Junge, kinderreiche Familien bekommen Bauland in Kamen bevorzugt. Wirtschaftsförderin Ingelore Peppmeier hat nun ein Punktesystem für den Verkauf begehrter Grundstücke in Methler vorgelegt.
Alleinstehend: Null Punkte. Ehepaare und Alleinerziehende: 10 Punkte. Ein Kind: 10 Punkte. Der Verkauf von städtischen Wohnbaugrundstücken in Kamen wird künftig an ortsbezogene und soziale Kriterien geknüpft, die in Form von Bonuspunkten honoriert werden. Das Ziel ist es, Grundstücke bevorzugt an Privatleute aus der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen mit Kindern sowie an pflegebedürftige und behinderte Menschen zu vergeben. Wer die meisten Punkte vorweisen kann, hat die besten Chancen auf den Zuschlag für das Grundstück.
Wirtschaftsförderin Ingelore Peppmeier hat den Entwurf für das Punktesystem jetzt den Ratsfraktionen übermittelt. Es bezieht sich auf den anstehenden Verkauf von 21 Grundstücken im neuen Baugebiet am Pastoratsfeld in Methler, könnte aber später auch in weiteren Baugebieten zur Anwendung kommen. Der Grundstückspreis von 285 Euro pro Quadratmeter war bereits im Februar vom Wirtschaftsausschuss festgelegt worden. Das nun folgende Vergabesystem soll nächste Woche im Rat beschlossen werden. Eine Rechtsanwaltskanzlei hat es vorab als rechtskonform abgesegnet.
Ortsbezogene Kriterien
Bauherren sammeln Punkte nach ortsbezogenen und sozialen Kriterien, wobei maximal 30 Punkte für ortsbezogene und maximal 50 Punkte für soziale Kriterien gewertet werden. Das Ausüben eines Ehrenamts hingegen nützt Interessenten nichts. Dafür gibt es keine Punkte – anders als in Städten wie Münster, die Kamen bei der Entwicklung des Verfahrens als Vorbild dienten.
Bauherren nützt es, wenn sie in Kamen wohnen oder dort früher gewohnt haben. Ortsbezogene Kriterien sind die Zeitdauer seit Begründung des Hauptwohnsitzes in Kamen, der frühere Hauptwohnsitz und die Zeitdauer seit Begründung der Arbeitsstätte in Kamen (jeweils mindestens fünf Punkte). Bevorzugt werden Menschen, die „bereits ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt Kamen haben und daher bereits eine besondere Bindung an die Stadt aufweisen und in die Bevölke-rung integriert sind“ sowie Menschen, „die bereits längere Zeit in Kamen gelebt haben und hier sozial verwurzelt sind, die aber bspw. für eine Ausbildungszeit oder einen beruflichen Abschnitt die Stadt verlassen haben und als junge Familie zurückkehren...“

Die Erschließungsarbeiten für die sogenannte Klimaschutzsiedlung laufen. © Stefan Milk
Soziale Kriterien
Singles haben eine schlechtere Ausgangsposition als Familien mit Kindern. Soziale Kriterien sind Familienstand (z. B. zehn Punkte für Eheleute), Kinder (zehn Punkte jeweils für die ersten beiden Kinder, zwölf für jedes weitere), derzeitige Wohnverhältnisse (beengte Räume = fünf Punkte), Pflegebedürftigkeit und Behinderung (je fünf Punkte). „Durch die Anwendung der Vergabekriterien sollen insbesondere junge und kinderreiche Familien und Haushalte mit pflegebedürftigen oder behinderten Angehörigen einen vorrangigen Zugang zu einem Baugrundstück erhalten sowie Personen, die in beengten Wohnverhältnissen leben“, heißt es in dem Papier.
Der Entwurf, der der Redaktion vorliegt, enthält fünf Berechnungsbeispiele.
- Ein Ehepaar lebt seit zehn Jahren in Kamen und hat zwei Kinder. Beide Partner arbeiten nicht in Kamen. Sie kommen zusammen auf 50 Punkte.
- Eine Kamener Familie hat ein Kind. Ein Partner lebt seit 30 Jahren und einer seit 20 Jahren in Kamen. Beide Partner arbeiten nicht in Kamen. Sie kommen auf 40 Punkte.
- Eine Kamener Familie hat drei Kinder. Ein Partner lebt seit 30 Jahren und einer seit 15 Jahren in Kamen. Ein Partner arbeitet seit zehn Jahren in Kamen. Ein Kind ist behindert mit einem Grad von 80 Prozent. Diese Konstellation bringt 77 Punkte
- Ein auswärtiges Ehepaar hat zwei Kinder und eine pflegebedürftige Haushaltsangehörige (Pflegegrad 3), die seit mindestens zwei Jahren zum Haushalt gehört. Dies ergibt 35 Punkte.
- Ein auswärtiges Ehepaar hat drei Kinder, ein Kind ist behindert mit einem Grad von 80 Prozent und die bisherige Wohnsituation gilt als unangemessen. Dies ergibt 52 Punkte.
Bewerberfeld fast halbiert
Die Chancen, eines der 21 städtischen Baugrundstücken in Methler zu bekommen, haben sich etwas verbessert. Von den 316 Bewerbern, die Ende Januar gezählt wurden, sind bis Mitte April 173 übrig geblieben, nachdem die Stadt Kamen alle angeschrieben und auf die Besonderheiten der Klimaschutzsiedlung hingewiesen hat. Von ursprünglich 152 Bewerbern aus Kamen seien noch 93 Bewerber weiterhin interessiert; von 143 auswärtigen Bewerbern seien noch 80 übrig, heißt es im Entwurf einer Beschlussvorlage für den Stadtrat, der der Redaktion vorliegt.
Entscheidung am 29. April im Stadtrat
Nach Beratungen in den Fraktionen soll der Stadtrat die Vergabekriterien am 29. April beschließen (öffentliche Sitzung, 17 Uhr, Stadthalle). Die Stadtverwaltung wird anschließend die Grundstücksvergabe und die Vergabekriterien öffentlich bekanntmachen und eine Bewerbungsfrist setzen. Die Bewerber bekommen einen Fragebogen, und nach Auswertung erfolgt die Vergabe der Grundstücke.
Jahrgang 1973, aufgewachsen im Sauerland, wohnt in Holzwickede. Als Redakteur seit 2010 rund ums Kamener Kreuz unterwegs, seit 2001 beim Hellweger Anzeiger. Ab 1994 Journalistik- und Politik-Studium in Dortmund mit Auslandsstation in Tours/Frankreich und Volontariat bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund, Lünen, Selm und Witten. Recherchiert gern investigativ, zum Beispiel beim Thema Schrottimmobilien. Lieblingssatz: Der beste Schutz für die liberale Demokratie ist die Pressefreiheit.
