Gefühlt sind die Streiks der EVG bei der Deutschen Bahn gerade erst vorbei, da kommen die nächsten Probleme auf Zugreisende zu. Der Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Bahn ist Ende Oktober ausgelaufen.
Nach dem ersten Verhandlungstermin für einen neuen Vertrag am 9. November hat die GDL nun am 14. November angekündigt, dass ihre Mitglieder die Arbeit niederlegen wollen. Das geht aus einer Mitteilung der Deutschen Bahn hervor.
Wann wird gestreikt?
Zunächst soll es sich dabei nur um einen eintägigen Warnstreik vom 15. November, 22 Uhr, bis 16. November, 18 Uhr handeln. Der nächste Verhandlungstermin zwischen Bahn und GDL ist für den 16. und 17. November angesetzt. Das erste Tarifangebot der Bahn hatte die GDL bereits angelehnt.
Verkehrsminister Wissing appellierte noch vor der Ankündigung des Streiks an beide Parteien es nicht zu einem Streik über die Weihnachtszeit kommen zu lassen. „Weihnachten gilt als die Zeit des Friedens – darüber sollten sich alle Tarifparteien Gedanken machen“, sagte er der Funke-Mediengruppe.
Gibt es einen Notfallfahrplan? Welche Züge sind betroffen?
Durch den Streik werden große Teile des Zugverkehrs in Deutschland stillstehen. Das betrifft nicht nur die Nah- und Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn, sondern auch weitere Eisenbahnunternehmen, deren Angestellte von der GDL vertreten werden. Laut Claus Weselsky vertrete die GDL mittlerweile rund 40.000 Arbeitnehmende.
Die Deutsche Bahn arbeitet an einem Notfallfahrplan. „Es wird ein Streikfahrplan bereitgestellt, dieser sichert allerdings nur ein sehr begrenztes Grundangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn Verkehr der DB“, heißt es auf dem X-Kanal des Konzerns.
Der GDL-Streik verursacht vom 15.11. abends bis einschließlich 16.11. bundesweit massive Beeinträchtigungen des Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehrs der DB. Bitte verschiebt Eure Reise. Aktuelle Informationen auf https://t.co/rnaSSELCgU
— Deutsche Bahn Personenverkehr (@DB_Bahn) November 14, 2023
Demnach sollen besonders lange Züge eingesetzt werden, zum Beispiel ein rund 376 Meter lange XXL-ICE mit 918 Sitzplätzen. Die langen Fernzüge sollen auf den nachgefragtesten Strecken eingesetzt werden, unter anderem Hamburg über Köln, Frankfurt und Stuttgart nach München.
Trotzdem könnten mit diesem Notfallfahrplan wohl nur 20 Prozent der im Fernverkehr planmäßig fahrenden Züge ersetzt werden. Die Bahn ruft dazu auf, für den Streikzeitraum geplante Reisen zu verschieben. Alle Betroffenen, die ihre Reise aufgrund des Streiks verschieben möchten, könnten ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen, erklärt die Bahn in einer Mitteilung. Die Zugbindung sei aufgehoben.
Das Ticket gelte für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen könnten kostenfrei storniert werden. Zudem hätten Betroffene auch die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen und bereits im Laufe des Mittwochs früher als ursprünglich gebucht zu fahren. Bei grenzüberschreitende Verbindungen könnte es weniger Probleme geben, da hier ausländische Lokführerinnen und Lokführer eingesetzt werden sollen.
Bahn geht nicht auf Forderungen zur Arbeitszeit ein
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hatte sich bereits im Vorfeld zu den GDL-Forderungen geäußert. Diese seien „unerfüllbar“ und würden die „Personalkosten um über 50 Prozent“ steigern. Auf eine der Kernforderungen der Gewerkschaft, nämlich eine Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichbleibender Bezahlung, ging die Bahn in ihrem ersten Angebot an die GDL auch nicht ein. GDL-Chef Weselsky hatte bereits Mitte Oktober angekündigt, auch nicht vor unbefristeten Streiks zurückzuschrecken.
Bei den letzten Tarifverhandlungen zwischen GDL und Bahn war erst unter der Vermittlung von CDU-Politiker Daniel Günther und SPD-Politiker Stephan Weil eine Lösung gefunden worden. Damals hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer schon bewiesen, dass sie bei Streiks nicht zimperlich ist. Für die Arbeitsniederlegungen während der Corona-Pandemie wurde sie von einigen Seiten heftig kritisiert.
