Die Stimmung im deutschen Wohnungsbau ist so schlecht wie schon lange nicht mehr. Das vom ifo-Institut erhobene Geschäftsklima in der Branche fiel im Monat September 2023 auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991. „Der Ausblick auf die kommenden Monate bleibt äußerst pessimistisch“, sagte Instituts-Präsident Clemens Fuest. Die Gemeinde Nordkirchen hofft indes auf bessere Zeiten und will dafür Vorsorge treffen: mit der Ausweisung eines neuen Baugebietes.
„Trotz gestiegener Baukosten und einer im Moment ungünstigen Zinsentwicklung sehen wir den Bedarf für ein weiteres Bauflächenangebot auch im Ortsteil Capelle, welches in den Folgejahren entwickelt und bebaut werden kann“, heißt es in der Sitzungsvorlage für den Bauausschuss, der am Dienstag (24.10., 17.30 Uhr) im Bürgerhaus, Am Gorbach 2, tagen wird. Die Politikerinnen und Politiker sollen nach Vorschlag der Gemeindeverwaltung dann das Baugebiet Wohr II auf den Weg bringen: eine Ergänzung des bereits bestehenden Baugebietes im Osten von Nordkirchens kleinstem Ortsteil.
Bürgermeister Dietmar Bergmann hatte eine solche Erweiterung in Richtung Bahnhof bereits im Januar ins Gespräch gebracht. Damals kündigte er im Interview an, dass die Gemeinde das entsprechende Grundstück - eine drei Hektar große Fläche - erwerben wolle, um die Grundstücke dann selbst vermarkten zu können - vor allem für die örtlichen Gemeindekinder, aber nicht nur. „Capelle ist Einzugsbereich von Münster“, hatte Bergmann erklärt. Und dort sei der Wohnungsdruck enorm groß. Seit Januar hat sich die Situation der Bauwirtschaft allerdings kontinuierlich verschlechtert, wie das ifo-Institut in seinen monatlichen Geschäftsklima-Berichten festgestellt hat. Das ändert aber laut Gemeindeverwaltung nichts an dem Bedarf - insbesondere an Miet- und Eigentumswohnungen.
Zur Hälfte Mehrfamilienhäuser
„Der Anteil von Mehrfamilienwohnhäusern sollte in diesem Gebiet bei etwa der Hälfte der Grundstücksflächen liegen“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Es sei Wert zu legen „auf ein Angebot auch preisgebundener Wohnungen“.
Die Idee, das Baugebiet Wohr in zwei Bauabschnitten zu erschließen, hatte die Gemeinde von vorne herein. 2021 konnte aber erst einmal nur Wohr I an den Start gehen, weil Vorgaben der Landesplanung nicht mehr zuließen. Mit dem Umbau der Landesstraße 671 und der Planung der Kanalisation und des Regenrückhaltebeckens hatte sie aber bereits Vorsorge getroffen für die jetzt zur Diskussion stehende Erweiterung.
Kritik an Wohr I: Versiegelung
Als Wohr I ausgewiesen wurde, gab es nicht nur Zustimmung, sondern auch Protest. Insbesondere Anwohner hatten die Versiegelung der Landschaft und den Verlust des Naturraums angeprangert. Statt neues Bauland auszuweisen, solle die Gemeinde lieber vorhandene Wohngebiete verdichten: etwas, das nicht ausreiche, um den Bedarf zu decken, entgegneten damals die Befürworter.