Kommen Wölfe in den Kreis Unna? Experten bestätigen die Raubtier-Ansiedlung

Wolf wird in Nachbarkreis Soest sesshaft: „Geht Mensch aus dem Weg“
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Kaum ein Tier hat in den vergangenen Jahren Menschen so stark in Lager begeisterter Fans und gnadenloser Gegner getrennt wie der Wolf. Nach seiner Bejagung war das Raubtier aus der Familie der Hunde bei uns fast ausgerottet. Jetzt kommt er seit einigen Jahren vermehrt zurück, zum Beispiel in den Kreis Soest. Auch in den Kreis Unna?

 Zwei Wolfswelpen stehen auf einem Feld in der Oberlausitz.
Zwei Wolfswelpen stehen auf einem Feld in der Oberlausitz. © Torsten Beuster/-/dpa/Symbolbild

Hat es im Kreis Unna schon Sichtungen von Wölfen gegeben?

Das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) dokumentiert zweifelsfrei belegte Sichtungen des Wolfes. Seit Beginn dieser Aufzeichnungen im November 2009 hat es demnach erst drei Sichtungen eines Wolfes im Kreis Unna gegeben.

Alle Nachweise gelangen in der Stadt Werne. Am 13. März 2021 lief ein Tier durch eine Fotofalle und konnte damit als Wolf identifiziert werden. Am 8. März 2022 gab es gleich zwei Beobachtungen: Die eine war mit einem Foto, die andere durch ein Video festgehalten worden.

Es handelte sich jeweils um Einzeltiere und keine Rudel; da seitdem kein Wolf mehr gesichtet worden ist, sind diese Tiere offenbar ihrem Standort nicht treu geblieben.

Dieses Bild aus einer Fotofalle zeigt den am 13. März 2021 in Werne aufgenommen Wolf.
Dieses Bild aus einer Fotofalle zeigt den am 13. März 2021 in Werne aufgenommen Wolf. © Hegering Werne/Kress

Wie nah ist der Wolf dem Kreis Unna im Umkreis gekommen?

Die häufigsten Sichtungen werden aktuell neben dem Kreis Euskirchen im Märkischen Kreis gemacht. Am 3. September sind in der Gemeinde Herscheid, südöstlich von Lüdenscheid, allein sieben Wölfe in eine Fotofalle getappt.

Weil sich darunter sechs Welpen befanden, konnte erstmals Nachwuchs im Ebbegebirge nachgewiesen werden.

Erstmals war im Märkischen Kreis am 15. September 2022 bei Lüdenscheid ein weibliches Tier nach einem Schafsriss nachgewiesen worden. Weil die Wölfin über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten mehrfach im selben Territorium nachgewiesen wurde, gingen Experten davon aus, dass das Weibchen standorttreu geworden ist.

Auch im Kreis Soest ist mehrfach ein weiblicher Wolf nachgewiesen worden; erstmals am 14. Mai 2023 bei Warstein nach dem Riss von Sikawild und zuletzt Ende Mai 2024 in Warstein nach dem Riss eines Nutztieres und in der Gemeinde Möhnesee nach einem Wildtierriss.

Auch hier wird wegen des langen Zeitraumes von Standorttreue im Territorium Oberer Arnsberger Wald ausgegangen.

Am 2. März 2024 konnte nach einem Nutztierriss auch in Hamm ein Wolf nachgewiesen werden; zahlreiche Nachweise gibt es auch aus dem Kreis Recklinghausen, vor allem aus Dorsten und Haltern am See. Der jüngste stammt vom 7. Februar 2024, als in Dorsten ein Schaf getötet und zwei verletzt worden waren.

Im Kreis Coesfeld gelang der bislang letzte von zehn Nachweisen am 30. April 2023 in Havixbeck. Ein Video mit einem Wolf gibt es zudem vom 10. März 2022 aus Dortmund. Dort ist er, ausgestopft, seit März 2023 auch im Naturkundemuseum zu sehen.

Zwei Wolfswelpen streifen durch ihr Revier, hier allerdings nicht in Westfalen, sondern in der Döberitzer Heide.
Zwei Wolfswelpen streifen durch ihr Revier, hier allerdings nicht in Westfalen, sondern in der Döberitzer Heide. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Was folgt aus der Standortreue von Wölfen?

In NRW gibt es einen Wolfsmanagementplan. Verbunden ist damit vor allem eine Förderrichtlinie für die von Nutztierrissen betroffenen Tierhalter wie zumeist Schäfer. Die jüngste Förderkulisse „Oberer Arnsberger Wald“ hat das Umweltministerium am 25. Juli 2024 ausgewiesen.

