Sie sind geflohen, haben sich ein neues Leben in Olfen aufgebaut, Deutsch gelernt, Arbeit gesucht und wollen raus aus den städtischen Unterkünften. Doch gut integrierte Geflüchtete haben es in Olfen schwer, sich eine Wohnung zu suchen. Vorurteile und Ablehnung machen es ihnen fast unmöglich, beklagen die Helfer vom Arbeitskreis Asyl. Sie sind enttäuscht und frustriert.
„Sind Sie aus der Ukraine? Nein? Dann nicht.“ Es ist eine Aussage wie diese, die Pfarrer Thorsten Melchert bei der Suche nach einer Wohnung für eine geflüchtete Person erlebt hat, die ihn fassungslos macht. Auch der Arbeitskreis Asyl und die Sprecherinnen Gudrun Schlaphorst und Britta Böcker helfen bei der Suche und kennen die Probleme. Generell gibt es nicht viele Wohnungen in Olfen, aber die Chancen für Geflüchtete, eine zu finden, stehen besonders schlecht, sagen sie. Viele Vorurteile seien im Spiel, sagt etwa Gudrun Schlaphorst.
Pfarrer Thorsten Melchert erlebt solche Situationen immer wieder. Auch wenn er für Geflüchtete eine Wohnung besichtigt, erlebe er Ablehnung - offene und verdeckte. „Was mich ein Stück weit entsetzte, ist der Umgang“, sagt Melchert. Es scheine eine Art Werteskala bei Vermietern zu geben. Am beliebtesten seien Rentner, dann Familien, auch für Geflüchtete aus der Ukraine sei Hilfsbereitschaft da. Für Menschen aus Syrien, Afghanistan oder dem Iran gelte das nicht. Kleinere, günstige Wohnungen in Olfen zu finden, sei ohnehin nicht so leicht, sagt Melchert. Aber es gebe sie. „Aber die haben keine Chance die zu kriegen“, sagt der Pfarrer über die Geflüchteten.

Viele Geflüchtete müssen dann weiterhin in Heimen wie dem am Vinnumer Landweg wohnen. Auch wenn ihre Familien später nachkommen. Die Kinder hätten dann keinen Platz, um für die Schule zu lernen, erzählt Britta Böcker. Ein Mann komme regelmäßig zur evangelischen Kirchengemeinde, um für einen Sprachkurs zu lernen. Das sei in seiner Unterkunft nicht möglich, erzählt Melchert. „Es müsste uns doch daran gelegen sein, die Leute zu integrieren und zu helfen“, sagt Melchert. Es gehe etwas verloren, wenn die inzwischen in Olfen integrierten Menschen aus der Stadt wegziehen müssen.
Dass die Wohnungsnot hier so groß sei, sei „echt schade, viele ziehen weg“, sagt Gudrun Schlaphorst. Leute mit Bleiberecht, die schon viele Jahre in Olfen leben, eine feste Arbeitsstelle in der Nähe haben, schildert Schlaphorst. Anfangs habe der Arbeitskreis Asyl in der Flüchtlingskrise 2015 mit Sprachkursen und Behördengängen helfen können. Jetzt bei der Wohnungsnot fühlen sich die Helfer machtlos. „Man steht achselzuckend davor und ist hilflos“, so Schlaphorst. „Da stoßen wir gegen eine Wand.“
Mangel bei sozialem Wohnungsbau
Olfen ist nicht allein mit einem Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Steigende Bauzinsen und ein Mangel an Handwerkern hat außerdem dazu geführt, dass der Wohnungsbau nicht vorankommt. Im vergangenen Jahr wurden in NRW nur knapp 4000 neu zu bauende Mietwohnungen bewilligt. 2021 waren es noch über 5200. Die Landesregierung will bis 2027 etwa 9 Milliarden Euro in Wohnraumförderung investieren.
Im Kreis Coesfeld sind dagegen in den vergangenen Jahren die Zahlen der Förderzusagen für Mietwohnungsneubau gestiegen. 2022 wurden 86 Wohneinheiten mit Hilfe von Fördergeldern modernisiert oder neu gebaut. 2012 waren es 49 Wohneinheiten, 2020 waren es 65. Von den Zahlen ausgenommen sind die Städte Coesfeld und Dülmen, die eigene Ämter für diese Förderungen haben.
Allerdings steigen auch die Zahl der Personen, die einen sogenannten Wohnberechtigungsschein bekommen haben. Mit diesem Nachweis haben Personen einen Anspruch, eine öffentlich geförderte, und damit günstige, Wohnung zu mieten. 330 Wohnberechtigungsscheine hat der Kreis Coesfeld 2022 ausgestellt. 2021 waren es acht weniger, 2020 waren es 255 Berechtigungsscheine.
Arbeitskreis bietet Vermittlung an
Das Sozialamt in Olfen gebe sich alle Mühe, die Geflüchteten zu unterstützen, sagt Pfarrer Melchert. Er wirbt um Mitgefühl und Verständnis. Die Menschen seien nicht grundlos aus ihren Heimatländern geflohen. Es handele sich um Hilfskräfte der deutschen Truppe aus Afghanistan oder um verfolgte Frauen aus dem Iran, um Menschen, denen im Heimatland der Tod droht. Die Olfener Pfarrer und der Arbeitskreis Asyl seien jederzeit bereit, mit Vermietern zu sprechen, bei Berührungsängsten zu vermitteln. Dass man Angst habe, nicht mit einem Mieter kommunizieren zu können, oder vor einer fremden Kultur, können die Mitglieder schließlich auch verstehen.
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