Das Schwarzarbeit-Urteil gegen einen Werkstatt-Chef (42) aus Oer-Erkenschwick ist nicht rechtskräftig. Wie das Bochumer Landgericht bestätigte, hat neben der Staatsanwaltschaft auch der Hauptangeklagte Revision eingelegt. Wie geht es jetzt weiter? Und welche Rolle spielt dabei ein bislang noch unter dem Radar laufendes Gerichtsverfahren?
Nahezu sicher ist: Solange der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil vom 10. September (drei Jahre Haft) nicht rechtlich überprüft und entschieden hat, ändert sich mit Blick auf die Bewegungsfreiheit des Hauptangeklagten erst einmal gar nichts.
Der 42-Jährige bleibt weiter auf freiem Fuß. Der Haftbefehl gegen den Werkstatt-Chef war bereits im August 2023 nach knapp zwei Monaten U-Haft gegen Zahlung von 100.000 Euro Kaution zurückgestellt worden.
Nachdem sowohl der Oer-Erkenschwicker als auch ein Mitangeklagter aus Bottrop (seine Strafe: zweieinhalb Jahre Haft) fristgerecht Revision eingelegt haben, ist das weitere Vorgehen am Bochumer Landgericht jetzt an einem weiteren „Stichtag“ ausgerichtet.
Die 10. Strafkammer muss binnen neun Wochen ab Urteilsverkündung – mithin bis Mitte Dezember – das zunächst „nur“ mündlich verkündete Urteil ausführlich schriftlich begründen.
Sobald das schriftliche Urteil danach der Staatsanwaltschaft und Verteidigung vorliegt, beginnt eine neue Frist. Binnen vier Wochen ist die Revision danach schriftlich zu begründen. Über den Generalbundesanwalt gehen die Akten dann zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe.
Mit Blick auf die Zeit wird es danach allerdings vage. Denn für eine Entscheidung beim BGH gibt es keine verbindlichen Fristen. Bis der zuständige Senat entscheidet, könnte in diesem Fall womöglich sogar ein ganzes Jahr vergehen.
Die Entscheidung fällt entweder schriftlich (durch Beschluss) oder aber auch im Rahmen einer Hauptverhandlung beim BGH. Entscheidungsoptionen sind eine vollständige, eine teilweise Urteilsaufhebung oder natürlich auch eine Urteilsbestätigung.
Verletzung von Dienstgeheimnissen?
Im Zeitraum bis zur BGH-Entscheidung wird der Werkstatt-Chef aus Oer-Erkenschwick aber nach Informationen dieser Zeitung so gut wie sicher in anderer Sache am Amtsgericht Recklinghausen als Angeklagter erscheinen müssen.
Dabei geht es um den Vorwurf der Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen und Geheimhaltungspflichten.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Werkstatt-Chef vor, einen (offenbar inzwischen ehemaligen) Polizisten des Polizeipräsidiums Recklinghausen im Handychat dazu gebracht zu haben, für ihn am Dienstcomputer Halter- oder Einwohnerabfragen vorzunehmen. Auch soll dem Oer-Erkenschwicker im Vorfeld ein Blitzerstandort verraten worden sein.
In dem bevorstehenden Prozess am Amtsgericht ist auch der mutmaßlich tippgebende Polizist mitangeklagt. Der Tatverdacht soll im Anschluss an eine Auswertung des Handys des Polizisten in anderer Sache erwachsen sein.

Das Geheimnis-Verfahren birgt durchaus Brisanz: Denn eine weitere Verurteilung „zwischendurch“ kann sich der Werkstatt-Chef auf dem Weg zum von ihm erklärten Ziel, einer neuerlichen Bewährungsstrafe, kaum erlauben.
Die Verteidiger des 42-Jährigen hatten neben dem enormen Gewicht einer strafmildernden „Aufklärungshilfe“ in dem Schwarzarbeit-Komplex vor allem auch darauf abgestellt, dass die Polizei angeblich „nicht objektiv“ gegen den 42-Jährigen ermittelt haben soll.
Das jüngste „Drei-Jahre-Haft-Urteil“ ist gestützt auf systematisch verschleierte Schwarzarbeit in einer zur Überzeugung des Gerichts von dem Werkstatt-Chef „in Führungsrolle“ geleiteten Sicherungsfirma.
Der Werkstatt-Chef hatte Fehler eingeräumt („Ich habe große Scheiße gebaut“), die Hauptverantwortung aber mehr der weniger zurückgewiesen.