Mobilstationen mit Carsharing-Angeboten, Rädern zum Ausleihen, Abstellmöglichkeiten, E-Ladesäulen und Lastenrädern: Das plant die Gemeinde alles in ihrem neuen Entwurf zum Mobilitätskonzept.
Reallabor Münsterland, Zukunftsnetz Mobilität, Mobilstationen: Es sind viele mehr oder weniger abstrakte Begriffe, mit denen die Verwaltung der Gemeinde Nordkirchen seit dem vergangenen Jahr in Bezug auf ein neues Mobilitätskonzept für Nordkirchen jongliert. Alle Neuigkeiten, die es in der Verkehrsausschusssitzung am Dienstag (12. März) zu dem Thema gab - es waren eine Menge -, erklären wir in Fragen und Antworten.
? Was genau ist das Zukunftsnetz Mobilität NRW?
Einstimmig hat sich der Ausschuss dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde dem Zukunftsnetz Mobilität NRW beitritt. Eine endsprechende Beschlussempfehlung geht also an den Rat der Gemeinde, der am 21. März tagt. Aber: Was genau ist dieses Zukunftsnetz eigentlich? Darauf hat Ira Middendorf-Kleymann eine Antwort. Sie ist dort die Fachfrau für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit und war am Dienstag zu Gast im Ausschuss. Es handelt sich bei der Institution um ein Unterstützungsnetzwerk, das mit Förderung des Ministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen Kommunen berät und begleitet. Ziel dieses Netzwerkes ist die Unterstützung der Kommunen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung. 160 Kreise und Kommunen im Land sind bereits Mitglied des Netzwerkes - und Nordkirchen soll bald dazugehören.
? Was bringt der Gemeinde die Mitgliedschaft, und: Kostet sie etwas?
Die Mitgliedschaft in dem Netzwerk kostet die Gemeinde nichts. Sie soll ihr aber allerlei bringen: Der Austausch mit anderen Gemeinden, die Beratung durch die Mitarbeiter, die sich insbesondere ja auch mit den unterschiedlichen Fördertöpfen auskennen, Weiterbildungsmöglichkeiten und vieles mehr gibt es durch das Netzwerk. Entsprechend begrüßten alle Fraktionen im Ausschuss, die Empfehlung für den Beitritt ins Netzwerk zu geben.

© Gemeinde Nordkirchen
? Wie sieht das Mobilitätskonzept der Gemeinde aus?
Bürgermeister Dietmar Bergmann und Manuel Lachmann, Wirtschaftsförderer der Gemeinde, haben den Entwurf für das neue Mobilitätskonzept, der auch schon bei der Bezirksregierung liegt, im Ausschuss vorgestellt. Zum Hintergrund: Im Rahmen des Reallabors Münsterland wird eben jenes Münsterland zu einem besonderen Testraum des Landes NRW für das Thema der zukünftigen Mobilität - und damit auch mit Fördermitteln bestückt. Reallabor Münsterland: noch so ein erklärungsbedürftiger Begriff. Das ist eine Einrichtung „mit Raum zum Spinnen“, so erklärt es Ira Middendorf-Kleymann. Als Kooperationsprojekt des Münsterland e.V. und des Zweckverbandes Münsterland mit den Kommunen will es „eine neue, auf die konkreten Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtete Form der Mobilität entwickeln und umsetzen“, wie die Homepage erklärt. Nordkirchen geht bei dieser Entwicklung voran - und zwar mit folgendem Konzept, das als Grundlage für den Förderantrag beim Land NRW dienen soll. Also: An der Stelle des noch stehenden Hauses Westermann soll - unter anderem - eine Mobilitätszentrale entstehen. Die soll personell besetzt sein und als zentrale Anlaufstelle für Nordkirchener, für Touristen, für Studenten, Pendler und Menschen mit Behinderung geben, die Fragen dazu haben, wie sie von A nach B kommen können. Zusätzlich soll es in allen drei Ortsteilen insgesamt vier Mobilstationen geben. An diesen Stationen soll es bedarfsgerechte multimodale Verkehrsangebote geben. Heißt: Hier soll es Möglichkeiten des Car-Sharings geben, es sollen Fahrräder entliehen werden können, Lastenräder zur Verfügung stehen, es soll Ladestellen für E-Autos geben und Räume mit Aufenthaltsqualität. Die Stationen sollen barrierefrei sein.

Im zukünftigen Gebäude auf dem Gelände des jetzigen Hauses Westermann soll auch die Mobilitätszentrale untergebracht sein. © Gemeinde Nordkirchen
? Wo sollen die Mobilstationen genau sein?
Eine große Mobilstation soll es laut Konzept als Ankerpunkt am Bahnhof in Capelle sein. Groß heißt: Hier soll es auch einen Servicepunkt und eine Paketstation geben. Wlan für die Gäste wäre vorstellbar, ein Info-Stream als Fahrgastinfosystem. Weitere Mobilstationen sind im Nordkirchener Ortskern an der Schloßstraße grenzend an den Parkplatz der Fachhochschule für Finanzen und die vorhandene Bushaltestelle, in Südkirchen neben der Grundschule und eine weiter im Capeller Ortskern gegenüber des Edeka-Marktes vorgesehen.
? Wird das Konzept genauso umgesetzt?
Dietmar Bergmann und Manuel Lachmann betonten beide: Es handelt sich bei dem Konzept und auch bei den gezeigten Bildern erst mal um Prototypen. Die Frage ist zunächst, wie das Land über den Förderantrag bescheidet. Dann kann weiter in die Planung gegangen werden. Wie genau die Mobilstationen dann aussehen, wer nach den Bereitstellen der Infrastruktur als Betreiber in Frage kommt etc.: Das steht jetzt alles noch nicht fest. Und: Es muss dann auch noch mal in den entsprechenden politischen Gremien vorgestellt, diskutiert und beschlossen werden.
? Was soll das Ganze denn kosten und wer bezahlt das?
Die Gemeinde bemüht sich für die Umsetzung des Förderkonzepts um Fördergelder. Wenn alles klappt, liegt die Förderung bei 80 bis 90 Prozent der Gesamtkosten. Als Eigenanteil der Gemeinde sind im Haushalt bisher erst mal 100.000 Euro angesetzt.
? Was sind die nächsten Schritte? Gibt es einen konkreten Zeitplan?
Der Antrag auf Förderung liegt schon bei der Bezirksregierung vor, sagt Dietmar Bergmann. Jetzt heißt es erst mal: warten. Die Frage von Uta Spräner von den Grünen, ob man schon sagen könne, wann genau es mit der Umsetzung losgeht, verneinte der Bürgermeister. Das sei noch nicht so genau absehbar.
? Warum ist das alles überhaupt wichtig?
Bürgermeister Dietmar Bergmann sagt: „Wenn wir das Problem der Mobilität lösen können, haben wir in der Zukunft auch ganz viele andere Probleme gelöst.“ Er nennt als Beispiel eine immer älter werdende Gesellschaft, die - auch im ländlichen Nordkirchen - durch neue Mobilitätsangebote vielleicht nicht gezwungen ist, im Heim das Alter zu verlassen. Weniger auf das Auto angewiesen zu sein im ländlichen Raum, die CO2-Belastung zu senken und insgesamt die Lebensqualität im Ort zu steigern - das nannte er außerdem als Ziele des Projekts.
Ich mag Geschichten. Lieber als die historischen und fiktionalen sind mir dabei noch die aktuellen und echten. Deshalb bin ich seit 2009 im Lokaljournalismus zu Hause.
