Ein älterer Herr spaziert mit einem Gehstock durch die Straße.

Am 1. Juli soll die Rente erhöht werden. Wichtige Informationen dazu im Überblick. © picture alliance/dpa

Was Sie über die Rentenerhöhung wissen sollten

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Am 1. Juli ist es so weit: Die Renten werden deutlich erhöht. Gleichzeitig wird das Plus von der Inflation aufgefressen. Fünf Dinge, die Sie über Ihre Rentenerhöhung wissen müssen.

Berlin

, 15.06.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Rentenerhöhung kommt am 1. Juli. Dann steigen im Westen die Renten um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent. Im Detail aber ergeben sich immer wieder Fragen, ob zur Grundrente oder zur Erwerbsminderungsrente. Fünf Dinge, die Sie über die Rentenerhöhung wissen müssen.

1. Bedanken oder beschweren? Beides ist sinnlos. Die Rentenerhöhung wird berechnet und hat viel mit der Lohnentwicklung im Vorjahr zu tun.

Die Rentenerhöhung ist nicht wie eine Lohnerhöhung, bei der ein Chef sich überlegen kann, ob er mehr oder weniger großzügig sein will. Wie die Rentenerhöhung ausfällt, ergibt sich aus feststehenden Regeln. Gerechnet wird dabei zwar mit einer höchst komplizierten Formel, aber, grob gesagt, gilt: Bei den Renten wird stets die Lohnentwicklung des Vorjahres nachvollzogen. Sind die Löhne stark gestiegen, profitieren im Jahr darauf vergleichbar auch die Rentnerinnen und Rentner. So sollen Renten und Löhne im Gleichklang bleiben.

Das hat sich im Prinzip bewährt, heißt aber auch, dass es in der Rentenversicherung keinen Reaktionsmechanismus gibt, wenn – wie momentan – plötzlich die Preise sehr stark steigen. Das heißt nicht, dass die Politik in einem solchen Fall nicht helfen kann. Der gangbare Weg ist, die Menschen im Ruhestand stark in den Entlastungspaketen zu berücksichtigen, die von der Bundesregierung als Reaktion auf hohe Energiepreise und Inflation geschnürt worden sind. Viele kritisieren, die Rentner seien hier zu kurz gekommen. Ob, wann und wie noch mal nachgebessert wird, ist aber unklar.

2. Diese Rentenerhöhung ist generationengerecht zustande gekommen

Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula Roßbach, spricht von „einer der höchsten Rentenanpassungen in Deutschland seit Einführung der Rentenversicherung“. Das ist, jenseits von den Problemen mit der Inflation, sachlich korrekt. Allerdings wäre die Rentenerhöhung noch etwas höher ausgefallen, wenn die Ampel-Koalition nicht noch eine bestimmte Maßnahme in ihr Rentenpaket aufgenommen hätte: Sie hat den Nachholfaktor wieder eingeführt, den die große Koalition ausgesetzt hatte.

Worum geht es dabei? Die Rente orientiert sich, wie beschrieben, immer an der Lohnentwicklung des Vorjahres. Das bedeutet, dass in Folge einer schweren Wirtschaftskrise rechnerisch auch ein Minus bei der Rente fällig sein kann. Um die Menschen davor zu schützen, gibt der Staat eine Rentengarantie. Damit schließt er Rentenkürzungen aus.

Ursprünglich galt einmal die Regel, dass – wenn die Rentengarantie greift – im Gegenzug künftige Rentenerhöhungen geringer ausfallen. Die große Koalition hat diese Regel ausgesetzt, die Ampel kehrt jetzt zu ihr zurück. Als Folge der Corona-Krise hat es im Jahr 2021 für Rentner und Rentnerinnen eine Nullrunde gegeben – nur die Rentengarantie hat eine Kürzung verhindert. Mit dem wiedereingeführten Nachholfaktor fällt die Rentenerhöhung jetzt etwas geringer aus. In der Logik der Rentenversicherung ist das ein fairer Ausgleich zwischen den Generationen.

