In wenigen Wochen schon öffnen die ersten Weihnachtsmärkte in NRW. Zum Bummeln zwischen den Glühwein- und Würstchenbuden, Deko- und Bastelständen gehören für viele Menschen Weihnachtslieder einfach dazu: egal, ob „Last Christmas“ (Wham) oder „Driving home for christmas“ (Chris Rea). Auch wenn die in Dauerschleife ab Mitte November überall zu hörenden Songs irgendwann nerven: Ohne sie würde auch etwas fehlen.
Genau das aber könnte in diesem Jahr vielerorts passieren. Der Grund ist: Die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“, bekannter unter der Abkürzung „GEMA“ hat vielen Weihnachtsmarkt-Veranstaltern saftige Rechnungen mit exorbitanten Preiserhöhungen geschickt. Die GEMA sorgt dafür, dass Komponisten, Texter, Musikverlage und Künstler Geld bekommen, wenn deren Lieder öffentlich gespielt werden.
Der Deutsche Städtetag berichtete gegenüber der Rheinischen Post, dass die GEMA 37 Städten für das vergangene Jahr Rechnungen mit Preiserhöhungen von mehr als 10.000 Euro geschickt habe. Magdeburg meldete beispielsweise einen Anstieg der GEMA-Gebühren von 1.750 Euro vor der Corona-Pandemie auf 101.000 Euro für 2022.
Aus Nürnberg ist zu hören, dass die Gebühr von 1500 auf 29.000 Euro angehoben wurde, in Bayreuth von 500 auf 40.000 Euro.
Die GEMA: Angaben der Veranstalter erstmals überprüft
Die GEMA bestreitet nicht, dass sie für Veranstaltungen höhere Rechnungen gestellt aber, wohl aber, dass sie ihre Preise erhöht habe. Die Tarife seien nicht erhöht worden. Und wie kommt es dann zu teils horrenden Preissprüngen?
Das erklärt die GEMA auf ihrer Internetseite so: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011 müssten die Gebühren nach zwei Kriterien berechnet werden: zum einen nach der Zahl der Besucher und zum zweiten anhand der Größe der Veranstaltungsfläche. Bemessungsgrundlage sei dabei, so der Bundesgerichtshof, nicht nur die Fläche vor der Veranstaltungsbühne, sondern die gesamte Veranstaltungsfläche, da die Musik eben nicht nur direkt vor der Bühne, sondern weit darüber hinaus zu hören sei.
Die GEMA berichtet, dass sie seit dem Urteil nach diesen Kriterien auch abgerechnet habe, allerdings: „In der Vergangenheit haben wir auf Basis der von den Kundinnen und Kunden gemeldeten Nutzungsflächen lizenziert. Wir haben uns auf korrekte Angaben verlassen und keine Prüfung vorgenommen.“ Jetzt habe man das geändert und beispielsweise anhand von „Google maps“ selbst Berechnungen der Veranstaltungsflächen vorgenommen.
„Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt. Schon aufgrund der Gleichbehandlung aller Kundinnen und Kunden haben wir diese Diskrepanz bei der Berechnung der Lizenzhöhe berücksichtigt. Daher ist es in Einzelfällen zu Steigerungen der Lizenzkosten gekommen“, so die GEMA. „Einzelfälle“ bedeutet: Von mehr als 3.300 verschickten Rechnungen seien rund 135 reklamiert worden.
Dortmund: „In der Weihnachtsstadt gibt es keine Musik“
Noch ist unklar, in wie vielen Städten aufgrund von Gebührensprüngen auf den Weihnachtsmärkten in diesem Jahr auf das Abspielen der Weihnachtshits verzichtet wird.
In der Weihnachtsstadt Dortmund wird sich jedenfalls nichts ändern, sagt Verena Winkelhaus, die Geschäftsführerin des Veranstalters, dem Markt- und Schausteller-Verband Westfalen: „Bei uns in der Weihnachtsstadt gibt es keine Musik“.
In Dortmund spiele nur am Wochenende ein Trompeter: „Der spielt nur traditionelle Weihnachtslieder, die GEMA-frei sind.“ Zudem spielten Bläser täglich ab 17 Uhr an der Reinoldikirche. Die aber seien nicht vom Markt- und Schaustellerverband verpflichtet.
Im Übrigen dürften die einzelnen Händler und Anbieter an ihren Ständen auch keine Musik spielen: „Da lässt keiner Musik laufen. Dazu haben sie sich vertraglich verpflichtet und wenn jemand dagegen verstößt, verteilen wir Abmahnungen“, sagt Verena Winkelhaus.
Am Donnerstagmorgen (12. Oktober) warb der Schaustellerverband um kurz vor 9 Uhr auf der Werbeseite für die „Dortmunder Weihnachtsstadt 2023“ noch mit dem Satz „Der Duft von Bratwurst und gebrannten Mandeln zieht durch die Luft und die Musik lässt dich in eine traumhafte Welt eintauchen.“ Das sei dann wohl ein Fehler, sagte Verena Winkelhaus. Eine Stunde später, um 9.50 Uhr, waren die Worte „die Musik“ verschwunden.
Das gilt auf dem Weihnachtsmarkt in Münster
In Münster sieht es übrigens ähnlich aus. Dort werde schon seit Jahren keine Musik mehr gespielt, für die GEMA-Gebühren gezahlt werden müssten, berichtet Jan Policnik vom Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Münster. Man habe das durchgerechnet. „Wir hätten mehrere zehntausend Euro bezahlen müssen, deshalb gibt es solche Musik bei uns nicht.“
Auch die Händler und Betreiber etwa der Kinderkarussells dürften ausschließlich Musik abspielen, die GEMA-frei sei. „Dazu haben wir entsprechende Listen verteilt – auch an Künstler, die während des Weihnachtsmarktes dort auftreten“, sagt Jan Policnik.
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