Die Freie Wohlfahrtspflege Kreis Unna wirft der NRW-Landesregierung eine Unterschlagung von Zahlen und damit eine Falschrechnung bei der Mitfinanzierung der Kitas vor. Derweil kündigt die Awo im Kreis Unna ebenfalls Einschränkungen bei der Kita-Betreuung an.
Der Evangelische Kirchenkreis Unna hatte den Abbau von fünf Kita-Gruppen in Unna, Bergkamen, Fröndenberg und Holzwickede mit einer „nicht auskömmlichen Finanzierung“ durch das Land NRW begründet. Gegen diesen Vorwurf verteidigt sich das Familienministerium mit einer Aufstellung unterschiedlicher Finanzierungsprogramme und Erhöhungen in jüngster Zeit.
Nicht angemessen auf Lohn- und Preisentwicklung reagiert
Es sei dadurch „der Eindruck erweckt worden, die verpflichtende und gesetzlich geregelte Refinanzierung des Landes für die Kindertagesbetreuung sei auskömmlich und reagiere angemessen auf die Lohn- und Preisentwicklung der letzten Jahre“, schreiben Johann Härtling und Rainer Goepfert von der Arbeitsgemeinschaft Freien Wohlfahrtspflege Kreis Unna in einer Stellungnahme.
Dies aber sei „eindeutig nicht der Fall“. Der Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes aus dem Jahr 2022 habe zu um elf Prozent höheren Personalkostengeführt.
2023 habe zudem die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten nach Verbraucherpreisindex 5,9 Prozent betragen, „was sich massiv auf die Betriebskosten von Kitas auswirkt“.
Das NRW-Familienministerium hatte auf Nachfrage dieser Redaktion, ob der Vorwurf des Evangelischen Kirchenkreis stimme, auf eine Erhöhung der Kindpauschalen zum 1. August 2024 von „nahezu 10 Prozent“ hingewiesen.
Auch eine dynamische Anpassung der Zuschüsse an Kostensteigerungen war für die Zukunft angekündigt worden. Die zurückliegenden Jahre waren in der Antwort allerdings ausgeklammert worden.
Anhebung bei Kita-Finanzierung kam ein Jahr zu spät
Tatsächlich habe das Land NRW erst zum Kitajahr 2024/25 die Refinanzierungssätze um 10 Prozent angehoben, merken nun die Vertreter der Wohlfahrtspflege an, zu denen Awo, DRK, Diakonie und Paritätischer Wohlfahrtsverband gehören. Awo, DRK und Diakonie sind Träger von Kindertageseinrichtungen im Kreis Unna.
Es werde deutlich, so die Sprecher der AG, dass die Kostensteigerungen nicht vollständig vom Land refinanziert worden seien und den Trägern angesichts eines Verzuges von mehr als einem Jahr eine erhebliche Finanzierungslücke entstanden sei.

Aufgrund der fehlenden Finanzierung seitens der Landesregierung werde man als Träger der Einrichtungen „im nächsten Jahr Betreuungszeiten weiter einschränken müssen und Dienstleistungen nicht mehr anbieten können“, teilt unterdessen die Awo Ruhr-Lippe-Ems mit.
„Die Politik muss jetzt handeln, sonst drohen durch den Wegfall zahlreicher sozialer Angebote große gesellschaftliche und politische Nöte“, fordert Johann Härtling auch in seiner Funktion als Vorstand des DRK-Kreisverbandes Unna.
Nach Berechnungen der AG Wohlfahrt NRW fehlten den Trägern wegen gestiegener Kosten im Kitajahr 2023/24 mehr als 500 Millionen Euro. Das Land habe Anfang dieses Jahres hingegen nur einen Ausgleich von 100 Millionen Euro an die Träger gezahlt.
Gehälter höher, Personal weniger
„Diese decken nicht einmal ein Viertel der tatsächlich entstanden Kostensteigerungen ab“, rechnen Johan Härtling und Rainer Goepfert vor. Zudem würden in vielen Förderprogrammen im Bereich der Kitas die Pauschalen nicht dynamisch an die gestiegenen Kosten angepasst.
Dies sei faktisch, angesichts steigender Kosten, eine Kürzung und führe zu einem geringeren Personaleinsatz. Zum Beispiel treffe dies auf wichtige Förderprogramme wie die Sprachkitas und die Alltagshelfer zu.
Hier könnten die Träger wegen gestiegener Gehälter und gleichbleibender Förderungssätze nur weniger Personal einsetzen. Auch aus diesen Gründen rufe die AG Wohlfahrt im Kreis Unna und der Stadt Hamm zur Teilnahme an der Kundgebung am 13. November vor dem Landtag in Düsseldorf auf.

Auch der Evangelische Kirchenkreis Unna beteiligt sich an dieser Kundgebung. Über alle Entwicklungen seien in den vergangenen Monaten bereits Gespräche geführt worden, um tragbare Lösungen zu finden.
So mit dem Evangelischen Verband für Kindertageseinrichtungen und mit Vertretern der Politik aus Land und Kommunen. Beim Jugendamt des Kreises Unna war zudem ein freiwilliger Betriebskostenzuschuss in Höhe von 577.000 Euro beantragt worden. Eine Entscheidung hierüber ist im Kreistag noch nicht gefallen
Notbetrieb in Kitas am Tag der Kundgebung
Unter dem Motto „NRW bleib sozial“ fordern die freien Wohlfahrtsverbände von der Landesregierung eine Rücknahme der aktuell im Landeshaushalt vorgesehenen Kürzungen um weitere 83 Millionen Euro und eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur.
Viele Eltern in den Einrichtungen hätten bereits jetzt Verständnis gezeigt und ihre Unterstützung für die Aktion zugesagt. Die Einrichtungen werden an diesem Tag weitestgehend geschlossen. Es werde lediglich ein Notbetrieb dort aufrechterhalten, wo es notwendig und unvermeidbar ist.