Verzögerungen an der Füchtelner Mühle Ausschreibung gestoppt: „Wäre sonst ein Desaster“

Verzögerungen an der Füchtelner Mühle: Ausschreibung wurde gestoppt
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Als sich die Stadt Olfen und der Kreis Coesfeld über den gemeinsamen Kauf der Füchtelner Mühle im Jahr 2020 einig waren, ahnten die Beteiligten noch nicht, worauf sie sich da eingelassen hatten. Nachdem das alte Bauwerk an der Kökelsumer Straße in den Besitz der Gesellschaft des Kreises Coesfeld zur Förderung regenerativer Energien (GFC) übergegangen war, folgte der große Schreck – trotz vorherigem Gutachten. „Wir haben einen Zustand vorgefunden, der besorgniserregend war“, blickt GFC-Geschäftsführer Stefan Bölte zurück. Das Bauwerk drohte zu „kollabieren“.

Die Schäden an der tragenden Konstruktion – unter anderem wies der Mittelpfeiler erhebliche Schäden auf – wurden mittlerweile behoben. „Da können jetzt alle ruhig schlafen“, weiß Bölte. Auch neue Wehrtafeln erhielt die Stauanlage im vergangenen Jahr, sodass das Wasser theoretisch wieder aufgestaut werden könnte.

Das scheitert aktuell aber praktisch daran, dass die zwei Turbinen zur Stromerzeugung für Reparatur und Umbau demontiert und zu einem Spezialunternehmen nach Sachsen-Anhalt transportiert wurden. „Das Stauen würde die Mühle fluten, weil der Turbinenkanal nicht vollständig geschlossen werden kann“, erklärt Stefan Bölte.

Bis es so weit kommen konnte, stand die Baustelle mehrere Monate still: Kreis und Stadt warteten auf eine Förderzusage der Bezirksregierung. Im vergangenen Dezember erhielt die GFC dann für die Maßnahme vom Land im Rahmen eines Klimaschutzprogramms eine Zuwendung in Höhe von 65.000 Euro für Turbinenrevison und Erneuerung der Rechenanlage.

200 Prozent über Schätzung

Die Anlage sammelt Treibgut aus dem Steverwasser und verhindert so eine Verstopfung der Anlage. Während das gesammelte Gut bisher noch von Hand entnommen wurde, soll es künftig – das ist ökologisch so gewünscht – automatisch über eine Spülrinne zurück in die Stever geleitet werden.

Eine erste Ausschreibung zum Umbau der Rechenanlage im Juli verlief enttäuschend. „Das Submissionsergebnis hat mich vom Stuhl gerissen“, gesteht Klaus Franksmann vom beauftragten Ingenieurbüro. Lediglich zwei Angebote habe es gegeben, wovon eines nicht vollständig gewesen sei und nicht gewertet werden konnte. Das andere Angebot habe fast 200 Prozent über der Kostenschätzung von 300.000 Euro gelegen.

Mehr Leistung als bisher

Die Verantwortlichen entschieden sich dafür, die Ausschreibung aufzuheben, „weil es sonst für die Stadt Olfen und den Kreis Coesfeld ein Desaster wäre“, so Franksmann. Stefan Bölte ist überzeugt: „Wir werden Firmen finden, die im Bereich der Kostenschätzung liegen.“ Bei Unternehmen, die auf Gewässerbauwerke spezialisiert sind, soll nun eine Preisabfrage durchgeführt werden. Eine Durchführung der Arbeiten ist für April bis September 2025 geplant.

Bereits für Dezember plant die GFC mit dem Wiedereinbau der zwei Turbinen, die von da an bis zu 20 Prozent mehr Leistung als bisher bringen sollen. Die Einnahmen aus der Wasserkraft-Stromproduktion werden sich Stadt und Kreis künftig teilen. Wie hoch die Erträge werden, lasse sich aktuell noch nicht sagen, so Stefan Bölte. Der GFC-Geschäftsführer sagt realistisch: „Damit wird niemand reich werden.“ Selbst refinanzieren soll sich das Stauwehr aber schon.

Festgelegte Staumarke

300 bis 350 Liter pro Sekunde sind mindestens nötig, um die Turbinen in Schwung zu bringen. Für den Betrieb steht nur „Überschusswasser“ der Stever zur Verfügung. Heißt: Droht die dauerhaft festgelegte Staumarke unterschritten zu werden, steht auch kein Wasser für die Stromproduktion zur Verfügung.

Die Turbinenschächte im Bauwerk sind aktuell leer.
Die Turbinenschächte im Bauwerk sind aktuell leer. © GFC

Trotz einiger – auch witterungsbedingter – Verzögerungen sagt Stefan Bölte zum Stauwehr-Projekt: „Das ist ein Mustervorhaben, das zeigt, dass die interkommunale Familie funktioniert.“ Olfens Bürgermeister Wilhelm Sendermann ergänzt, dass es sich nicht um eine „Standardbaustelle“ handele, sondern „wie eine OP am offenen Herzen“ sei, da das Bauwerk während der Arbeiten weiter als Durchfluss für die Stever funktionieren müsse.

Erlaubnis über 40 Jahre

Weil die Stever wegen des defekten Stauwehrs zeitweise trocken lief, ließ die Stadt einen provisorischen Damm errichten. Sobald die neue Rechenanlage eingebaut ist, soll der Damm wieder aus dem Flussbett verschwinden.

Nachdem auch die Steuerungstechnik des Wehrs erneuert wurde, kann die Anlage wieder ihren Betrieb aufnehmen. Olfen verfüge dann über ein „Denkmal mit Hightech“, so Planer Klaus Franksmann. Die Verantwortlichen rechnen mit einer Inbetriebnahme im vierten Quartal 2025 und dem anschließenden Übergang in den Regelbetrieb.

Der ist dann aus rechtlicher Sicht für die kommenden Jahrzehnte gesichert. Der Kreis erteilte kürzlich eine Erlaubnis zur Wasserentnahme aus der Stever zur Wasserkraftnutzung bis zum 30. September 2064.