Das Gebiet reicht recht nah an den Kreis Unna heran und umfasst neben Teilen Warsteins im Osten auch das südliche Gemeindegebiet von Ense (Kreis Soest) im Westen und ist damit in Luftlinie nur rund zehn Kilometer von Fröndenberg und Unna entfernt.

Eine Förderkulisse „Märkisches Sauerland“ ist bereits am 20. September 2023 ausgewiesen worden, die im Norden bis an die Stadtgrenze zu Iserlohn heranreicht. Zum selben Datum ist die Förderkulisse „Westmünsterland“ ausgewiesen, die im Osten u.a. Coesfeld, Dülmen sowie Haltern am See umfasst.

Neben der Entschädigung für gerissene Nutztiere können Landwirte und Halter in den Fördergebieten auch Zuschüsse für die Anschaffung von Elektrozäunen erhalten.

Zum Thema

Alle Informationen über den Wolf

  • Aktuelle Informationen zu Wolfsnachweisen in Nordrhein-Westfalen sind zu finden im Wolfsportal des Lanuv: https://wolf.nrw/.
  • Über weitere Hinweise zu den Wölfen in NRW können Sie sich über das Umweltportal NRW des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen automatisch informieren lassen: https://www.umweltportal.nrw.de/abo-service.
  • Informationen zum genetischen Monitoring des Forschungsinstituts Senckenberg Gelnhausen: https://www.senckenberg.de/de/presse/wolfsmonitoring-faq/.
  • Informationen zu Wolfsnachweisen in Deutschland sind zu finden auf der Homepage der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW): https://www.dbb-wolf.de/.

Könnte der Wolf im Kreis Unna heimisch werden?

Wölfe legen durchaus lange Strecken zurück, bevor sie sich in einem Gebiet ansiedeln. Bei dem im Kreis Soest gesichteten weiblichen Wolf handelt sich zum Beispiel um einen Abkömmling aus dem sächsischen Wolfsterritorium Gohrischheide, wie nachgewiesen werden konnte.

Bei dem weiblichen Wolf aus dem Märkischen Sauerland handelt sich um einen Abkömmling aus dem niedersächsischen Wolfsrudel bei Visselhövede im Landkreis Rotenburg (Wümme).

Diese beiden Territorien in der schon etwas entfernten Nachbarschaft des Kreises Unna zeichnen sich indes durch eine dünne Wohnbesiedelung und großflächige Waldgebiete aus. Standortfaktoren, die allenfalls im münsterländisch geprägten nördlichen Kreisgebiet anzutreffen sind.

„Der Wolf geht uns aus dem Weg, wenn er kann“, sagt dazu Birgit Kaiser de Garcia, Pressesprecherin des Lanuv, im Gespräch mit dieser Redaktion. Zu einzelnen Sichtungen durchziehender Wölfe kann es dennoch immer wieder kommen.

So hat das Lanuv am 3. September neue Wolfsnachweise im Kreis Warendorf bestätigt: Am 4. Mai 2024 war in Beckum bei einem Verkehrsunfall ein Wolf von einem Pkw erfasst worden. Durch die am Auto sichergestellten Haare konnte das männliche Individuum nachgewiesen werden. Das Herkunftsrudel konnte aber nicht näher bestimmt werden.

Am 5. Mai wurde ebenfalls in Beckum bzw. am 7. Mai 2024 in Oelde ein Jährling (Wolf im zweiten Lebensjahr) fotografiert. Es ist nicht bekannt, ob es sich dabei um denselben Wolf gehandelt hat.

Wie gelingt dem Lanuv der Beleg zweifelsfrei?

„Genetische Nachweise sind für uns die wichtigsten Fälle“, erläutert Birgit Kaiser de Garcia. Dazu gehörten zum Beispiel Kot- und Urinspuren oder Fell, das ein Wolf in der freien Natur verloren hat. Auch Bisse an Nutztieren wie vor allem Schafen, die häufig zu beklagen sind, können wegen des DNA-Materials Wölfen zugeordnet werden.

Das Lanuv erhalte mitunter auch Kenntnis von Videos, die eine aktuelle Sichtung eines Wolfes belegen sollen. „Kürzlich gab es auf Facebook ein Video, auf dem Schnee zu sehen war, das konnte also nicht aktuell sein“, so Kaiser de Garcia, die damit auch auf die große Aufregung bei dem Thema aufmerksam macht.

In Nordrhein-Westfalen konnte im Januar 2017 erstmals belegt werden, das der erste Wolf sesshaft geworden war. An einem toten Schaf in Schermbeck am Niederrhein war wiederholt Speichel einer Wölfin aus einem niedersächsischen Wolfsrudel identifiziert worden. Man taufte sie „Gloria“. Das Tier sollte nach einigen Schafsrissen abgeschossen werden; eine Klage dagegen war im Februar erfolgreich.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. September 2024.