Für Familien mit Kindern ist es wohl besonders schwer, eine Wohnung zu finden. Falls der Wohnungsmarkt überhaupt ein geeignetes und preiswertes Angebot hergibt, sind sie darauf angewiesen, dass der Vermieter kinderlieb ist und ihnen eine Chance gibt.
Vor diesem Hintergrund sorgt gerade eine Bergkamener Wohnungsanzeige für Diskussionen in sozialen Netzwerken. Die Anzeige spiegelt die Vorbehalte eines Vermieters gegenüber Familien mit kleinen Kinder wider. Das Inserat für eine 95-Quadratmeter-Wohnung in Weddinghofen wurde in einer lokalen Facebook-Gruppe geteilt und seitdem vielfach kommentiert. Die Kommentare drehen sich darum, dass der Vermieter offenbar weder Mieter mit kleinen Kindern noch Mieter mit Haustieren haben möchte. In der Anzeige heißt es unter anderem: „Bevorzuge ältere Eheleute ohne Kinder, jedoch kann sich jeder melden, der keine kleinen Kinder hat.“
Ist es okay, Familien mit kleinen Kindern auszuschließen? Darüber gehen die Meinungen auseinander. „Wie sollen Familien eine Wohnung finden, wenn überall Kinder unerwünscht sind? Was ist an klein Kindern so schlimm?“, fragt eine Facebook-Nutzerin. „Solche Annoncen sind so diskriminierend. (...) Ob Hunde oder Kinder, das gehört nicht verboten!“
Manche Diskussionsteilnehmer halten dem Vermieter auch den Preis der Wohnung vor. Wer in die Dreizimmer-Wohnung einzieht, die trotz ihrer relativen Größe von 95 Quadratmetern nur über maximal ein Kinderzimmer verfügt, zahlt 1100 Euro warm monatlich.
„Dieser Vermieter möchte eine Wohnung für viel Geld vermieten, und am besten die Leute ziehen nicht ein“, kommentiert süffisant eine Facebook-Nutzerin. „Kein Keller, keine Garage, Stellplatz nur für nochmaligen Aufschlag.
Dafür am besten keine Kinder und Haustiere. Und das für den Preis. In Weddinghofen NRW... Sorry, ist das ein Witz?“
In diese Richtung geht auch der Kommentar einer anderen Userin. „Wer denkt schon ernsthaft darüber nach, in eine Wohnung zu ziehen, wo man im Monat 1.100 Euro berappen darf und nichts geboten kriegt? Keine Kinder, keine Haustiere, keinen Keller, keinen Garten. Extra Kosten für Garage/Stellplatz und dann noch mit dem Eigentümer in einem Haus.“

Vermieter bitten um Verständnis
Der Verfasser der Wohnungsanzeige reagiert nicht, als die Redaktion ihn über das Kleinanzeigenportal anschreibt. Allerdings gelingt es, eine Verwandte telefonisch zu erreichen. „Das ist nicht bös‘ gemeint“, sagt die Frau. Vermietet werde die Wohnung von einem jungen Paar, das im selben Haus wohne, frisch verheiratet, beide berufstätig. Sie seien sehr kontaktfreudig und kinderfreundlich, wollten jedoch in ihrer derzeitigen Situation „ruhige Mieter“ haben. Der Text der Anzeige sei vielleicht etwas unglücklich formuliert, die Diskussion komme überraschend und spiegele nicht die Haltung des Paars zu Kindern wider. Kurz nach dem Telefonat wird die Wohnungsanzeige gelöscht.
Ausnahmen für Vermieter, die im selben Haus wohnen
Aus rechtlicher Sicht ist ein Vermieter relativ frei, an wen er seine Wohnung vermieten möchte. Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) regelt zwar, dass Benachteiligungen unzulässig sind auch in Bezug auf den Zugang zu Wohnraum, bezieht sich aber nur auf Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Aussagen wie „keine Familien mit kleinen Kindern“ fallen darunter eher nicht.
Aus dem AGG ergeben sich zudem Ausnahmen für Vermieter: Bei der Vermietung von Wohnraum ist „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig“, wie es in dem Gesetz heißt.
Eine weitere Ausnahme gilt, wenn „ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird“. Bei Mietverhältnissen könne dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen. Das ist offenbar bei der 95-Quadratmeter-Wohnung in Weddinghofen der Fall.
Unzulässig ist es allerdings, Haustiere im Mietvertrag pauschal zu verbieten. Da kommt es immer auf den Einzelfall an – ob Wellensittich oder Schäferhund.
Welche Erfahrungen haben Sie als Mieter oder Mieterin bei der Wohnungssuche gemacht? Welche Erfahrungen machen Sie als Vermieter oder Vermieterin? Die Redaktion freut sich über Hinweise unter bergkamen@hellwegeranzeiger.de