In den katholischen Kitas, wie hier in der Kita St. Pankratius in Südkirchen, kochen die Kinder einmal pro Woche gemeinsam einen Eintopf oder eine Suppe. © Marie Rademacher
Nordkirchener Kitas
Blick auf die Speisepläne der Kitas: Wie ernähre ich mein Kind gesund?
Gesund und lecker soll das Essen in den Kitas sein. Das ist für die Kindergärten, aber auch für Eltern, nicht immer leicht. Eine Expertin für Kinderernährung erklärt, worauf es dabei ankommt.
Nein, die Möhren möchte Philipp auf keinen Fall essen. Dabei hätte der Vierjährige vor einigen Tagen eigentlich nichts lieber gegessen als nur Möhren. Damals mochte er das Fleisch nicht. Das ist heute wiederum das Einzige, was er essen möchte neben den Kartoffeln. Was die Ernährung angeht, ist das Kindergartenalter für Eltern eine Herausforderung.
Noch anspruchsvoller wird die Essensfrage für Kindertageseinrichtungen. Wie können Kitas sicherstellen, dass 40, 50 oder 60 Kinder nicht nur mit Freude, sondern auch gesund essen? Die Träger der Kindertageseinrichtungen in der Gemeinde Nordkirchen gehen mit dem gleichen Ziel an diese Aufgabe heran. Die Konzepte sind ähnlich, die konkrete Umsetzung ist allerdings unterschiedlich.
Alle Träger setzen auf frische Lebensmittel
Alle Träger der Nordkirchener Kitas, also das Deutsche Rote Kreuz im Kreis Coesfeld, die Kinderheilstätte, die Jugendhilfe Werne und die Kirchengemeinde St. Mauritius setzen auf frische Lebensmittel. Die DRK-Kita Löwenzahn in Nordkirchen bekommt beispielsweise täglich frisches Obst und Gemüse-Rohkost von einem Integrationsbetrieb, dem Gastro-Service Remuß aus Ascheberg, wie Christoph Schlütermann, DRK-Vorstand, auf Anfrage dieser Redaktion mitteilt. „Kreisweit arbeiten wir mit verschiedenen Dienstleistern zusammen beziehungsweise kochen auch selbst, zum Beispiel in der DRK-Kita EntdeckungsReich in Lüdinghausen“, wie Schlütermann in seiner Antwort hinzufügt.
Kinder bei der Zubereitung des Essens mitmachen zu lassen, sei immer sinnvoll, sagt die Ernährungsexpertin Mathilde KErsting. © Marie Rademacher
Gerade Rohkost, Gemüse und Obst seien wichtige Pfeiler bei der Ernährung von Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren, erklärt Prof. Dr. Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsdepartment Kinderernährung der Universitätskinderklinik der Ruhr-Universität Bochum auf Anfrage. „Kinder brauchen eine optimierte Mischkost“, erklärt die Ernährungsexpertin. Das hat Ähnlichkeiten mit einem Bausatz, aus dem sich ein Tages- und ein Wochenplan zusammensetzen lässt. Auf eine Woche kämen dabei pro Tag fünf Mahlzeiten mit einer warmen Hauptmahlzeit. „Das ist üblicherweise das Mittagessen“, so Mathilde Kersting. Neben dem Frühstück zu Hause gibt es noch ein zweites Frühstück. Das bieten auch alle Nordkirchener Kitas an. Neben dem Abendessen können Kinder am Nachmittag noch eine Zwischenmahlzeit bekommen, sagt die Expertin.
Hauptkomponente kommt von Apetito
Wie die DRK-Kita setzen auch die katholischen Kindertageseinrichtungen in Nordkirchen, Südkirchen und Capelle auf frisches Obst und Gemüse. Das liefere sogar ein Bio-Bauernhof aus der Region, sagt Regina Ahlefelder, Verbundleiterin der drei Kitas in der St.-Mauritius-Gemeinde. Das Mittagessen in den katholischen Kitas kommt an drei Tagen in der Woche vom Essenslieferanten Apetito. Allerdings nur die Hauptkomponente, wie Regina Ahlefelder erklärt. „Das ergänzen unsere Hauswirtschaftskräfte dann zum Beispiel mit frischen Nudeln und Beilagen.“
In der Heilpädagogischen Kindertagesstätte der Kinderheilstätte kommt das Mittagessen aus der Integrativen Großküche der Einrichtung in Nordkirchen. Neben den klassischen Komponenten-Gerichten stehen dort auch Eintöpfe auf dem Essensplan. Hannah Iserloh, Pressesprecherin der Kinderheilstätte, erklärt auf Anfrage, dass die Kinder zusätzlich frisches Obst als Nachtisch bekommen. Rohkost ist außerdem Teil des Frühstücks, das in der Kita an zwei von fünf Tagen in den Gruppen zubereitet wird.
