Sebastian Loest tritt im Kreis Coesfeld für die FDP an „Echte Leistung muss sich lohnen“

Sebastian Loest ist FDP-Bundestagskandidat: „Leistung muss sich lohnen“
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Wenn Sebastian Loest an seinem zweitliebsten Ort im Wahlkreis unterwegs ist, dann schreitet er energisch aus und redet. Redet über Wirtschaft, redet über Energie-Mixe, redet über Gendern und Meinungsfreiheit, über seine China-Faszination und Versprechen, die gehalten werden sollten. Dann spricht er so passioniert, so voller Überzeugung, dass er die malerische Landschaft des Dülmerner Wildparks um sich herum oder die in der Dämmerung aufsteigenden Vogelschwärme kaum wahrnimmt.

Es war am Abend der letzten Bundestagswahl, am Abend des 26. September 2021, als Sebastian Loest mit ein paar Bekannten zusammen saß, sich über die Wahlergebnisse austauschte und einige aus der Runde ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten. „Ich konnte es nicht mehr ertragen, dass sich so wahnsinnig viele Leute über alles aufregen, ohne wirklich eine substantielle Veränderung herbeizuführen. Da habe ich mir gedacht, wenn niemand sonst die Veränderung herbeiführt, muss ich es halt selbst machen. Ich wollte Teil dieser Veränderung sein“, - und trat noch am selben Tag der FDP bei. Jetzt, nur dreieinhalb Jahre später, kandidiert er für die Bundestagswahl als Direktkandidat der FDP im Wahlkreis 126 Coesfeld- Steinfurt II, zu dem auch Olfen, Nordkirchen und Herbern gehören.

Sebastian Loest steht auf einer Brücke.
Mit seinem Hund geht der FDP-Direktkandidat gerne im Dülmener Wildpark spazieren. Da der Hund aber inzwischen bei Loests Schwester auf einem Bauernhof lebt, sieht er ihn nicht mehr täglich. © Kristina Gerstenmaier

Denn unzufrieden ist auch er: Vor allem über die fehlende Entwicklung der Wirtschaft, den Stillstand, wie er sagt. Über die innere Sicherheit, darüber, wie die Migration geregelt ist, über die Art, wie Klimaschutz betrieben wird. Die Migration möchte er sinnvoll steuern und Zugewanderten schneller zu einem Arbeitsverhältnis verhelfen. „Dass die AfD so stark geworden ist, liegt daran, dass man jahrelang zum Thema Migration geschwiegen hat“, sagt er. „Und jetzt holen sich die Falschen das Thema. Wir müssen das Thema Migration ohne Scheuklappen und ohne Ressentiments, ohne Vorbehalte gegenüber irgendwelchen politischen Strukturen oder politischen Richtungen endlich anpacken und in die richtigen Bahnen lenken. Ansonsten ist es ein Push für die AfD für 2029. Und davor habe ich Angst. Die AfD darf in diesem Land niemals eine staatstragende Rolle einnehmen.“

Sinnvollen Klimaschutz möchte er betreiben, „im Einklang mit der Bevölkerung und mit der Wirtschaftskraft, die Stärken der EU nutzend, denn in der Europäischen Union liegt nicht nur unsere Wirtschaftskraft, sondern auch unsere Zukunft“, sagt der 39-Jährige.

Sebastian Loest steht auf einem Parkweg.
Reisen liebt der 39-Jährige, der zur Zeit Single ist. China, Thailand oder Marokko hat er unter anderem schon auf seiner Liste. Doch zu Hause in Dülmen fühlt er sich immer noch am wohlsten. © Kristina Gerstenmaier

Lange hatte Sebastian Loest, den alle nur Sebi nennen, sich damit auseinandergesetzt, welcher Partei er beitreten möchte: „Eine Tendenz war von Anfang an da, aber man muss ja auch das ganze Spektrum kennenlernen“, sagt der große Mann lachend. Eigentlich hatte er das Interview im Garten seiner Eltern in Dülmen führen wollen. Einem Ort, an dem er sich „wohl und geborgen“ fühlt, der für ihn Entschleunigung bedeutet. Doch da beide Eltern aktuell krank sind, schlug er alternativ den Dülmener Wildpark vor. „Hier gehe ich oft mit meinem Hund spazieren“, erzählt er. Fast sein ganzes Leben hat er in der „Stadt der Wildpferde“ verbracht - mit Ausnahme eines kurzen Abstechers nach Dortmund. „Aber da habe ich mich nicht wohlgefühlt, da kennt man seine Nachbarn nicht“, sagt er.

