
Michael Kersting vor der Oberleitung, mit der sein Haus versorgt wird. Unbekannte zerstören diese Leitung immer wieder. © Zienau
Achtmal die Leitung zerstört: Familie Kersting ist oft tagelang ohne Internet
Vandalismus
Unbekannte zerstören immer wieder eine Oberleitung im Holzwickeder Südwesten. Das betrifft besonders Familie Kersting. Die Suche nach dem Täter ist ebenso schwierig wie die Lösung des Problems.
Wenn die kleine Warnleuchte am Router aufleuchtet, weiß Michael Kersting, dass der Unbekannte wieder zugeschlagen hat. Er weiß, dass er sich wieder mit Telekommunikationsfirmen herumschlagen und tagelang vom Netz abgeschnitten sein wird. Sein Haus ist über eine Oberleitung mit dem Internet und Telefonnetz verbunden. Und eben jene Oberleitung wird seit Jahren regelmäßig und mutwillig zerstört.
Die Kerstings wohnen in der Nähe des Emscherquellhofs im Südwesten Holzwickedes. Umgeben von Feldern und Bäumen leben sie in einer Idylle. Doch das Landleben hat auch Nachteile. Einer davon ist die Abhängigkeit von eben jener Oberleitung. Neben den Kerstings ist nur ein weiterer Haushalt auf diese Leitung angewiesen. 2018 kappte jemand zum ersten Mal die Leitung, wie der Hausherr berichtet.
Acht mal wurde die Leitung gekappt
„Wenn die Lampe am Router blinkt, wissen wir, er hat das Kabel wieder gekappt“, so Michael Kersting. „In das Spatzenhirn möchte ich gerne mal hineinleuchten.“ Insgesamt acht Mal wurde die Leitung bereits zerstört. Zuletzt in der Nacht vom 13. auf den 14. September.
Einen Modus Operandi, wie es im Kriminaljargon heißt, also eine feste Vorgehensweise, hat der Täter nicht. 2019 beim bisher schlimmsten Vorfall hatte er die Leitung zwischen sämtlichen Masten durchtrennt, die Kabelenden baumelten auf beiden Seiten herunter.

Gekappte Oberleitungen hängen von einem der Masten herunter. © privat
Andere Male begnügte er sich damit, das Kabel des Verteilerkastens zu durchtrennen. Als dieser auf Drängen Kerstings weiter nach oben verlegt wurde, demolierte der Unbekannte die Leitung und das umliegende Schutzrohr, die aus dem Boden kommen.

Mal wird auch ein Kabel, das aus dem Boden kommt zerstört, inklusive Schutzrohr. © privat
Neben der Frage nach der Identität des Täters beschäftigt Michael Kersting besonders das Motiv. „Wir haben niemandem etwas getan. Ich weiß nicht, was ihn dazu treibt.“ Eine Theorie von Kersting: Jemand möchte dem Emscherquellhof eins auswischen, ohne zu wissen, dass der Hof nicht über diese Leitung, sondern unterirdisch versorgt wird.
Den Übeltäter auf frischer Tat zu ertappen, ist nahezu unmöglich. Zum einen schlägt er im Schutze der Nacht, zwischen 23 und 3 Uhr, zu, zum anderen wohnen die Kerstings ländlich. Viel Außenbeleuchtung gibt es nicht. Und falls sich Michael Kersting mit einer Taschenlampe auf die Suche begibt, bietet das Maisfeld nebenan unbegrenzten Sichtschutz und Versteckmöglichkeiten.
Zwischen Zerstörung und Reparatur liegen im Schnitt sechs Tage
Immer wenn die Leitung gekappt wird, beginnt für die Kerstings der eigentliche Ärger. Denn bis ein Team der Telekom, der Besitzerin der Leitung, zum Reparieren ausrückt, vergehen im Schnitt sechs Tage. Sechs Tage, in denen die Kerstings von der digitalen Welt abgeschnitten sind.
Das ist besonders ärgerlich für seine Ehefrau, erklärt Michael Kersting. „Im Homeoffice ist sie aufs Internet angewiesen.“ Auf den Benzinkosten, wenn sie stattdessen ins Büro fahren muss, bleiben die Kerstings sitzen.
Michael Kersting steht im Dialog mit der Telekom. Sein Vorschlag: Die Oberleitung unter die Erde zu verlegen, wie es inzwischen allgemein üblich ist. Doch die Telekom weist die Verantwortung von sich. In einem Schriftwechsel, der der Redaktion vorliegt, teilt der Kundenservice der Telekom mit, dass für die Verlegung der Leitung eine Genehmigung der Gemeinde nötig sei, um die sich Herr Kersting bitte selbst kümmern solle.

Einmal wurde das Kabel am Mast mit Gewalt abgerissen. © privat
„Die Leitung versorgt nur zwei Häuser hier. Die denken sich bestimmt, warum soll man dann so viel Geld ausgeben?“, sagt Michael Kersting. Eine bauliche Lösung des Dilemmas liegt daher fern. Deswegen bleibt den Kerstings keine andere Möglichkeit, als jeden Morgen das Licht ihres Routers zu kontrollieren. Und, falls der Unbekannte wieder zuschlägt, sechs Tage auf den Zugang zu Internet und Telefon zu verzichten.