Das Essen der Waldwichtel und der Kita Hopetosse in Südkirchen kommt von der Stattküche Münster, wie die Kitaleitung auf unsere Mail-Anfrage schreibt. „Neben den Hauptmahlzeiten Frühstück und Mittagessen bekommen die Kinder immer eine Zwischenmahlzeit in Form von Rohkost (Obst und Gemüse) und zwei gemeinsame Trinkrunden vormittags“, heißt es in der Antwort weiter.
Fleisch und Fisch sollten zum Wochenplan gehören
Die Mittagsgerichte enthalten in der Optimierten Mischkost laut Ernährungsexpertin gerechnet auf fünf Kita-Tage zweimal Fleisch und einmal Fisch. An den anderen beiden Tagen kann das Gericht vegetarisch sein. Ob das Fleisch direkt vom Stück verarbeitet wird oder als Wurst in den Eintopf geschnibbelt wurde, sei dabei egal, sagt Mathilde Kersting. Der Empfehlung der Ernährungsexpertin folgen im Grunde alle Nordkirchener Kitas. Auf unsere Anfragen sagen alle Träger, dass es zum Beispiel fleischlose Tage auf dem Ernährungsplan gibt. Christoph Schlütermann verweist auf „besondere Schwerpunkte, wie Fisch oder Fleisch oder auch mal einen Eintopf“ in der DRK-Kita. Darüber hinaus gebe es vegane Angebote.
Die Speisepläne für das Mittagessen bekommen die Waldwichtel etwa vier Wochen im Voraus von der Stattküche per Mail. „Die Kinder suchen mit uns gemeinsam das Mittagessen aus“, so die Kita-Leitung. Und weiter: „Wir achten darauf, dass die Auswahl der Mahlzeiten abwechslungsreich ist. Es gibt in der Woche mindestens einmal Fisch und einen vegetarischen Tag. Dann Nudeln, Kartoffeln und Reis mit Fleisch wie Rind/Hühnchen/Schwein. Salat wird ebenfalls immer zu den Mahlzeiten gereicht sowie Rohkost. Da die Stattküche auch Biokomponenten anbietet, wählen wir hier diese auch bewusst aus.“
In den katholischen Kitas wird sogar einmal die Woche frischer Eintopf gekocht, und zwar gemeinsam mit den Kindern, sagt Regina Ahlefelder. Neben zwei Tagen, an denen es Fleisch gibt, und einem Fisch-Tag gehöre auch der Eintopf-Tag zum Wochenplan der Kindertagesstätten.
Wichtig für alle Kitas: Kinder machen mit
Darin, Kinder am Kochen zu beteiligen, sieht auch Mathilde Kersting Vorteile. „Kinder zu beteiligen macht eigentlich immer Sinn“, sagt die Ernährungsexpertin. Ob Kinder dadurch dann später eher zu einer gesunden Ernährung tendieren, kann Kersting allerdings mangels wissenschaftlicher Belege nicht sagen. Auf das Mitmachen setzen alle Kitas in Nordkirchen. Sei es der Eintopf in den katholischen Kitas, das gemeinsame Schnibbeln für das Frühstück in der Kita der Kinderheilstätte oder auch die Mitsprache beim Essensplan in der Kita Löwenzahn. So werde der Speiseplan gemeinsam mit den Kindern erarbeitet, sagt Christoph Schlütermann. Hier haben die Kinder sogar mehr zu sagen als die Erwachsenen, denn „Eltern geben lediglich Hinweise auf Unverträglichkeiten, denen immer Rechnung getragen wird“, erklärt der DRK-Vorstand. „Für das DRK ist die Einnahme von richtigen und gesunden Lebensmitteln ein wichtiger Teil der frühkindlichen Bildung. Kinder sollen lernen, wo das Essen herkommt und lernen, dass das Essen ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Lebensweise ist“, so Schlütermann.
Nachtisch: von täglich bis einmal pro Woche
Gesundes und Frisches stehen also bei allen Kitas in Nordkirchen im Fokus. Zum Speiseplan gehört aber auch der Nachtisch. In allen drei Kitas sind das neben Obst zum Beispiel auch Quarkspeisen. Die DRK-Kita hat täglich Nachtisch auf dem Speiseplan. Die katholischen Kitas haben dreimal pro Woche. Quark und Pudding werden dabei mit den Kindern gemeinsam gemacht, sagt Regina Ahlefelder. Die Heilpädagogische Kita der Kinderheilstätte hat den Nachtisch mittlerweile von zwei auf einen Tag reduziert. Bei den Waldwichteln und der Kita Hoppetosse gibt es täglich frisches Obst zum Nachtisch, an manchen Tagen auch mal einen Pudding.
Bei Nachspeisen und Süßigkeiten empfiehlt Mathilde Kersting ein gesundes Maß. Das wären laut Expertin zum Beispiel für Drei-bis Sechsjährige ein Riegel Schokolade und einige Kekse pro Tag. „Auch Nuss-Nougat-Creme ist dabei erlaubt“, sagt die Ernährungsexpertin. Ein Brot mit süßem Aufstrich würde dann allerdings eine Süßigkeiten-Portion, also zum Beispiel die Menge des Schokoriegels, ersetzen, erklärt sie. Auch eine Quarkspeise, in der Zucker ist, oder ein Pudding würden wie eine Süßigkeit gerechnet werden.
