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Weltweite Waffenflut in die Ukraine: Wie wird überwacht, wo die Waffen am Ende landen?
Krieg gegen die Ukraine
Der Westen liefert Waffen für mehrere Milliarden Dollar an die Ukraine. Doch was passiert dort mit Maschinengewehren, Panzerfäusten und Co.? Experten warnen vor Gefahren.
Westliche Staaten haben der Ukraine Rüstungsgüter für mehrere Milliarden US-Dollar geschickt. Alleine die USA hat der Ukraine Waffen im Wert von 3,3 Milliarden Euro zugesagt, so viel wie kein anderes Land. Die Europäische Union hat Kiew 1,5 Milliarden Euro für Waffenkäufe zur Verfügung gestellt. Aus Deutschland kamen unter anderem 2500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition und 50 Raketen, heißt es aus ukrainischen Regierungskreisen. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
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„Sobald der Westen die Waffen übergibt, sind sie erst einmal weg“, so der Militärexperte Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Was mit ihnen genau passiert, kann in diesem Kriegsgeschehen kaum einer verfolgen.“ Das betont auch Alexander Graef vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg. „Es gibt zwar Seriennummern, mit denen die Waffen später identifiziert werden können. Aber es ist unmöglich, alle in die Ukraine gelieferten Waffen nachzuverfolgen.“ Der Westen sei auf die Informationen der ukrainischen Regierung angewiesen, um nachzuvollziehen, welche Wege die Waffen gehen würden.
Westliche Waffen bereits in Teilen unter russischer Kontrolle
Bereits in den vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass Waffen aus dem Westen auch zur Gefahr für die Ukraine werden können. „Wir haben schon jetzt das Problem, dass viele der gelieferten Panzerabwehrwaffen in russischen Händen auftauchen“, so Militärstratege Reisner. „Die Russen haben eigene Bedienungsanleitungen für westliche Waffensysteme herausgegeben.“ Nun setze Russland einige dieser gelieferten Waffen gegen die ukrainische Seite ein.
„So kommt es, dass zum Beispiel die britische Panzerabwehrlenkwaffe NLAW oder die deutsche Panzerfaust 3 in russischer Hand auftauchen.“ Das bestätigte auch Rüstungsexperte Graef. Zurückgelassene Waffen seien unter anderem im Donbass in die Hände der Separatisten gefallen.
Der Westen hofft mit immer neuen Waffenlieferungen darauf, dass sich die Ukrainer erfolgreich gegen Russlands Angriffe verteidigen können. „Aber berechtigterweise muss man sich die Frage stellen, ob einige der gelieferte Waffen am Ende über diverse Wege zu terroristischen Gruppierungen gelangen“, gab Militärexperte Reisner zu bedenken. Mit dieser Gefahr müsse sich der Westen mittelfristig auseinandersetzen. „Denn eines Tages könnten die Waffen aus dem Westen unsere Heimatländer bedrohen.“
Der Rüstungsexperte Graef erklärte, dass die Westwaffen für die Ukraine weltweit in Umlauf gebracht werden können. „Sie könnten auch in instabile Regionen gelangen, wie den Balkan und Nahen und Mittleren Osten“, sagte er dem RND. Vor allem transportable Waffen, wie Panzerfäuste und Ein-Mann-Flugabwehrwaffen (MANPADS) aus dem Westen, würden leicht den Weg aus der Ukraine in andere Länder finden. Javelin- und Stinger-Raketen sowie Gewehre und Munition sind schwerer zu verfolgen als größere Waffensysteme, die per Bahn transportiert wurden und auf Satellitenbildern zu sehen sind.
Viele Waffen noch Jahrzehnte nach Kriegsende im Umlauf
Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer berichtet, dass in den vergangenen Jahren immer wieder „Waffensysteme in die Hände von Rebellen und Terroristen gefallen sind“. Viele Waffen sind noch Jahrzehnte nach Kriegsende im Umlauf und werden immer wieder in anderen Konflikten eingesetzt werden. Der Krieg in Syrien habe beispielsweise gezeigt, dass sich der Einsatz gelieferter Waffen auf dem Gefechtsfeld nur sehr schwer kontrollieren lasse, so Reisner. „Aufgrund der chaotischen Situation in den Kämpfen kam es immer wieder dazu, dass Teile der Waffensysteme aus dem Westen plötzlich, auf Seiten der syrischen Armee auftauchten.“ Dies wiederhole sich jetzt in der Ukraine.
Nach dem kurzfristigen Abzug der USA-Streitkräfte aus Afghanistan fielen viele US-Waffen in die Hände der Taliban, die man zuvor mit diesen Waffen bekämpfen wollte. Zuletzt landeten auch US-Waffen für Afghanistan auf dem Schwarzmarkt. Unter ihnen sollen sich Stinger-Flugabwehrraketen der selben Bauart befinden, die jetzt von den USA an die Ukraine geliefert werden.
Der Artikel "Weltweite Waffenflut in die Ukraine: Wie wird überwacht, wo die Waffen am Ende landen?" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.