sie oft entsorgt“, sagt Claus Bunte. Er kennt das Problem. Olfen verfüge über „eine Vielzahl“ von Neozoen. Angler des Olfener Fischereivereins hätten schon einen sibirischen Stör in der Stever gefangen und auch schon einen Sonnenbarsch, der eher in Amerika oder Afrika lebt.
„Bedauerlicherweise ein Dauerproblem“
Auch die vielen Schildkröten in der Alten Fahrt kennt Bunte. „Es ist bedauerlicherweise ein Dauerproblem“, sagt der Angler über das Aussetzen unbeliebt gewordener Haustiere. Das Problem, die tierischen Einwanderer können schädliche Auswirkungen auf das Ökosystem vor Ort haben. Die Alte Fahrt etwa sei ein sehr sauberes Gewässer sagt Claus Bunte. Eigentlich ideal für die heimischen Edelkrebse. Doch leider fühle sich der amerikanische Kamberkrebs „sauwohl“ in den Olfener Flüssen. Und dieser Flusskrebs sei robuster als die heimische Art.
„Jeder Eindringling stört das biologische Gefüge“, warnt auch Georg Holtmann, Naturexperte und in Olfen beispielsweise für die Störche in den Steverauen zuständig. Dass Schildkröten immer wieder in der Alten Fahrt ausgesetzt werden, „in der Hoffnung, dass sie dort überleben“, kennt auch Holtmann. Den ausgesetzten Tieren schade das Aussetzen immerhin wohl nicht. Die Schildkröten könne hier gut überleben, sagt Holtmann. Sie lassen sich im Winter auf den Boden plumpsen und fahren ihren Stoffwechsel runter, ähnlich wie die heimischen Frösche.
Winter bereitet Koi und Schildkröte keine Probleme
Auch der Koi würde nur sterben, wenn der Kanal komplett einfrieren würde. Sie fressen in der Alten Fahrt allerdings den Laich oder kleinere Fische. „Die Laufenten kommen auch klar“, sagt Holtmann. Er vermutet, dass sie aus privater Haltung einfach weggelaufen sind. Laufenten werden häufig zur Schneckenbekämpfung in Gärten eingesetzt. Und Schnecken und andere Insekten gibt es an der Alten Fahrt auch.
Aktuell stören die Eindringlinge an der Alten Fahrt zwar, gefährden aber noch nicht die heimische Tierwelt, sagt Georg Holtmann. Trotzdem appelliert er an alle Tierhalter, sich Gedanken zu machen, bevor man ein Tier anschafft. Wie viel Zeit braucht die Pflege? Wie groß wird das Tier und wie alt? Solche Fragen müsse man sich vor der Anschaffung stellen, so Holtmann.

Georg Holtmann kümmert sich um die Störche in den Steverauen. Er kennt aber auch das Problem mit ausgesetzten Tieren an der Alten Fahrt. Er appelliert, sich zu informieren, bevor ein Haustier angeschafft wird. © Pia Niewind (Archiv)
Sorge vor wandernden Waschbären
Ein tierischer Einwanderer bereitet allen Naturexperten allerdings jetzt schon große Sorgen: der Waschbär. Der sei inzwischen auch in Olfen schon angekommen, bestätigt Heribert Birken vom Hegering Olfen. Eine große Population der Tiere lebt aber nicht in Olfen. Er selbst habe den putzig anzusehenden Kleinbär schon in Vinnum gesehen, sagt Birken. Der kleine Räuber sei heimischen Kleinsäugetieren und Vögeln weit überlegen. Beim Essen ist der Waschbär nicht wählerisch und jagt an Gewässern nach Fischen, Krebsen und Fröschen. An Land kann er laut Naturschutzbund Nabu Vögel, Echsen oder Mäuse jagen, frisst aber auch Obst und Nüsse. Zum Problem werden die Waschbären auch, wenn sie sich beim Menschen einnisten, etwa auf Dachböden.
Seit rund zehn Jahren im Lokaljournalismus zu Hause – erst am Niederrhein, dann im Ruhrgebiet und Münsterland. Beschäftigt sich am liebsten mit menschlichen und lokalpolitischen Geschichten.
