Werkstatt-Chef aus Oer-Erkenschwick räumt ein „Ich habe große Scheiße gebaut“

Werkstatt-Chef legt Geständnis ab: „Ich habe große Scheiße gebaut“
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Mit Geständnissen ist der „Schwarzarbeit-Prozess“ gegen einen Werkstatt-Chef (41) aus Oer-Erkenschwick und vier Mitangeklagte aus Datteln, Recklinghausen, Herten und Bottrop (70, 38, 40 und 47) fortgesetzt worden. Der Hauptangeklagte – ein Cousin des Berliner Clanchefs Abou-Chaker – überließ das Reden seinen Anwälten.

„Ich möchte zugeben, dass die Vorwürfe zu großen Teilen stimmen. Ich weiß, dass ich große Scheiße gebaut habe“, verlas Verteidiger Lars Brögeler zu Beginn der Geständniserklärung im Namen des Werkstatt-Inhabers.

Strippenzieher des Schwarzarbeit-Systems, hieß es weiter, soll ein Bekannter gewesen sein, der 2020 angeboten habe, in eine Firma für Gleissicherungsarbeiten mit einzusteigen. Diese Firma sei im großen Stil für die Deutsche Bahn tätig gewesen. Und dort würden Rechnungen „nicht wirklich“ kontrolliert.

„Es hieß, ich könnte mir eine goldene Nase verdienen“, so der Werkstatt-Chef weiter. Obwohl ihm seine Brüder abgeraten hätten, sei er am Ende weich geworden.

Mit privat geliehenem Geld (200.000 Euro) von einem Verwandten aus Berlin und einem Freund hier vor Ort habe er sich schließlich in die Firma eingekauft, Geld in Equipment investiert, den Firmensitz nach Oer-Erkenschwick verlegt.

Polizeiautos stehen bei einer Razzia vor einer Kfz-Werkstatt
Ein Großaufgebot der Polizei stand am 22. Juni 2023 vor einem Kfz-Betrieb an der Ludwigstraße in Oer-Erkenschwick. Jetzt ging der Betrugs-Prozess gegen den Werkstattbesitzer und vier Mitangeklagte in den nächsten Verhandlungstag. © Archiv

„Auf dem Papier Geschäftsführer, im Leben Laufbusche“

Um bei der mutmaßlichen „Betrugsfirma“ undercover bleiben zu können, habe er mit dem Mitangeklagten aus Datteln einen Strohmann eingesetzt. Verteidiger Edgar Fiebig beschrieb die Rolle des geständigen 70-Jährigen so: „Auf dem Papier Geschäftsführer, im Leben Laufbursche.“

Der Senior hob Bargeld vom Geschäftskonto ab, buchte darauf Gelder um, füllte die Schwarzgeld-Umschläge für die Arbeiter.

„Alles andere hat mich nicht interessiert“

Die Geschäfte hätten relativ schnell Gewinn abgeworfen. „Es lief. Alles andere hat mich nicht interessiert“, hieß es.

Im Juni 2022 dann hätte eine (erste) polizeiliche Durchsuchung das Ende der Firma besiegelt. Nach einer zweiten Razzia im Juni 2023 auf dem Gelände seiner Autowerkstatt war der Abou-Chaker-Cousin festgenommen worden.

Weil er nach der gefilmten Schießerei in Oer-Erkenschwick (2017) noch unter laufender Bewährung steht, droht dem 41-Jährigen neben einer „neuen“ Haftstrafe zudem noch der Widerruf einer „alten“ (zwei Jahre).

Die Anklage beziffert den Schaden auf mehr als zwei Millionen Euro. Durch überhöhte Rechnungen und mit Schmiergeld aufgeblähte Stundenzettel sollen mehrere Auftragsgeber, durch Schwarzarbeit die Sozialversicherungskassen, durch Scheinrechnungen die Finanzkasse finanziell geschädigt worden sein.

Auch die Mitangeklagten aus Recklinghausen, Herten und Bottrop räumten mehr oder weniger ihre Verstrickung in das Schwarzarbeit-System ein.

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