Stadt schweigt weiter zu Preis für Heidekrug Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht

Stadt schweigt weiter zu Heidekrug: Entscheidung vor Gericht
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Im Zuschauerbereich des Bürgerhauses Olfen wurde es voll – das Interesse an der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Dienstag (7.5.) war so groß, dass nachträglich noch weitere Stühle für die Besucherinnen und Besucher des politischen Gremiums im Saal platziert werden mussten. Besondere Aufmerksamkeit bekam der von der Stadtverwaltung angekündigte Bericht zu den Haushaltsreden im vergangenen März.

In einer Präsentation stellte Bürgermeister Wilhelm Sendermann einige aus seiner Sicht falsche Behauptungen der Reden zum Haushalt richtig. Dabei ging es auch um den Erwerb des Heidekrugs im vergangenen Jahr. Den Vorwurf der Grünen-Fraktion, dass die Stadt wegen der Differenz zwischen ermitteltem Wert eines Gutachtens und dem tatsächlichen Kaufpreis etwa 500.000 Euro zu viel bezahlt hätte, wollte Sendermann so nicht stehen lassen: „Wir haben den Heidekrug und die landwirtschaftlichen Flächen für einen angemessenen Preis erworben.“

Seine Frage an die Anwesenden: „Wissen Sie, wie schwer es ist, in Kökelsum Land zu kriegen?“ Die Stadt hatte das Areal der ehemaligen Gaststätte erworben, um Flächen für das Steverauen-Projekt zur Verfügung zu haben.

„Man kann das nehmen, was im Gutachten steht, oder man verhandelt über etwas anderes“, so Sendermann. Er wies darauf hin, dass es sich bei dem Gutachten-Wert aus dem Jahr 2021 um landwirtschaftliche Bodenleitwerte handele, für die Verkaufserlöse anderer Grundstücke zur Bewertung herangezogen wurden. Eine tatsächliche Bewertung des Grundstückswertes habe nicht stattgefunden.

Verschwiegenheitspflicht

Sendermann kündigte an: „Die Hofstelle werden wir für mindestens das verkaufen, das ist die Absicht, für das wir sie gekauft haben – vielleicht sogar noch für etwas mehr.“ Der Steuerzahler werde für den Heidekrug nicht einen Cent belastet, so das Versprechen des Bürgermeisters.

Wie viel die Stadt für das Heidekrug-Grundstück bezahlt hat, will sie aber weiterhin nicht preisgeben. Dass die Grünen in ihrer Haushaltsrede Sachverhalte öffentlich machten, die in der Vergangenheit in nicht öffentlicher Sitzung behandelt wurden, nahm Sendermann als Anlass einer Ankündigung: „Ich werde jetzt prüfen, inwieweit kommunalrechtliche Verschwiegenheitspflichten nicht eingehalten sind.“

Nachfragen und nachweisen

Seine Befürchtung, wenn Grundstücksverkäufe an die Stadt öffentlich debattiert werden: „Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir keine Geschäfte mehr machen können, weil diese Dinge von manchen eben nicht in die Öffentlichkeit getragen werden wollen.“

Grünen-Fraktionssprecherin Katja Meyer kritisierte ihrerseits die mangelhafte Transparenz im Umgang mit dem Heidekrug-Kauf: „Eine der originären Aufgaben der Opposition ist die Kontrolle. Und Kontrolle bedeutet, nachfragen, nachfassen und nachweisen lassen.“ Die Fraktion komme lediglich ihrer demokratischen Aufgabe nach. „Das große Thema Transparenz – von Informationen und Unterlagen – ist hier in Olfen immer ein Kritikpunkt. Immer wieder.“

Meyer hatte der Verwaltung vorgeworfen, vor dem Beschluss zum Heidekrug-Kauf nicht ausreichend informiert worden zu sein – Gutachten und Kaufvertrag hätten zur Ratssitzung nicht vorgelegen. Dem widerspricht die Stadt auf Anfrage der Redaktion nicht: „Der Sachverhalt wurde in der Vorlage erschöpfend beschrieben. Es ist nicht üblich, dass solche Unterlagen an alle Mandatsträger verteilt werden.“ Zur Einordnung: Dass den öffentlichen und nicht öffentlichen Sitzungsvorlagen im Ratsinformationssystem auch ergänzende Anlagen beigefügt werden, ist nicht unüblich, ist in diesem Fall allerdings unterblieben.

Zustimmung erst nach Kauf

„Sie können alle Akten einsehen, aber das machen wir nicht in öffentlicher Sitzung, wenn es um Grundstücksangelegenheiten geht“, merkte Wilhelm Sendermann in der HFA-Sitzung an. Einen Tag später lässt er der Redaktion mitteilen, wie viele Ratsmitglieder davon im Zusammenhang mit dem Heidekrug-Kauf Gebrauch gemacht haben: „Das Akteneinsichtsrecht wurde bis zur Ratssitzung von einem Ratsmitglied, nachher von zwei weiteren wahrgenommen.“

Als der Rat dem Kauf am 20. Juni mehrheitlich zustimmte, war der Vertrag schon längst unterschrieben. Bereits zwei Wochen zuvor – am 6. Juni – hatte die Stadt den Kaufvertrag ohne politische Entscheidung geschlossen, wie die Verwaltung mitteilt. Eine Woche später sei der Vertragsabschluss im Haupt- und Finanzausschuss „vorberaten“ worden, ehe er im Rat bei 21 Ja- und 5 Nein- Stimmen angenommen wurde.

Prüfung durch Gericht

Die Gemeindeordnung NRW sieht eine Dringlichkeitsentscheidung eines Bürgermeisters noch vor der Abstimmung im Rat vor, wenn sonst bis zur nächsten Sitzung erhebliche Nachteile oder Gefahren für die Gemeinde entstehen können. Aus dem Olfener Bürgermeisterbüro heißt es allerdings: „Es lag keine Eil- oder Dringlichkeitsentscheidung vor.“

In der HFA-Sitzung am Dienstag zeigte sich UWG-Vertreter Heinz-Dieter Broz irritiert darüber, dass sich die Stadt zur von der Redaktion geforderten Offenlegung weiterer Details des Heidekrug-Erwerbs nun anwaltlich beraten lässt. „Wenn es darum geht, schutzwürdige Belange Dritter zu wahren, möchte ich keinen Fehler begehen“, begründete Wilhelm Sendermann den Schritt. Ob die Stadt den Kaufpreis des Heidekrugs öffentlich machen muss, soll jetzt das Verwaltungsgericht Münster entscheiden. Die Redaktion beantragte hierfür am Mittwoch (8.5.) eine einstweilige Anordnung.