Am Dorfgemeinschaftshaus in Capelle ist in den vergangenen Wochen ein vierstelliger Schaden entstanden.

© Karim Laouari

Tierischer Vandalismus kostet Gemeinde Nordkirchen vierstellige Summe

rnDorfgemeinschaftshaus

Die Gemeinde Nordkirchen hat ein Vandalismus-Problem: Denn am Dorfgemeinschaftshaus Capelle ist ein vierstelliger Schaden entstanden. Die verantwortlichen Chaoten meinen es aber nicht böse.

Capelle

, 05.12.2021, 10:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Dorfgemeinschaftshaus in Capelle ist eigentlich noch nigelnagelneu. Erst im Sommer 2020 wurde das Multifunktionsgebäude eröffnet. Die Nutzung ist seither aufgrund der anhaltenden Corona-Krise eingeschränkt. Und trotzdem bröckelt schon jetzt, rund eineinhalb Jahre nach der Fertigstellung, sprichwörtlich die Fassade. Zwei besondere „Vandalen“ haben in den vergangenen Wochen eine vierstellige Schadenssumme verursacht - und noch ist unklar, wie man den Chaoten Einhalt gebieten soll.

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Rund vier Wochen sei es nun her, sagt Peter Badde, zuständig für das Gebäudemanagement in der Gemeinde Nordkirchen, dass ein Anwohner aus Capelle ihn auf Löcher in der Fassade des Dorfgemeinschaftshauses aufmerksam gemacht habe. „Im ersten Moment hatte ich Kinder in Verdacht, die vielleicht ihre Fahrräder mit dem Lenker zu fest gegen den Fassadenputz geworfen haben“, so Badde. Ein nicht ganz abwegiger Gedanke. Denn schließlich befindet sich an der Westseite des Gebäudes eine Dirt-Bike-Strecke.

Bunt- und Schwarzspecht treiben ihr Unwesen

Doch als Peter Badde am Dorfgemeinschaftshaus ankommt, ist diese Theorie schnell verworfen. Denn die Löcher befinden sich in ca. vier Metern Höhe. „Und als ich mir die Löcher so angeguckt habe, kam prompt ein Schwarzspecht angeflogen“, so Badde - womit der tierische Vandale schnell identifiziert war. Mittlerweile steht fest: Es handelt sich um zwei „Täter“. Auch ein Buntspecht treibt am Dorfgemeinschaftshaus sein Unwesen.

Also ruft Peter Badde einen Malerbetrieb an, um die Fassade stopfen zu lassen. Der repariert die Isolierschicht, schließt das Loch mit einem Netzgewebe und Putz und bringt zum Schluss neue Farbe auf. Die Fassade sieht nun wieder aus wie vorher. Doch die Freude hält nicht lange. „Am nächsten Tag waren die Löcher wieder da“, so Badde.

Der Schwarzspecht ist mit 50 Zentimetern der größte Specht in unseren Breitengrade.

Der Schwarzspecht ist mit 50 Zentimetern der größte Specht in unseren Breitengraden. © picture alliance/dpa

Die Prozedur wiederholt sich ein zweites Mal: Der Maler kommt, stopft die Löcher, die Spechte hacken sie wieder auf. „Erst habe ich mich geärgert, dann musste ich schmunzeln“, so Badde - der schließlich einsehen muss, dass er sich eine neue Taktik überlegen und vom Gebäudemanager zum Hobby-Ornithologen umschulen muss.

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„Ich habe mich im Internet schlaugemacht“, erklärt Badde. Wenn man die Begriffe „Verbundsystemfassade“ und „Specht“ in einschlägigen Online-Suchmaschinen eingebe, gelange man schnell an die nötigen Informationen. Demnach, so erklärt Badde, klingt die Isolierschicht der Fassade hohl. Deshalb vermuten die Spechte, wie etwa in hohlen Baumstämmen, Würmer oder Maden hinter der Fassade - und machen sich an die Arbeit.

Der Buntspecht ist die häufigste Spechtart in Mitteleuropa.

Der Buntspecht ist die häufigste Spechtart in Mitteleuropa. © picture alliance / dpa

Einen Schwarzspecht am Dorfgemeinschaftshaus zu haben, sei aus ökologischer Sicht natürlich schön, so Badde. „Aus gebäudetechnischer Sicht ist das allerdings nicht so optimal.“ Deshalb habe er versucht, den Spechten zu erklären, dass es hinter der Fassade keine Nahrung gäbe und sie die Gemeinde Nordkirchen nur Geld kosten. „Aber sie verstehen mich nicht“, sagt Badde mit einem Augenzwinkern. Rund 1000 Euro musste die Gemeinde für die Einsätze des Malerbetriebs bereits berappen.

Jetzt werden Nisthöhlen aufgehängt

Nun startet Badde einen neuen Versuch. Er hat zwei Spechtnisthöhlen besorgt und einen Dachdecker engagiert. „Der soll die Höhlen in der Buche vor dem Gemeinschaftshaus aufhängen, damit sich die Spechte nicht weiter an der Fassade zu schaffen machen“, erläutert Badde seinen Plan. Bis dahin bleiben die Löcher in der Fassade vorerst offen.

Es bleibt abzuwarten, ob die neue Taktik fruchtet. Ansonsten muss Badde wohl erneut das Internet durchforsten - oder sich tatsächlich mal an einen echten Ornithologen wenden.

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Fakten zum Bunt- und Schwarzspecht
  • Der Schwarzspecht ist der größte Specht in unseren Breiten und wird bis zu 50 Zentimeter groß.
  • In Deutschland wird der Bestand laut NABU auf 28.000 bis 44.000 Brutpaare geschätzt.
  • Buntspechte sind die am weitesten verbreitete Spechtart in Mitteleuropa.
  • Der Buntspecht wird nur 22 bis 23 Zentimeter groß.
  • Es wird von 450.000 bis 830.000 Brutpaaren in Deutschland ausgegangen.