Der Westerholter Heinz Wener erinnert sich gut an die 1970er- und 1980er-Jahre, als Woche um Woche Tausende Menschen zum Löwenpark pilgerten und dort wie bei einer Safari mit den Autos durchfuhren. Auch akustisch blieb für Wener und alle anderen Westerholter etwas hängen: „Wenn der Wind richtig stand, haben wir im Dorf Westerholt im Garten das Löwengebrüll immer gehört.“
Heinz Wener holt einen alten Zeitungsartikel hervor: „Ein Ausbruch gelang immerhin einem Leoparden namens Iwan, der der Braut eines ehemaligen Löwenpark-Geschäftsführers gehörte und in einem nicht ordnungsgemäßen Käfig untergebracht war. Zusammen mit dem Grafen durchkämmten im Juli 1974 40 schwer bewaffnete Polizisten den Wald. Dem erfahrenen Jäger Egon von Westerholt lief das bereits vom Förster angeschossene Raubtier vor die Flinte. Der Graf erlegte die Katze mit einem Kopfschuß.“
So lautete es wörtlich in dem Artikel mit dem Titel „Der Löwenpark in Westerholt“, der anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Buerschen Zeitung im selben Blatt erschien. Aufbewahrt hat ihn Heinz Wener.
Der Autor des „Westerholter Lesebuchs“ erinnert sich noch gut an den Vorfall im Westerholter Löwenpark. Der heute 85-Jährige war damals zwar kein regelmäßiger Besucher des Löwenparks, aber er kannte den Grafen Egon von Westerholt-Gysenberg sehr gut. „Immer wenn er Gäste hatte, musste ich die Führung übernehmen“, erinnert er sich. Er führte die Gäste aber nicht etwa durch seinen populären Löwenpark, sondern durch das Dorf, in die alte Kirche mit der Grafengruft.

Schwer bewaffnete Polizisten bei der Eröffnung
Mit der Geschichte Westerholts kennt sich der Rentner aus, weil er von seinem Vater eine Chronik geerbt hatte, die dieser mal in Sütterlin verfasst hatte. Die Westerholter Geschichte reichte von 1876 bis 1946. Sorgfältig hatte Wener die Texte und überlieferten Bilder in eine Sammlung übertragen.
Wener kannte Graf Egon, den Großonkel des heutigen Grafen, sehr gut. Privat habe er sich auch aus dem Wald des Grafen Holz holen dürfen. Im vorderen Bereich hatte er Wildschweine, Nandus und einen Strauß gesehen. „Die Löwen haben mich nicht so interessiert“, sagt der Hobbyhistoriker. Aber dennoch finden sich Fotos von Westerholter Löwen in seiner privaten Sammlung und er erinnert sich, dass zur Löwentaufe immer sehr viele Menschen kamen.
Doch warum gab es überhaupt den Löwenpark, an den in Gelsenkirchen-Buer noch immer ein gleichnamiges Restaurant erinnert?
Der Löwenpark, den Graf Egon von Westerholt am 13. August 1968 eröffnet hatte, war ein Zoo. Auf die Idee wurde der Graf von dem damaligen Zoodirektor Ruhe gebracht, der ihm wohl von einem Pendant in Longleat, 150 Kilometer von London, berichtete - so die Chronik.
Während der Eröffnung des Löwenparks kamen mehr als 100 Gäste, um die 40 ausgesetzten Löwen zu sehen. Die Löwen schienen jedoch eher gelangweilt und reagierten nicht auf den Trubel um sie herum. Zur Sicherheit hatten Polizisten Großwildmunition dabei, aber solange die Besucher in ihren Autos blieben, bestand keine Gefahr. Das Gehege war mit vier Meter hohen Drahtzäunen und einer Sicherheitsschleuse gesichert.
20-jähriger Recklinghäuser von Löwen getötet

In dem 2,7 Hektar großen Gehege konnten Besucher mit ihren Autos oder Bussen herumfahren und 40 Löwen beobachten. Der Park zog bis 1975 etwa 1,8 Millionen Besucher an.
Im Jahr 1978 ereignete sich ein tragischer Vorfall, bei dem ein 20-jähriger Recklinghäuser nach gewaltsamem Eindringen ins Gehege von den Löwen getötet wurde. Auch darüber berichtete die Buersche Zeitung in ihrer Jubiläumsausgabe: „16 Löwen stürzten sich auf den jungen Mann. Wärter fanden am nächsten Morgen nur noch zerfetzte Kleidungsstücke und Knochen.“
Geschlossen wurde der Park schließlich 1988, als der Vertrag zwischen dem Grafen und der Stadt Gelsenkirchen auslief. Die meisten Löwen wurden an einen spanischen Zoo verkauft, um ein Einschläfern zu vermeiden.


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