Subventionen für Landwirtschaft im Kreis Coesfeld „Von vornherein zum Scheitern verurteilt“

Subventionen für Landwirtschaft „von vornherein zum Scheitern verurteilt“
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„Wirtschaft und Arbeit“ lautete einer der Themenbereiche, über die die Direktkandidaten für den Wahlkreis Coesfeld - Steinfurt II am Dienstag in unserer Wahlarena diskutierten. Eine kurze und klare Angelegenheit, hätte man meinen können, wenn man sich die jüngsten Zahlen anschaut.

So heißt es in dem von der Wirtschaftsförderung des Kreises Coesfeld im November 2024 veröffentlichten Bericht zur konjunkturellen Lage unter anderem: „Während Auftragseingänge in der Industrie und Bauaktivitäten rückläufig sind, bleibt der Arbeitsmarkt robust. Mit 76.268 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wurde 2023 ein neues Allzeithoch erreicht, das deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Die Arbeitslosenquote ist mit 4,1 Prozent (Stand Dez. 2024) die niedrigste in NRW.“

Das klingt größtenteils so, als müsse man sich – wenn überhaupt – nur wenig Sorgen um die Wirtschaft machen. Trügen die Zahlen? Für Sonja Crämer-Gembalczyk (Die Linke) ist die Antwort klar: Ja. Denn die Zahlen sähen zwar „hübsch“ aus, aber spiegelten letztlich nur bedingt die Situation von Arbeitnehmern wider. „Es gibt viele Menschen, die zwei oder sogar drei Minijobs haben, um überleben zu können. Das geht so nicht weiter, daran muss sich etwas ändern. Hinter dieser Statistik steckt also auch eine andere Wahrheit, ein realer Umstand: Arbeitsarmut.“

Mehr Chancengleichheit und Tarifbindung

An der Situation von Arbeitnehmern etwas zu ändern, ist auch der Plan von Johannes Waldmann (SPD). Der Hauptschullehrer gibt auf seiner Homepage an, dass die Themen Arbeit und Wirtschaft für ihn im Mittelpunkt stehen. Die Verbindung zur Bildung besteht allerdings nicht allein in dem viel zitierten Übergang von der Schule ins Berufsleben.

„Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen zusammen und dort erlebe ich, dass die Chancengleichheit immer noch nicht ausreichend ist. Es bestimmt immer noch das Elternhaus extrem über den Werdegang von Kindern. Und wenn Eltern in einem Unternehmen arbeiten, wo zum Beispiel eine Tarifbindung gilt, dann haben die Eltern mehr Urlaubstage, ordentliche Arbeitszeiten, sie verdienen mehr, sie haben mehr Mitbestimmung. Das kommt letztlich auch den Kindern zugute“, sagt Waldmann. Deswegen setze er sich auch für ein Bundestariftreuegesetz ein. Es müsse sichergestellt werden, dass öffentliche Gelder an tarifgebundene Unternehmen ausgezahlt werden.

Apropos Unternehme: Eine florierende Wirtschaft geht häufig damit einher, dass neue Unternehmen gegründet werden oder bestehende expandieren. Das zeigt sich oftmals auch in der Landschaft in Form von Flächenversieglung. Eine Sache, bei der vor allem einer Grünen-Politikerin das Herz bluten dürfte – oder etwa nicht?

Direktkandidatin Hanna Hüwe ist bei der Antwort auf diese Frage durchaus zwiegespalten. Man befinde sich da gewissermaßen in einer Art Grauzone, sagt sie. Auf der einen Seite wolle man insbesondere bestehenden Betrieben Entwicklungsmöglichkeiten geben – auf der anderen Seite aber natürlich auch keine Flächen versiegeln. „Glücklicherweise gibt es auch Gewerbebetriebe, die pfiffig und innovativ sind und andere Lösungen finden, beispielsweise zweistöckig bauen“, so Hüwe.

Klar sei, dass es für Kommunen und Gemeinden wichtig ist, ortsansässige Unternehmen zu stärken. Denn die sorgen schließlich für Gewerbesteuereinnahmen und Arbeitsplätze. Die geringe Arbeitslosenquote im Kreis führt Hüwe auch darauf zurück, dass „die Unternehmen verstanden haben, dass es an ganz vielen Stellen Sinn ergibt, lokal zusammenzuarbeiten“.

Marc Henrichmann (CDU, l.) und Johannes Waldmann diskutierten in der Wahlarena.
Marc Henrichmann (CDU, l.) und Johannes Waldmann diskutierten in der Wahlarena. © Günther Goldstein

Die lokalen Akteure arbeiten also Hand in Hand. Wenn es nach der FDP geht, dürfen sie dabei aber nicht auf reichlich finanzielle Zuschüsse hoffen. Im Wahlprogramm der Liberalen heißt es unter anderem, man wolle im Bereich der Landwirtschaft den „Fokus auf Produktivitätssteigerung und Innovation statt ineffektiver Subventionen“ legen. Eine Ansage, hinter der auch Direktkandidat Sebastian Loest voll steht. Er sagt: „Alles, was ich versuche zu subventionieren, ist von vornherein direkt zum Scheitern verurteilt.“

Dazu liefert er ein Beispiel, das allerdings nicht sonderlich viel mit Landwirtschaft zu tun hat: „Ich kann der beste Hersteller von Schwarz-Weiß-Fernsehern sein. Wenn der Markt danach verlangt, Farbfernseher herzustellen, dann bringt mich das nicht wesentlich weiter. Wenn ich immer weiter Schwarz-Weiß-Fernseher subventioniere, dann habe ich irgendwann eine leere Kasse, aber immer noch ein Produkt, das der Markt nicht braucht. Mit anderen Worten: Wir müssen die Landwirte und im Allgemeinen die Wirtschaft empowern, dass sie leistungsstärker, innovativer und nachhaltiger wird.“

Für Agrardiesel und weitere Subventionen

Innovation, Leistungsstärke und Nachhaltigkeit – dagegen hätte freilich auch Marc Henrichmann nichts. Subventionen sind der CDU gerade im landwirtschaftlichen Sektor dann aber doch wichtig. Stichwort: Agrardiesel. Die Rückvergütung will die Union laut Wahlprogramm wieder vollständig einführen und zudem alternative Biokraftstoffe sowie synthetische Kraftstoffe von der Energiesteuer befreien.

Das sei ein „ganz zentrales Thema“, um die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber den europäischen Mitbewerbern zu erhalten, betont Henrichmann: „Wenn wir den Landwirten sagen, Ihr sollt zu europäischen hohen Standards produzieren, aber anderswo geht das günstiger, dann brauchen wir sonst auch nicht mehr über regionale Lebensmittel reden.“ Wichtig sei außerdem, den Mittelstand zu stärken. „Denn da haben wir ein riesiges Problem. Da gibt es einen Fachkräftemangel und die Unternehmen finden keine Nachfolger“, so der CDU-Kandidat.