Juniorstudium für Hochbegabte
15-Jährige aus Nordkirchen studiert in Münster
Morgens zur Schule. Am Nachmittag zur Uni. Und das mit gerade 15 Jahren: Für Nele Falke aus Nordkirchen reicht der Unterricht an der Johann-Conrad-Schlaun-Gesamtschule nicht. Dabei hat sie schon zwei Schuljahre übersprungen. Nele Falke ist hochbegabt – und Juniorstudentin. Wir erklären, was das überhaupt bedeutet.
Nele Falke ist hochbegabt. Neben der Schule besucht sie auch Vorlesungen an der Uni Münster.
„Nur der Kopf ist anders“: So titelten wir einen Bericht in einem „Blickpunkt Hochbegabung“, als wir am Heiligabend des Jahres 2007 über ein Mädchen von der Wienbredeschule in Werne berichteten. Sechs Jahre alt war es damals, sein Name Nele Falke.
Ihr Intelligenzquotient 130, im Alter von zwei Jahren lernte sie die ersten Buchstaben, las und rechnete schon mit viereinhalb und ging mit sechs Jahren in die dritte Klasse. Mit acht wechselte sie zur Gesamtschule. Gleichaltrige kommen ins dritte Schuljahr.
Mit 15 als Juniorstudentin an der Uni Münster
„Nele ist sehr selbständig. Sie hat vieles selbst organisiert“, sagt Carina Becker. Sie ist Lehrerin für Englisch und Bio an der Nordkirchener Gesamtschule. Und zuständig für die Begabtenförderung. „Ich kannte Nele aus der Unterstufe auch durch die Mutter Rose, die an der Schule ehrenamtlich tätig ist: Sie macht Diagnostik für Dyskalkulie und Lese-Rechtschreibschwäche – also mit den Schülern, die genau im Gegenteil große Probleme haben.“
Probleme macht ihrer Tochter Nele das alles offensichtlich nicht: Sie ist gerade 15, geht aber schon in die Oberstufe, wo die Mitschüler zwei Jahre älter sind. Sie besucht zwei Vorlesungen an der Uni Münster: Einführung in die germanistische Sprachwissenschaft und Einführung in die Literaturwissenschaft. Dazu die Tutorien, wo ältere Studenten die Erstsemester – alle Erstsemester – beim Lernen des Stoffs und beim Ankommen an der Uni unterstützen. Nele ist die jüngste dort, alle anderen haben Abitur und sind volljährig.
Nele macht jetzt schon Scheine für später
Sie sagt: „Man unterhält sich mit den Leuten dort. Klar, die fragen mich dann schon: Wie alt bist du eigentlich?“ Dann berichte sie vom Juniorstudium: Das ist eine Initiative der Uni Münster, besonders begabten Schülern schon früh die Möglichkeit zu geben, das Uni-Leben kennenzulernen.
Nele entschied sich selbst dazu, auch die Prüfungen nach dem ersten Semester schon mitzuschreiben: Dann kann sie sich die „Scheine“ für später anrechnen lassen. Sie sagt: „In den ersten paar Vorlesungen war ich eher zurückhaltend, aber mittlerweile geht das ganz gut.“ Sie trifft sich inzwischen auch privat mit einigen Mitstudenten in einer Lerngruppe. Ohne Scheu.
Für die Uni muss Nele Unterricht ausfallen lassen
Carina Becker und Rose Falke waren stets im Gespräch über Nele: „Die Mutter hat mich darauf hingewiesen, dass ihre Tochter etwas mehr Futter brauche, als die Schule bieten kann.“ Da brachte Carina Becker das Juniorstudium ins Gespräch. „Zwei oder drei von der Schule haben das vor mir schon gemacht“, sagt Nele Falke.
In Sprachwissenschaft paukt sie nun seit April nebenher Morphologie, Phonologie und andere Dinge. „Das ist nicht so schwer“, sagt sie. Literatur sei schwerer: „Wir sprechen über altgermanistische Texte und wie die Menschen in der Zeit gedacht haben“, so die 15-Jährige. Dafür fällt ein wenig Unterricht an der Schule für sie aus: montags zwei Stunden Musik, mittwochs zehn Minuten Französisch, freitags eine Religion und eine Sport.
Abitur nach 11 Jahren - dann Studium
In den Sommerferien stehen die ersten Prüfungen an. Würde sie sich diese Zusatzaufgaben wieder zumuten? „Auf jeden Fall. Ich finde es spannend, in das Uni-Leben reinzuschnuppern. Ich will auf jeden Fall später studieren.“
Bis zum Abitur, das eigentlich 13, bei ihr nur 11 Jahre dauert, könnte sie das Juniorstudium weitermachen. „Das habe ich auch vor“, sagt Nele Falke. „Man kann dort schon früh den nächsten Schritt gehen“, meint Lehrerin Carina Becker. Die Schul-Leistungen leiden darunter offenbar nicht. In die Oberstufe kam Nele Falke mit einem Zeugnis-Durchschnitt von 1,5.
Die nächste Herausforderung: Ein Praktikum bei den Ruhr Nachrichten
„Nele wird vom Ehrgeiz aufgefressen“, sagte Mutter Rose Falke vor neun Jahren in den Ruhr Nachrichten und meinte dabei die Zeit, in der sie noch nicht speziell gefördert wurde. Heute sorgt Nele selbst dafür: Zwischen und nach den Prüfungen an der Uni wird sie in den Schulferien im Sommer ein Praktikum bei den Ruhr Nachrichten machen.
Journalistisch arbeiten – eine neue Herausforderung. 2007, als sie sechs Jahre alt war, wollte Nele Falke noch Priesterin werden.