3. Wer viele Jahre gearbeitet hat und eine geringe Rente bekommt, kann auf einen Grundrentenzuschlag hoffen.

Mit der Grundrente sollen die Altersbezüge von Menschen aufgebessert werden, die lange gearbeitet haben, aber trotzdem nur eine geringe Rente bekommen. Obwohl das Gesetz seit 1. Januar 2020 gilt, braucht die Rentenversicherung noch bis Ende 2022, bis sie alle Versicherten daraufhin geprüft hat, ob sie einen Anspruch haben. Das liegt auch daran, dass das Gesetz zur Grundrente kompliziert ist.

Die Grundrente ist ein Zuschlag zur Rente, der individuell berechnet wird. Infrage kommt, wer mindestens 33 Jahre Beiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflege aufweisen kann – und dabei weniger als 80 Prozent des Durchschnittsgehalts aller Versicherten verdient hat.

Für die Berechnung der Grundrente werden aber auch wiederum nur Jahre herangezogen, in denen der Beschäftigte mindestens 30 Prozent des Durchschnittsgehalts verdient hat. Die volle Grundrente gibt es nur mit mindestens 35 Beitragsjahren, ab 33 Jahren geht es gestaffelt los. Um Ungerechtigkeiten zu vermeiden, wird ab einem bestimmten Punkt auch Einkommen angerechnet. Am Ende dieses Verfahrens kann ein individueller Zuschlag zur Rente stehen. Diejenigen, bei denen das so ist, erhalten voraussichtlich bis Ende 2022 einen Bescheid. Gezahlt wird dann aber rückwirkend zum 1. Januar 2020. Die Prüfung läuft. Niemand muss bei der Rentenversicherung einen Antrag stellen – er würde auch nichts beschleunigen.


4. Die beschlossenen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente betreffen nicht alle – und sie kommen erst später.

Die Erwerbsminderungsrente soll diejenigen schützen, die wegen Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr arbeiten können. Im vor kurzem beschlossenen Rentenpaket gibt es auch hier Verbesserungen. Sie gelten aber nicht für alle und treten erst in zwei Jahren in Kraft, also zum 1. Juli 2024.

Wichtig bei der Erwerbsminderungsrente ist die sogenannte Zurechnungszeit. Durch sie werden Renten wegen Erwerbsminderung so berechnet, als ob die betroffenen Menschen nach Eintritt der Erwerbsminderung weitergearbeitet hätten. In der Vergangenheit hatte es hier Verbesserungen gegeben, von denen damals jeweils die Neurentner profitierten, nicht aber die Bestandsrentner. Das soll nun nachgeholt werden.

Für diejenigen, die zwischen 1. Januar 2001 und 30. Juni 2014 in die Erwerbsminderungsrente eingetreten sind, wird es ab Mitte 2024 deshalb einen pauschalen Zuschlag von 7,5 Prozent geben. Für diejenigen, bei denen der Erwerbsrentenbeginn zwischen 1. Juli 2014 und 31. Dezember 2018 liegt, sollen es 4,5 Prozent sein.

Viele frühere Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner befinden sich bereits im Altersrentenbezug. Deshalb werden bei der geplanten Verbesserung auch laufende Altersrenten berücksichtigt, bei denen zuvor eine Erwerbsminderungsrente mit einem Rentenbeginn in der Zeit von 2001 bis 2018 gewährt wurde.

5. Die Rente bleibt eine Baustelle – in den kommenden Jahren tut sich aber erst mal nicht so viel.

Mehr alte Menschen, und nicht so viele junge, die in die Rentenkasse einzahlen: dieser demografische Wandel stellt die Rentenkasse vor große Herausforderungen. Für die kommenden Jahre ist das System, wenn auch mit hohen Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt, allerdings noch sehr stabil. Die Ampel-Koalition hat sich im Koalitionsvertrag nicht auf wirklich große Reformen verständigt – auch, weil die beteiligten Parteien sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. In der kommenden Legislaturperiode wird der Reformdruck dann größer sein.

RND

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