„Das ist nicht akzeptabel“ Taubenzüchter aus Nordkirchen ärgert sich über Brautpaare

Von Christian Besse
„Das ist nicht akzeptabel“: Taubenzüchter ärgert sich über Brautpaare
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„Schneeflocke“ geht es gut. Sie ist eine Rassetaube, die, wie bereits vor einer Woche berichtet, bei einer Hochzeit auf Schloss Nordkirchen zum Einsatz kam. Danach wurde sie, orientierungslos und völlig entkräftet, von Lisa-Marie Krieger, der ersten Vorsitzenden des Tierschutzvereins „Hast du ´nen Vogel“, in Obhut genommen.

Rassetauben dem Tode geweiht

Nicht so viel Glück hatten zwei andere Tauben, die bei der gleichen Hochzeit vom Brautpaar in die Luft geworfen und dann sich selbst überlassen wurden. Eine wurde kurz darauf ebenfalls noch auf dem Schlossgelände gesehen, flog später aber davon. Die andere wurde gar nicht mehr gesichtet. Was mit den Tieren passiert sein könnte? Lillian Turek weiß es auch auch nicht. „Es kann sein, dass ein Greifvogel sie erwischt hat oder sie sich den Stadttauben angeschlossen haben“, sagt die zweite Vorsitzende des Olfener Tierschutzvereins. „Oder sie sind elendig eingegangen...“

„Das geht überhaupt nicht, das ist nicht akzeptabel“, ärgert sich Jochen Höinghaus über die Unsitte, Rassetauben bei einer Hochzeit in die Luft zu werfen und davonfliegen zu lassen. Wohlgemerkt: Rassetauben, denn die haben im Unterschied zu Brieftauben nicht den Orientierungssinn, um nach Hause zu ihrem eigentlichen Besitzer zurückzufinden. Wenn sie nicht wie „Schneeflocke“ aufgelesen und in fachkundige Obhut gegeben werden, müssen sie verenden oder sich als Stadttaube von Abfällen ernähren - was oft ebenfalls den Tod der bislang immer gefütterten Tiere bedeutet.

Nur „Schneeflocke“ hatte Glück

Seit 52 Jahren züchtet Höinghaus Brieftauben - also die Vögel, die man vielleicht nicht unbedenklich als Hochzeitstauben einsetzen sollte, die aber auf jeden Fall wieder nach Hause zurückfinden. Bis zu 1000 Kilometer weit könne ein solcher Vogel sicher zu seinem heimischen Schlag zurückfinden. Der entsprechende Orientierungssinn sei den Brieftauben vererbt, den Rest mache regelmäßiges Training aus, sagt der Züchter.

Rassetauben haben diesen Orientierungssinn nicht, und dahingehend trainiert werden sie auch nicht. Wenn sie bei Hochzeiten als romantisches Symbol herhalten müssen, sind sie praktisch zum Tode verurteilt. „Die Braut wirft die Taube hoch. Die denkt sich: ,Was ist denn jetzt...?‘ Dann fliegt sie auf das nächste Dach“, veranschaulicht Jochen Höinghaus den Vorgang aus Sicht des völlig verwirrten Tieres, das noch nicht wissen kann, dass der Countdown des Todes schon begonnen hat.

Herhalten als falsches Symbol

„Schneeflocke“ ist dieses Schicksal erspart geblieben. Ihr Zustand hat sich schon wieder so weit verbessert, dass sie bereits wieder in neue, natürlich fachkundige Hände gegeben werden kann. „Wir übereilen es nicht, aber sie wäre schon bereit, wieder umzuziehen“, sagt Lillian Turek von „Hast du ´nen Vogel“.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 18. September 2024.