Biker-Treff in Nordkirchen startet in den Frühling Inhaber räumt mit Klischees auf

Sonne lockt Motorradfahrer auf die Straßen
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Das sonnige Wetter erweckt bei vielen Menschen Frühlingsgefühle. Nicht allen geht es dabei aber um Romantik. Für einige sind angenehme Temperaturen der Startschuss für eine ganz andere Leidenschaft: das Fahrvergnügen auf zwei Rädern – kurz: Motorradfahren.

„Wenn es nicht regnet und die Temperaturen zweistellig sind, dann ist jeder unterwegs“, weiß Heinrich Müller, der lieber „Heiner“ genannt wird. Denn „Heinrich“ klingt so alt, findet er. In 13 Jahren konnte er als Inhaber des Biker-Treffs Nordkirchen die ein oder andere Currywurst an hungrige Motorradfahrer überreichen. Viele Jahre fuhr der 66-Jährige selbst Motorrad, hat seine Leidenschaft aber altersbedingt und aus Zeitmangel nicht weitergeführt.

Wann Biker unterwegs sind, weiß er genau: „Es gibt zwei Tage im Jahr, die unübertroffen sind: der erste und der letzte Tag, an dem es warm genug ist, um zu fahren“, erzählt Heiner. Nach dem Winter ist die Freude groß, wenn es endlich wieder losgeht. Vor dem Winter wollen Biker die letzte Chance für eine Tour nutzen. „Viele Biker nehmen sich sogar Urlaub und kosten diese Tage dann wirklich aus.“

Gerade jetzt lädt das sonnige Wetter sicher auch zum Fahren ein, oder nicht? „Also heute ist wenig los, da haben wir mit mehr gerechnet“, sagt der 66-Jährige am Mittwoch (9. April). „Ob die Leute fahren, ist wirklich zu 100 Prozent wetterbedingt. Es ist zwar sonnig, aber durch den kalten Wind ist es dann doch kühler als gedacht.“ Auch deshalb, weil viele Biker schon die Winterkluft im Schrank verstaut haben und es für das Sommeroutfit doch etwas kühl ist, so Heiner.

Viele Biker stehen mit ihren Motorrädern am Biker-Treff Nordkirchen.
Wenn das Wetter gut ist, kann es am „Biker-Treff Nordkirchen“ schon mal voll werden. © Marvin Hoffmann (Archiv)

Grundsätzlich macht das schöne Wetter aber Lust und Laune auf eine Tour. Viele nutzen jede Gelegenheit für etwas Spaß auf dem Bike – aber halt: Lust und Laune? Spaß? Passt das eigentlich zu dem gängigen Bild eines Motorradfahrers? „Die Leute denken immer: Alle Biker sind tätowiert, sitzen hier volltrunken rum und steigen sofort jedem Mädchen nach, das durch die Tür kommt“, sagt der langjährige Betreiber des Biker-Treffs.

Aus Filmen kennt er die Klischees vom harten Biker, der sich ständig prügeln muss.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, weiß Heiner: „Das sind zu 99,9 Prozent liebe, nette Menschen, die bei uns reinkommen.“ Dass der Biker-Treff Nordkirchen im Gebiet des Motorradclubs „Bandidos“ liegt, ändert daran nichts. Einzelne Bandidos, die mal im Treff Halt machen können, beschreibt er sogar als einige der ruhigsten Gäste überhaupt.

Nur selten tritt ein neues Gesicht an seine Theke und schnaubt einsilbig „Kaffee!“. Heiner bleibt dann gelassen und fragt, ob es vielleicht einer oder eher hundert sein dürfen. „Das sind dann so Leute in ihren späten 60ern, die denken: Ich hab in meinem Leben was verpasst und will das jetzt nachholen“, erzählt Heiner schmunzelnd. „Die kaufen sich dann ein Bike und eine Lederjacke mit Fransen – und als harter Biker darf man ja nicht lachen.“