Als das Auto nach Olfen kam Heimatforscher über die ersten Fahrzeuge für Graf und Kaufmann

Als das Auto nach Olfen kam: Heimatforscher über die ersten Fahrzeuge für Graf und Kaufmann
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Über 12.800 Kraftfahrzeuge sind derzeit in Olfen zugelassen. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es gerade mal eine handvoll. 1904 kam das erste Kraftrad in die Stadt, 1914 das erste Auto. Wer es besaß und welche Regeln Olfen durch den neuen Verkehrsteilnehmer brauchte, hat der Heimatforscher Johannes Leushacke für den Kreisheimatverein erforscht und aufgeschrieben.

Über 142.200 Autos fuhren Ende 2021 durch den Kreis Coesfeld, besagt die kreis-eigene Statistik - Wohnwagen, Oldtimer und Lkw nicht mitgerechnet. Rund 205.400 Kraftfahrzeuge sind es insgesamt im ganzen Kreis. 414 Kilometer kreiseigene Straßen verwaltet der Kreis - und 179 Kilometer Radwege. Vor etwa 120 Jahren sah der Verkehr in der Region noch ganz anders aus.

In einem Bericht, den das Amt Olfen am 31. Juli 1902 für den Landrat in Lüdinghausen verfasste, heißt es: „Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen ist im diesseitigen Bezirk noch ein geringer. Er erstreckt sich auf die Durchfahrt einzelner Wagen auf der Chaussee-Strecke von Lüdinghausen nach Datteln. Missstände sind bei diesem Verkehr bisher nicht beobachtet und auch Unglücksfälle nicht vorgekommen. Die Fahrgeschwindigkeit der einzelnen Wagen hielt sich in normalen Grenzen“. Der Olfener Heimatforscher Johannes Leushacke hat über die Zeit recherchiert, als das Auto nach Olfen kam.

Erstes Kraftrad 1904, erstes Auto 1914

Sein Bericht zu den Anfängen des Kraftfahrzeugverkehrs im ländlichen Raum 1900 bis 1930 ist jetzt in den Geschichtsblättern des Kreises Coesfeld 2022 erschienen. Der neue Band versammelt auf 334 Seiten Beiträge zur Geschichte aus dem gesamten Kreisgebiet - darunter den Beitrag von Johannes Leushacke zu den Anfängen des Kraftfahrzeugverkehrs in Olfen.

In Olfen „setzte die Motorisierung des Individualverkehres, wenn auch sehr langsam, zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein“, schreibt Leushacke. Die Zulassung für das erste Kraftfahrzeug wurde in Olfen 1904 beantragt. Im Juli 1904 erhielt der Kaufmann Ferdinand Nölke aus Olfen die Zulassung für ein französisches Kraftrad Baujahr 1902.

Der Olfener Heimatforscher Johannes Leushacke.
Johannes Leushacke forscht über Geschichte in Olfen - zuletzt hat er ein Buch über die Geschichte des Bierbrauens in Vinnum und Olfen geschrieben. © Jessica Hauck (A)

Im Februar 1914 wurde dann in Olfen ein Auto zugelassen. Graf Adolf Wedel stellte am 18. Februar 1914 den Antrag auf Zulassung eines Kraftwagens der Firma Adam Opel aus Rüsselsheim. Dabei handelte es sich um einen Personenkraftwagen mit Benzinmotor, 30PS, 1500kg Gewicht und sechs Sitzplätzen. Die geschlossene Limousine, Baujahr 1914, kostete 14.000 Mark und erreichte mit einer Tankfüllung von 70 Litern eine Reichweite von etwa 200 Kilometern, ist laut Leushacke in den alten Akten zu lesen. Im April 1914 beantragte auch der Schlossermeister Bernhard Pieper aus Olfen Stadt die Zulassung für ein Kraftfahrzeug. Die Zulassung für das zweisitzige offene, gebrauchte Fahrzeug mit Benzinmotor der Adlerwerke aus Frankfurt a.M. erhielt er am 12. Juli.

Autos so teuer wie ein Haus

Das eigene Auto blieb in Deutschland hingegen bis weit in das 20. Jahrhundert für die Masse der Bevölkerung unerschwinglich, so Leushacke. Denn für den Erwerb eines Autos musste man noch kurz nach 1900 den Gegenwert eines Einfamilienhauses aufbringen. Erst in der Weimarer Republik nahm die Anzahl der Kraftfahrzeuge deutlicher zu. „Es dauerte aber noch einige Jahrzehnte, bis aus dem bisweilen nur geduldeten neuartigen Fahrzeug das Massenverkehrsmittel wurde, als das wir es heute kennen“, schreibt der Heimatforscher. Erst mit Ende der 1950er und Beginn der 1960er Jahre des 20. Jahrhunderts begann die Zeit der Massenmobilität.

Olfens erste Tankstelle wurde von der Firma Kessels an der Neustraße betrieben.
Olfens erste Tankstelle wurde von der Firma Kessels an der Neustraße betrieben. © Stadtarchiv Olfen

Doch zwischen 1900 und 1930 entwickelte sich das Auto auf Olfens Straßen vom seltenen Gast auf der Durchfahrt zum alltäglichen Verkehrsteilnehmer, so Leushacke. Damit gab es dann auch die ersten Unfälle, Konflikte zwischen Autofahrern und anderen Verkehrsteilnehmern. „Der zunehmende Verkehr wurde als Belastung empfunden“, so Leushacke. Alles musste weitestgehend neu geregelt werden: Wie schnell sollen Kraftfahrzeuge in Olfen fahren dürfen, welche Straßen dürfen sie überhaupt befahren, wo besteht Gefahr, wo müssen Straßenschilder aufgestellt werden? Zudem erforderte der zunehmende Kraftfahrzeugbestand eine neue Infrastruktur. Tankstellen, eine Kfz-Werkstatt und eine Fahrschule entstanden, schildert der Forscher.

Genauer ist die Geschichte des Autos in Olfen in den Geschichtsblättern nachzulesen. Sie können für 14 Euro über den Kreisheimatverein Coesfeld bezogen werden unter www.kreisheimatverein-coesfeld.de.