Kritik am Hotelquartier Nordkirchen Bürger und Behörde äußern Bedenken

Hotelquartier Nordkirchen: Bürger und Behörde äußern Bedenken
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An dem Bauvorhaben „Hotelquartier Nordkirchen“ scheiden sich die Geister. Das zeigt allein schon der Blick auf die Tabelle mit den Anregungen und Bedenken, die Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden zu dem Projekt äußern konnten. 104 DIN-A-4-Seiten füllen die vorgebrachten Bemerkungen und die entsprechenden Antworten der Gemeindeverwaltung darauf. Zum überwiegenden Teil geht es dabei nicht um Lob und Zustimmung, sondern um das Gegenteil: Kritik, die am 15. November (18 Uhr) im Mittelpunkt einer Sonderratssitzung stehen wird. Den mahnenden Reigen hat eine Behörde begonnen.

Erhebliche Bedenken aus Münster

Nina Overhageböck nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie spricht von „erheblichen Bedenken“ und empfiehlt „dringend“ nachzubessern, um dem historischen Erbe gerecht zu werden. Was die Sprecherin des für Denkmalpflege zuständigen LWL genau auszusetzen hat, schreibt sie allein auf zehn der rund 100 Seiten. Dabei richten sich die Vorbehalte nicht nur gegen die aktuelle Planänderung, die die Investoren Ende August 2022 bekanntgegeben hatten.

Anstelle der ursprünglich geplanten Fortbildungsakademie für Beschäftigte der Finanzverwaltung NRW soll nun zusätzlich zum Hotel mit 120 Doppelzimmern und Schwimmbad und zum Erweiterungsbau für die Gesamtschule Geschosswohnungsbau entstehen, eine Kita und ein Gesundheitszentrum. Die Denkmalschützerin aus Münster hat grundsätzliche Bedenken - wegen der nahen Schlossanlage.

Wettbewerb und Gutachten

„Mit den Neubauten kommt es sowohl in der Umgebung dieses Denkmals als auch im überlieferten Gefüge von Dorf und Schoss Nordkirchen zu einer Verdichtung von Nutzungen.“ Das rufe „aus gartendenkmalfachlicher“ und auch aus städtebaulicher Sicht erhebliche Bedenken hervor. Sie sieht in dem geplanten Vorhaben einen „erheblichen Eingriff“ gemäß Paragraf 9 des nordrheinwestfälischen Denkmalschutzgesetzes. Das legt fest, dass alles, was das Erscheinungsbilds eines Denkmals - in diesem Fall des Schlosses und des Schlossparks - beeinträchtige, einer Genehmigung der Denkmalbehörde bedürfe: eine Zustimmung, die in diesem Fall offenbar schwerfällt.

Overhageböck macht zwei Vorschläge, um das Bauprojekt mit den Interessen des Denkmalschutzes zu versöhnen. Für den ersten ist es bereits zu spät. Ein Wettbewerb hätte „zur Erlangung eines qualitätsvollen Städte- sowie Hochbaus“ beitragen können. Jetzt empfiehlt sie zumindest - und das „dringend“ - die Erstellung eines denkmalfachlichen Gutachtens, „welches die Auswirkungen durch die hier vorgelegte Planung aufzeigt“.

Gemeinde: „Wald dazwischen“

Die Gemeindeverwaltung sieht keinen Anlass für die große Aufregung der Denkmalschützerin. „Sichtbeziehungen sind aufgrund der vorhandenen Wälder südlich und nördlich der Schloßstraße nicht gegeben. Die Denkmalschützerin hält dagegen, dass „mit der nunmehr vorgelegten Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (...) die Gemeinde die fast 50 Jahre konsequent durchgehaltene stadtplanerische Haltung der langfristigen Sicherung der einzigen in Deutschland realisierten neobarocken Gartengestaltung des französischen Gartenarchitekten Duchéne“ verlasse. Das Einbringen weithin sichtbarerer Bauten in die von Duchéne überlieferten Sichtachsen stehe „der Aufgabe der Denkmalpflege diametral entgegen“.

„Gigantische Gebäudemonster?“

Gerade die Wohnbebauung - die Verwaltung spricht von „zeitgemäßer Architektur“ und „großvolumigen“ Bauten - ärgert viele der 40 Bürgerinnen und Bürger, die der Gemeindeverwaltung geschrieben haben. 20 von ihnen haben gleichlautende Schreiben abgegeben. Ursprünglich waren 260 Wohneinheiten geplant, nach Kritik aus der Bürgerschaft war das Angebot auf rund 200 reduziert worden, wie es auf der jüngsten Bürgerversammlung zu hören war. Die Wohnmöglichkeiten sollen laut Verwaltung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Nordkirchen, Neubürgern und Studierenden dienen.

„Die geplanten, immer noch riesigen Wohneinheiten erinnern eher an eine Großstadt als an einen kleinen schönen Ort der Gemeinschaft wie Nordkirchen“, schreibt ein Bürger Ein anderer spricht von „Miethausgiganten“ und „Gebäudemonster“. Seinem Hinweis, lieber Baulücken zu schließen, statt neu zu versiegeln, begegnet die Verwaltung mit dem Hinweis, dass es an geeigneten Grundstücken schlichtweg fehle.

Die Pläne für das Hotelquartier Nordkirchen sehen fünf untergeordnete Bauprojekte vor.
Die Pläne für das Hotelquartier Nordkirchen sehen fünf untergeordnete Bauprojekte vor. © TMC Development

Die Gemeindeverwaltung sieht die Denkmalbehörde mit unterschiedlichem Maß messen. „Auch die Zielvorstellungen des Denkmalschutzes sind nicht immer streng die gleichen geblieben.“ Schließlich seien Ende der 1990er-Jahre „die Ostachse des Schlossparks mit der Mensa und dem Hallenbad zugestellt worden“ Aus Nordkirchener Sicht seien auch die beiden Wohncontaineranlagen für Studierende im Park und das Zuparken der Alleen kritisch zu sehen.

Entwicklung ermöglichen

An alle Kritiker, ob aus Behörden oder Bürgerschaft, wendet sich die Verwaltung mit dem Appell, Veränderung zuzulassen: „Der Ort Nordkirchen muss trotz, aber auch wegen des Schlosses und des Schlossparks eigene Entwicklungsmöglichkeiten bekommen“.

Der Gemeinderat hat die Aufgabe, während der Sonderratssitzung am 15. November (18 Uhr im Bürgerhaus Am Gorbach 2) die Bedenken abzuwägen. Wenn es nach der Gemeindeverwaltung geht, bleibt der Rat auf seinem eingeschlagenen Weg. Rein vom zeitlichen Ablauf könnten der Bauausschuss und der Rat dann Anfang 2023 (Ende Januar ist die erste Sitzungsrunde des neuen Jahres) die nächsten Schritte gehen.

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