Expertin rät von Verboten ab, auch bei Süßigkeiten
Generell sollte es keine Verbote geben, auch nicht bei Süßigkeiten, rät Kersting. „Dadurch wird das Verbotene nur noch interessanter“, sagt sie. Vielmehr sollten Eltern auf Getränke achten. So hätten Studien gezeigt, dass das Risiko für Kinder, die viele süße Getränke zu sich nehmen, größer ist, übergewichtig zu werden und später auch an Diabetes zu erkranken. „Das Regelgetränk sollte deshalb Wasser sein“, sagt die Ernährungsexpertin. Auch Saftschorlen sollten die Ausnahme sein. Sie böten sich beispielsweise an, um Kinder von Saft auf Wasser umzugewöhnen. Dabei sollte nach und nach der Saft immer weiter verdünnt werden, bis kaum noch Fruchtsaft in der Schorle übrig ist. 600 bis 700 Milliliter Wasser sollten Kinder im Kita-Alter jeden Tag trinken. Dabei sei Milch allerdings nicht inbegriffen. Als Lieferant für Kalzium, Phosphor und Eiweiße sei Milch ein wichtiger Bestandteil der Kinderernährung, sagt Mathilde Kersting. 300 bis 400 Milliliter täglich empfiehlt das Forschungsdepartments Kinderernährung in Bochum. Die Menge reduziere sich allerdings, wenn Kinder Milchprodukte wie Joghurt oder Käse essen würden, so die Ernährungsexpertin.
Kitas setzen auf wissenschaftliche Erkenntnisse
Welche Rolle spielen wissenschaftliche Erkenntnisse für die Kitas in Nordkirchen? Eine große, wenn man die Kitas fragt. So würden sich die Mitarbeiter der katholischen Einrichtungen regelmäßig auf dem Gebiet fortbilden, erklärt Regina Ahlefelder. Ein Ergebnis dieser Schulungen sei zum Beispiel, dass die Kinder Obst vor der Hauptmahlzeit bekommen, weil es länger verdaut würde und Bauchschmerzen verursachen könne, wenn es nach dem Mittagessen gegessen wird, so Ahlefelder.
Für ihre Eintöpfe verwenden die Kinder in den katholischen Kitas frische Zutaten. © Marie Rademacher
Die Heilpädagogische Kita setzt nach Aussage von Hannah Iserloh neben der Arbeit mit Eltern auch auf die Zusammenarbeit mit Pädagogen und einer Oecotrophologin. „Die Integrationsküche führt zudem derzeit eine Evaluation durch. Im Rahmen einer Masterarbeit in Oecotrophologie an der Fachhochschule Münster werden Schulen und Kindergärten befragt, um den Ist-Zustand unseres Angebotes zu ermitteln und gezielte Verbesserungen und Veränderungen durchführen zu können“, schreibt die Pressesprecherin auf unsere Anfrage.
Und wenn es mit dem gesunden Essen zu Hause doch nicht klappt und das eigene Kind sein Mittagessen partout nicht anrühren will, rät Mathilde Kersting Eltern, Ruhe zu bewahren. „Wenn das eigene Kind etwas nicht mag, sollte man es nicht zum Essen drängen, sondern den Teller einfach abräumen“, sagt Kersting. Statt ein alternatives Gericht zuzubereiten, sollten Eltern das Essen immer wieder anbieten. Wichtig sei, geduldig zu sein und nicht nervös zu werden. Das übertrage sich anschließend auch aufs Kind.
Trotzphasen sind ein Überbleibsel unserer Vorfahren
Phasen, in denen Kinder nur noch ein bestimmtes Gericht essen wollen und alles andere ablehnen, seien auch ganz normal. Die Ernährungsexpertin erklärt, dass dieses Verhalten aus Evolutionssicht durchaus sinnvoll gewesen sei. Die Kinder unserer Vorfahren hätten so das Risiko gering gehalten, sich an unbekannten Früchten und Pflanzen zu vergiften. „Dieses Risiko besteht heute natürlich nicht mehr“, so Mathilde Kersting. Eltern sollten sich aber keine Sorgen machen: Es sei nicht schädlich, wenn das Kind eine Zeit lang zum Beispiel nur Nudeln isst. Nach einer Woche mit ein und demselben Gericht würden die meisten Kinder in der Regel dann doch etwas anderes als ihr vermeintliches Lieblingsgericht auf dem Teller haben wollen. Bei Problemen mit der Ernährung sollten Eltern mit dem Kinderarzt sprechen.
Philipps Vorliebe für Fleisch und Kartoffeln dauerte noch nicht einmal eine Woche an. Der vierjährige Sohn des Autors dieser Zeilen hat eine Vorliebe für Eintöpfe. Eine deftige Suppe mit Kartoffeln, Möhren und anderem Gemüse aß er wenige Tage später ohne Gemecker und ohne Aussortieren.
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