Immer mehr Fahrschüler scheitern an der theoretischen und praktischen Prüfung. Olfener Fahrlehrer haben Erklärungsansätze dazu. Einer war sogar mal kurz davor, seinen Job hinzuschmeißen.

Olfen

, 15.02.2020, 15:08 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein Stoppschild missachtet, Schulterblick vergessen, oder einem anderen Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt genommen. Es gibt zig Gründe, weswegen Fahrschüler in der praktischen Führerschein-Prüfung durchfallen. Die Zahl derjenigen, die durch ihre theoretische und praktische Prüfung fallen, ist in den vergangenen Jahren bundesweit gestiegen.

Bei der Theorieprüfung aller Pkw-Klassen lag die Durchfallquote 2018 laut Kraftfahrt-Bundesamt bei 39 Prozent. 2016 waren es noch 37 Prozent. Bei der praktischen Prüfung für den Autoführerschein fiel im Jahr 2018 mit 35 Prozent mehr als jeder dritte Führerschein-Anwärter durch - vier Prozent mehr als noch 2016.

Auch in Olfen beklagen Fahrlehrer die steigende Zahl der Schüler, die ihre Prüfungen nicht schaffen. Benjamin Janke, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Olfen, sagt, dass es unterschiedliche Gründe für die hohe Durchfallquote gibt.

Mehr als 1000 Fragen - Theorie ist schwieriger geworden

„Die theoretische Prüfung ist schwieriger geworden im Laufe der Jahre. Der gesamte Fragenkatalog umfasst mittlerweile über 1000 Fragen. Da ist nun mehr Lernarbeit nötig als früher“, so Janke.

Lernarbeit, die augenscheinlich nicht jeder Fahrschüler aufbringen will. „Einer hatte mal über 70 Fehlerpunkte in der Theorie-Prüfung. So viele habe ich vorher in 15 Jahren noch nicht erlebt“, sagt Janke. Zur Einordnung: Eine Prüfung ist nicht bestanden, wenn mehr als zehn Fehlerpunkte erreicht oder zwei Fünf-Punkte-Fragen falsch beantwortet werden.

Um solchen Fällen entgegenzuwirken, lässt der Fahrlehrer seine Schüler in einer Vorprüfung antreten, die sie bestehen müssen. Janke: „Erst wenn ein Fahrschüler seine Prüfungsreife bei uns nachgewiesen hat, melden wir ihn für die Theorie-Prüfung an.“

Fahrschülern fehlt oft die nötige Motivation

Dass die Zahl der gescheiterten Praxis-Prüflinge steigt, liegt laut Henke nicht an den Autos an sich. Die seien zwar komplexer geworden, „aber die Autos von heute bieten deutlich mehr Hilfe, als dass sie den Fahrern das Leben schwer machen. Stichwort: Park-Sensoren“, so Janke.

Vielmehr prangert Janke die häufig fehlende Motivation der Fahrschüler an. „Auch das war früher anders. Mit 17 Jahren habe ich schon mit den Hufen gescharrt. Da wurde es für mich einfach Zeit, den Schein zu machen. Heute ist es häufig so, dass die Fahrschüler sagen: ‚Wenn Mama sagt, ich muss den Lappen machen, dann gehe ich mal zur Fahrschule.‘ Die machen es teilweise gar nicht aus freien Stücken.“

Ungeduldige Autofahrer erhöhen den Druck auf die Fahrschüler

Heute würden seine Fahrschüler im Schnitt auch mehr Fahrstunden nehmen und für den Erwerb des Führerscheins auch dementsprechend mehr Zeit benötigen. „Verwunderlich ist ob der steigenden Anzahl an benötigten Fahrstunden, dass die Quote der durchfallenden Fahrschüler trotzdem hochgeht“, so Janke.

Ein weiteres Problem sei laut Fahrlehrer Janke auch der dichter werdende Verkehr. Er spricht von einem „täglichen Kampf“ auf der Straße: „Es ist voller geworden auf den Straßen und die Fahrer sind auch ungeduldiger als früher. Ich werde mittlerweile am Tag bestimmt zehn Mal angehupt, weil ein Fahrschüler etwa das Auto abwürgt. Das war früher nicht so, aber es erhöht für die Fahrschüler den Druck ungemein und macht die Sache für sie nicht einfacher.“

Sprachbarriere ist ebenfalls ein Problem

Der gebürtige Brite Stephen Bevan ist Fahrlehrer seit fast zwei Jahren. In Deutschland lebt er seit 1989. Mit seinen Fahrschülern redet er deutsch. Für viele ausländische Führerschein-Anwärter sei das nicht immer einfach. „Erst mal hemmt natürlich die Sprachbarriere. Aber auch der Straßenverkehr ist in anderen Teilen der Erde ganz anders. Die Vorfahrtsregel kennen viele gar nicht. Für viele Zugezogene aus dem Ausland ist die Umgewöhnung extrem schwer“, sagt Bevan.

Verpatzte Prüfungen haben er und Benjamin Janke zuhauf erlebt. „Da waren teilweise so kuriose Geschichten dabei, dass ich mit anderen Fahrlehrern schon überlegt habe, darüber ein Buch zu schreiben“, sagt Janke mit einem Schmunzeln.

„Ist das der richtige Job für mich?“

Es gab Zeiten, da zweifelte Janke sogar an sich selbst: „Irgendwann fängt man an, sich zu hinterfragen. Nach meiner Ausbildung hatte ich eine Quote von 80 Prozent an Schülern, die die Praxisprüfung bestanden haben. Dann wurde es weniger. Da habe ich mich schon gefragt, ob es der richtige Job für mich ist.“

Wenn die Quote mal unter 70 Prozent falle, „dann schmeiße ich hin“, sagte sich Janke damals. Das war zeitweise mal der Fall. Weitergemacht hat er trotzdem und konnte die Zahl der Schüler, die die Prüfung im Erstversuch bestehen, auch wieder erhöhen. „Toi, toi, toi. Mit unserer Quote sind wir unter dem Bundesschnitt der durchfallenden Fahrschüler“, so Janke.

Prüfungs-Panik: Fahrschüler sind oft „eine andere Person“

Doch egal wie gut ein Fahrschüler sich während seiner Fahrstunden auch schlägt - eine Garantie, dass er die abschließende Praxis-Prüfung auch besteht, gibt es nicht. „Es gibt einen Leitspruch für uns Fahrlehrer: Man kennt seinen Fahrschüler, aber nicht seinen Prüfling“, sagt Janke.

Das bestätigt auch Stephen Devan. „Viele Fahrschüler sind in der Prüfung eine ganz andere Person, haben fast schon Panik.“ Bevan will demnächst einen speziellen Pädagogik-Kurs besuchen, damit er in solchen Szenarien - aber auch zur Prävention solcher Situationen - besser reagieren und auf die Ängste seiner Fahrschüler eingehen kann.