
© VOLKER BEUSHAUSEN
Ein fliegender Glücksdrache, eine Schildkröte, groß wie ein Berg. Exotische Kreaturen wie Felsenbeißer und Borkentrolle. Hat man die Filmversion der „Unendlichen Geschichte“ im Hinterkopf, fragt man sich schon, wie das gehen soll, dem Stoff auf kleiner Bühne Leben einzuhauchen?
Keine Sorge – Karin Epplers Inszenierung am Westfälischen Landestheater Castrop-Rauxel befleißigt sich einer klugen Reduktion, die man als Tugend vieler WLT-Produktionen sehen darf. Mit sparsamen Requisiten, fünf Darstellern und dem cleveren Bühnenbild von Ausstatter Marc Mahn wird „Die unendliche Geschichte“ zur Einladung an das Vorstellungsvermögen eines Publikums ab zehn Jahren.
Plädoyer fürs Träumen
Und das ist nicht das Schlechteste bei einem Stoff, den Michael Ende als Plädoyer für die Fantasie und das aktive Träumen angelegt hat. Zu besichtigen ist das Stück derzeit nur per Video. Das ist professionell gemacht und bietet mehr als einen Mitschnitt bei starrer Kamera. Totalen der Bühne wechseln mit Nahaufnahmen, die uns dichter an die Figuren bringen. Etwa zu Bastian (Chris Carsten Rohmann), der vor Hänseleien auf den Dachboden seiner Schule geflohen ist.
Dort bringt ihn ein Buch auf andere Gedanken. Die Pausenglocke oder eine SMS stören nur kurz, Basti taucht ab nach Phantasien. Wo die kindliche Kaiserin (Luisa Cichosch) und ihr Reich im Sterben liegen.
Eine Rettungsmission
Basti wird Zeuge, wie Atréju (Thyra Uhde) auf seiner Rettungsmission Sümpfe Berge, Haulewald und Geisterstadt erkundet. Mark Plewe, Vincent Bermel, Luisa Cichosch verkörpern diverse Fabelwesen, die sich hinter Aktenschränken und Turnmatten des Dachbodens tummeln.
Schildkröte und Drache tragen Helm, zwinkernd komisch. Kreaturen erscheinen als Schattenspiel. Lichtstimmung und expressiver Sound (oft spukiges Rumoren) kreieren Mystery-Atmosphäre. Bedrohlich grunzt ein Schatten, der Phantasien zu verschlingen droht. Aufwand klein, Wirkung groß - gut gemacht, mit Luft und Raum für die Fantasie.
Im Internet steht die Anleitung zur Sichtung des Streams (Kosten: 6 Euro). www.westfaelisches-landestheater.de