So war das nicht geplant: Ein Wohnmobil steht auf dem Parkplatz am Naturbad, auf der Fläche des Wohnmobilstellplatzes sind für Archäologen sehr lange und mehrere Meter breite Mulden ausgehoben worden.

© Thomas Aschwer

Gewaltige Erdbewegungen am Naturbad Olfen - mit ungewissem Ausgang

rn„Volltreffer“

Gewaltige Erdbewegungen gibt es auf der Fläche zwischen Kökelsumer Straße und Naturbad. Es sind aber keine vorbereitenden Arbeiten für das Tourismusprojekt. Es geht um die Geschichte Olfens.

Olfen

, 16.06.2021, 19:20 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sommer, Sonne - dazu ein lauschiges Plätzchen wie der Parkplatz des Naturbades. Was will man mehr? Offensichtlich nicht viel. Einzelpersonen und kleine Gruppen haben es sich bequem gemacht, quatschen, gönnen sich ein kühles Getränk. Dass sie nur wenige Schritte von möglicherweise historisch herausragenden Funden entfernt sind, ahnen sie nicht einmal. Wie auch?

Auf der angrenzenden Fläche sieht es so aus, wie auch auf vielen anderen Baustellen. Lange Mulden sind ausgehoben und die Erde links und rechts dieser Bereiche gelagert worden. Ein breiter Streifen fast wie die anderen. Und doch - in der untergehenden Sonne wirken die sandigen Flächen besonders, fast schon golden. Wer sich ein wenig für Archäologie interessiert, muss nicht lange rätseln.

Alle Grabungsstelle und Funde werden fein säuberlich dokumentiert.

Alle Grabungsstelle und Funde werden fein säuberlich dokumentiert. © Thomas Aschwer

In einigen Mulden finden sich verschieden große Löcher. Mit Nummern versehene kleine Plastikschildchen liefern den Beweis, dass hier Probeschürfungen stattfinden. Während die LWL-Archäologie (Außenstelle Münster) sich mit Aussagen zu den Arbeiten und ersten Ergebnissen zurückhält, bestätigt Bürgermeister Wilhelm Sendermann die vor Monaten geäußerten Vermutungen der Experten. Sendermann geht zwar nicht ins Detail, spricht aber mit Blick auf die Probeschürfungen von einem „Volltreffer“.

Bürgermeister gibt Richtung vor: Bodendenkmäler liegen lassen

Damit steht die alles entscheidende Frage im Raum, wie die neuen Eigentümer und die Stadt mit der historisch hochspannenden Situation umgehen. Anfang des Jahres hatte Sendermann einen wichtigen Hinweis gegeben. „Ziel ist es, Bodendenkmäler liegen zu lassen.“ Zu klären ist allerdings die Frage, wie intensiv die Untersuchung der künftigen Wohnmobilstellplatz-Fläche sein soll. Und wie lange sie dauert. Zu erforschen dürfte es mehr als genug geben. „Wir haben bei den Grabungen auf Naturbadfläche an keiner Stelle die Grenze des Fundareals erreicht“, hatte ebenfalls im Januar Dr. Christoph Grünewald auf Anfrage gesagt.

Auf der Fläche des geplanten Wohnmobilstellplatzes laufen gerade Probeschürfungen. Die ausgebaggerte Erde ist direkt neben den Mulden abgelegt worden.

Auf der Fläche des geplanten Wohnmobilstellplatzes laufen gerade Probeschürfungen. Die ausgebaggerte Erde ist direkt neben den Mulden abgelegt worden. © Thomas Aschwer

Der Leiter der Außenstelle Münster der LWL-Archäologie ging deshalb schon vor Beginn der Arbeiten davon aus, dass auf der Fläche zwischen Naturbad und Kökelsumer Straße „weitere bedeutsame Reste der Naturbad-Fundstellen bronze-/eisenzeitlicher Friedhof, eisenzeitliche Siedlung und mittelalterliche Siedlung erhalten sind“. Grunewald hatte deshalb gefordert, dass diese „bedeutsamen Reste vor einer Bebauung geborgen und dokumentiert werden müssen“. Das sehe auch das Denkmalschutzgesetz so vor.

Die tausende Jahren alten Zeugnisse der Geschichte sind dabei nach Einschätzung des Fachmanns ohne weiteres Handeln gefährdet. Nach seiner Einschätzung dürften sie dem Gewicht von Wohnmobilen kaum standhalten. Sein Vorschlag lautete Anfang des Jahres, die „Zeugen der Vergangenheit auszugraben und zu sichern.“

Wissenschaftler erhoffen sich wichtige Erkenntnisse

Die Fundstelle liegt nach Einordnung der LWL-Archäologie „naturräumlich und geologisch gesehen am südwestlichen Rand des Kernmünsterlandes auf Sanden der eiszeitlichen Lippe-Niederterrasse, die hier streckenweise von Dünenaufwehungen überdeckt sind. Offensichtlich waren die leicht zu bearbeitenden Sandböden bei den Ackerbauern der Bronze- und Eisenzeit besonders beliebt. Ein weiteres Kriterium für die Standortwahl war sicher die Nähe zu einem größeren Gewässer“.

Die neuen Grabungsflächen befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Naturbad.

Die neuen Grabungsflächen befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Naturbad. © Thomas Aschwer

Die Erwartungen der Wissenschaftler sind groß. Auf der Naturbadfläche von insgesamt 16.000 Quadratmetern hatten Archäologen 1028 Befunde und Einzelfunde zu Tage gefördert. Die Funde reichten von Speeren und Armreifen, über Rückstände von Häusern und erstrecken sich auf 11.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Die ältesten Funde reichen bis zur Mittelsteinzeit (also 9000 Jahre vor Christus) zurück. Angesichts dieser Ergebnisse bleibt es spannend, was in den nächsten Wochen auf dem künftigen Wohnmobilstellplatz gefunden wird.