„Die beste Kindheit überhaupt“ habe er hier in Dülmen erleben dürfen, als Sohn einer Chemikantin und eines Laboranten, die ebenso bei Evonik gearbeitet haben wie er seit inzwischen 14 Jahren. Von seinem guten Verhältnis zu seinen beiden jüngeren Schwestern schwärmt er und davon, sehr bald Onkel zu werden. „Meine Eltern haben immer gesagt, sie wollen uns ein Haus bauen, etwas für ihre Kinder hinterlassen. Und dafür haben die echt alles gegeben und richtig Leistung gebracht.“

„Arbeit muss sich lohnen“

Dieses „Durch-Leistung-es-zu-etwas-bringen-können“ sieht er im Moment nicht gegeben. Es ist das zentrale Anliegen seiner politischen Agenda. „Ich kenne beide Seiten“, erklärt Loest. „Ich kenne die Seite des Politikers, ich kenne auch die Seite des Bürgers. Ich weiß, wie hart man arbeiten muss, um sich das eine oder andere zu leisten.“ Aus eigener, teilweise leidvoller Erfahrung, könne er das nachempfinden, sagt er und erzählt davon, dass er eine erste Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann absolviert habe. „Da ging der Laden pleite. Da musste ich zurückziehen zu meinen Eltern.“

Anschließend fand er einen Arbeitsplatz im textilen Einzelhandel. „Drei Monate später war auch der Laden pleite. Dementsprechend war ich dann eine Zeit lang auf Hartz IV angewiesen. Also ich kenne auch diese Seite. Allerdings habe ich mich da auch selbst wieder herausgekämpft.“ Selbstständiger sei er anschließend gewesen, nebenbei Kellner und Aushilfe im Getränkemarkt. Dann kam die Ausbildung im Chemiebetrieb mit anschließender Anstellung. „Ich kann hart arbeiten. Und habe dadurch meine Lebenserfahrung in der Hinsicht gewonnen, dass man vieles in diesem Land besser und anders machen kann“, so seine Schlüsse, die er in sein Wahlprogramm aufgenommen hat.

Meinungs- und Pressefreiheit

Und während er schnellen Schrittes durch den Wildpark läuft - Wildpferde sind an diesem Tag keine zu sehen - erzählt er davon, wie wichtig ihm außerdem die Freiheitsrechte sind - ein weiterer Grund, sich für die Partei zu entscheiden, bei der er nun quasi von null auf Hundert den Direktkandidaten stellt: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und die Freiheit zu lieben, wen man möchte. Erzählt davon, dass man aktuell längst nicht mehr alles sagen dürfe, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden. Über Migrationspolitik zum Beispiel möchte er sprechen können oder darüber, dass er Gendern für Quatsch hält. „Ich möchte Werte wie Weltoffenheit, wie Vernunft, im Bereich der Migration und im Bereich auch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes, vertreten. Werte wie Verlässlichkeit, Planbarkeit.“ Pragmatisch und intelligent soll seine Politik sein. „Man kann Wirtschaft nicht ideologisch oder moralisch ausrichten.“

Sebastian Loest ist bewusst, in einer CDU-Hochburg zu kämpfen. „Ich gehe nicht davon aus, gegen Marc Henrichmann gewinnen zu können“, sagt er. Auf der Landesliste belegt er Platz 55: 33 Prozent müsste die NRW-FDP holen, damit Loest darüber einziehen kann. „Aber 2029, spätestens, wird ja da nächste Mal gewählt und wenn ich mich bis dahin fit fühle und nicht von meinem Neffen okkupiert werde, werde ich es noch mal versuchen.“