358 sogenannte „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ hat die Polizei im Kreis Coesfeld erfasst. Das entspricht nahezu einer Tat pro Tag. Wenn man die Zahlen im Vergleich zu 2019 betrachtet, haben sich die Fallzahlen mehr als verdoppelt. Auch im Vorjahr waren es bereits 368 solcher Delikte.
Muss man sich also mehr Sorgen machen, in Ascheberg, Olfen oder Nordkirchen Opfer einer Sexualstraftat zu werden? Die Zahl der Vergewaltigungen bleibt auf vergleichsweise überschaubarem Niveau, sie liegt 2023 bei 31 Fällen im ganzen Kreisgebiet. Die meisten davon finden in der eigenen Beziehung statt, wie Thomas Eder, Abteilungsleiter Polizei, bei der Vorstellung der Kriminalstatistik erklärte. Die hohen Fallzahlen hängen aber vor allem mit mehr erfassten Taten bei der Verbreitung pornografischer Inhalte zusammen. Vor allem das Aufdecken von Kinderpornografie ist seit dem Bekanntwerden der Fälle in Münster und Lügde noch mehr in den Fokus gerückt.
20.000 Terabyte auszuwerten
180 Fälle der Verbreitung pornografischer Inhalte sind im Kreisgebiet 2023 erfasst worden. Das sind genau sechsmal so viele wie noch 2019 (30) und leicht weniger als 2022 (187). Im Bereich „Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Inhalte“ liegt der Wert sogar achtmal so hoch wie vor vier Jahren (129 Fälle gegenüber 16 Delikte im Jahr 2019).
Peter Lehmann, Direktionsleiter Kriminalität der Kreispolizeibehörde, betonte: „Es wird immer komplexer, die Straftaten aufzudecken. Wir unternehmen hier große Anstrengungen für ein wichtiges Thema.“ Mit Erfolg, wie die Statistik zeigt: Die Aufklärungsquote im Bereich Kinderpornografie liegt seit 2020 in jedem Jahr über 90 Prozent. 2023 kamen die Beamten auf 93,8 Prozent.
Was genau die Bekämpfung der Kinderpornografie im Alltag für die Polizei bedeutet, verdeutlichte Polizeihauptkommissarin Ingeborg Bartsch anhand einiger detaillierterer Zahlen. So liefen mit Stand 31. Dezember 2023 im Kreisgebiet insgesamt 86 offene Ermittlungsverfahren, fünf offene Durchsuchungsbeschlüsse lagen vor. 217 Datenträger wurden insgesamt sichergestellt, fünf Polizeibeamte und drei Landesbedienstete kümmern sich um die gewaltige Datenmenge von 20.000 Terabyte. „Das ist ungefähr das gleiche Datenvolumen wie 200 Full-HD-Filme“, verdeutlichte Ingeborg Bartsch die Dimensionen auch im Kreis Coesfeld. Die Zahlen seien weiterhin sehr hoch, die Beamten würden sich intensiv um die Aufklärung kümmern.
Zunahme in Ascheberg
Die Taten finden häufig in abgeschirmten Bereichen des Internets, dem sogenannten Darknet, statt. Auch im Kreis Coesfeld gibt es deshalb immer wieder Wohnungsdurchsuchungen mit dem Ziel, Datenträger mit entsprechendem Material sicherzustellen. In Ascheberg sind vergangenes Jahr 32 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst worden, das sind genau doppelt so viele wie im Vorjahr (16). In Nordkirchen (von 15 auf 16) und Olfen (13 auf 15) gingen die Zahlen leicht zurück, liegen aber ebenfalls deutlich höher als 2019.