Der Heidekrug stand schon lange leer, als die Stadt Olfen die ehemalige Gaststätte mitsamt anliegender Gebäude und Grundstücken im vergangenen Jahr kaufte. Als der Rat den Kauf – vor allem wegen des Bedarfs an ökologischer Ausgleichsfläche – beschloss, war der Vertrag schon unterschrieben. Welche Kaufsumme für das Areal vereinbart wurde, möchte die Stadtverwaltung geheim halten. Nun soll das Verwaltungsgericht Münster auf Antrag dieser Redaktion im Eilverfahren entscheiden, ob das so bleiben darf.
Vertreten wird die Stadt Olfen in dieser Sache von einer Anwaltskanzlei aus Münster. Dessen Rechtsanwälte nennen gleich mehrere Gründe, warum der Antrag abzulehnen sei. Die Juristen im Auftrag der Stadt halten eine Entscheidung im Eilverfahren nicht für rechtens, weil sich ein „Hauptverfahren“ nach Veröffentlichung eines Kaufpreises für den Heidekrug ohnehin erledigt hätte, da die Auskünfte „unwiederbringlich in der Welt“ wären.
Auch führen die Anwälte an, dass „schutzwürdige private Interessen“ des Verkäufers verletzt würden, sollte die Höhe der Heidekrug-Kaufsumme bekannt werden. Zuallererst nennt die beauftragte Kanzlei aber einen anderen Grund, warum der Antrag vor dem Verwaltungsgericht abzulehnen ist: Er sei nicht von einem „Vertreter der Presse“ gestellt worden.
Eidesstattliche Versicherung
Das ist Voraussetzungen, um über das Pressegesetz an Auskünfte zu kommen und solche mithilfe eines Gerichts zu erwirken. Geführt wird das Verfahren – wie bei den Ruhr Nachrichten üblich – von der WestNews GmbH & Co. KG. Dort sind zahlreiche Redakteure der Zeitung – auch der Autor dieses Artikels – angestellt. Die Juristen aus Münster ordnen das Unternehmen dennoch nicht den Vertretern der Presse zu, da die Gesellschaft selbst die Ruhr Nachrichten weder verlegt noch herausgibt.
Herausgeber ist der Verlag Lensing-Wolff. „Die Klägerin behauptet eine irgendwie geartete ‚Verbindung‘ mit dem Verlag Lensing-Wolff, ohne diese zu belegen“, schreiben die Rechtsvertreter der Stadtverwaltung. Auch sei offensichtlich, dass der Autor der Artikel zum Heidekrug nicht der Antragsstellerin – also der WestNews GmbH & Co. KG – angehört. Dabei hatte der ein entsprechendes Anstellungsverhältnis dem Gericht mittels Eidesstattlicher Versicherung bestätigt.
Eine wortgleiche Versicherung hatte dem Verwaltungsgericht in Oldenburg in einem anderen Verfahren im Jahr 2022 ausgereicht. Das Gericht stellte fest, dass die WestNews GmbH & Co. KG als „taugliche Anspruchsinhaberin“ anzusehen ist. „Sie verfügt über eine hinreichende institutionelle Verknüpfung mit dem der Presse zuzuordnenden Verlag der ‚Ruhr Nachrichten‘. Die Antragstellerin recherchiert und erstellt Artikel, die dort veröffentlicht werden und damit auf den demokratischen Meinungsbildungsprozess einwirken.“
Auch, dass Redakteure der Ruhr Nachrichten in ihren E-Mails die Signatur der WestNews GmbH führen, wollen die Anwälte der Stadt nicht als Beweis für eine Tätigkeit des Unternehmens als Pressevertreter durchgehen lassen.
Darüber hinaus sehen die Rechtsanwälte in ihrer Antragserwiderung keine Eilbedürftigkeit, denn ein gesteigertes öffentliches Interesse sowie ein starker Gegenwartsbezug könne nicht nachgewiesen werden.
Selbstbestimmung der Presse
Dem Gegenüber steht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts Arnsberg, dass die Presse in den Grenzen des Rechts selbst entscheidet, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. „Unter das Selbstbestimmungsrecht in zeitlicher Hinsicht fällt auch die Freiheit der Presse, zu entscheiden, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll. Demgemäß kann nicht darauf abgestellt werden, ob die Berichterstattung auf unaufschiebbare Berichte zielt oder sie auch später möglich bleibt“, so das Gericht.
Auch könne die Presse nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht. Ob der Auskunftsanspruch der Redaktion im aktuellen Fall vorliegt, entscheidet nun das Verwaltungsgericht Münster.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 6. Juni 2024.