Gewerkschaft lehnt Friedenspflicht bis Weihnachten ab
Die Bahn hatte der GDL in der ersten Verhandlungsrunde eine Friedenspflicht bis Weihnachten vorgeschlagen. Dafür sollen die Mitarbeitenden „im Gegenzug noch im Dezember 1500 Euro Inflationsausgleichsprämie erhalten“, versprach die DB. Diesen Vorschlag habe die Gewerkschaft jedoch abgelehnt, erklärte die Deutsche Bahn.
Die GDL bleibt demnach bei ihren Forderungen und will für ihre Mitglieder unter anderem mindestens 555 Euro mehr pro Monat und eine Inflationsausgleichsprämie. Außerdem soll die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeitende ohne Lohnminderung von 38 auf 35 Stunden abgesenkt werden. Für Weselsky selbst wird es die letzte Verhandlungsrunde als GDL-Vorsitzender sein. Er will seinen Posten 2024 an Mario Reiß, seinen bisherigen Stellvertreter, übergeben.
Was ist, wenn mein Zug wegen eines Streiks ausfällt?
Wenn sich eine Verspätung von mehr als 60 Minuten abzeichnet, können Reisende von der Fahrt absehen und die Rückerstattung des Fahrpreises verlangen oder die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt auch mit geänderter Streckenführung durchführen. Wenn ein Fernverkehrszug mehr als 60 Minuten Verspätung hat, müssen Bahnreisende zudem kostenlos Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Rahmen angeboten werden, wo dies möglich ist.
Die Deutsche Bahn gibt bei Streiks außerdem zumeist Kulanzregeln bekannt: Reisende können ihre gebuchten Tickets, die in einen Streikzeitraum fallen, dann flexibel auch an anderen Tagen nutzen. Teilweise hebt die Bahn auch die Zugbindung für gebuchte Fahrkarten auf. Du kannst dann einfach in jeden Zug einsteigen, der zu deinem Ziel fährt.
Bahnstreik: Welche Rechte habe ich?
Die Möglichkeit, kostenfrei zu stornieren, besteht im Falle eines Streiks auch immer. Zudem ermöglicht die EU-Fahrgastverordnung VO (EG) Nummer 1371/2007, bei Verspätungen oder Zugausfall, sich je nach Verspätungsrahmen einen Teil des Fahrpreises zurückzuholen. Mehr als 60 Minuten reichen für einen Anspruch auf 25 Prozent Erstattung, bei mehr als 120 Minuten sind es 50 Prozent.
Falls deine geplante Ankunft wegen des Streiks zwischen 0 und 5 Uhr nachts liegt und ein alternativer Zug dich erst mindestens 60 Minuten später ans Ziel bringen würde, kannst du möglicherweise auf Kosten der Bahn ein Taxi nehmen. Ebenfalls, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und du dein Ziel bis 0 Uhr nicht anders erreichen kannst. Erstattet werden jedoch maximal 80 Euro, wie die Verbraucherzentrale erklärt.
Wer überhaupt nicht an sein Ziel kommt, muss im schlimmsten Fall in einem Hotel übernachten. Die DB muss Reisenden dann eine Unterkunft besorgen und den Weg dorthin sowie am nächsten Tag zurück zum Bahnhof organisieren. Wer sich selbst ein Hotelzimmer buchen will, sollte das in jedem Fall vorher mit der Bahn absprechen – dann kann die Rechnung dafür auch später eingereicht und erstattet werden.
Welche Alternativen haben Reisende während des Streiks?
Alternativ zu den Zügen der DB kannst du auch mit anderen Anbietern in den Urlaub fahren, beispielsweise mit Flixtrain. Wenn die Deutsche Bahn nicht wie beschrieben deine Taxikosten übernimmt, kannst du auch selbst nach einem Taxi suchen, dafür stehen dir inzwischen verschieden Taxi-Apps zur Seite, beispielsweise Uber oder Free Now.
Fernbus zu fahren ist für Reisende eine willkommene Alternative, um an Streiktagen doch noch ans Ziel zu kommen. Bei Anbietern wie Flixbus steigt die Nachfrage dann deutlich und entsprechend steigen für gewöhnlich auch die Preise. Daher sollten Reisende schnell sein, wenn sie ein Ticket buchen wollen.
Wenn alle Stricke reißen und die Züge ausfallen, scheint das eigene Auto die rettende Alternative zu sein. Denk aber daran, dass gerade zur Weihnachtszeit Deutschlands Autobahnen besonders voll werden und Staus die Fahrt verzögern können. Für diejenigen, die kein eigenes Auto haben, ist ein Mietwagen die Lösung, um doch noch am Ziel anzugelangen. Mögliche Optionen sind Europcar, Movacar und Carsharing-Angebote von Sixt. Feiertage und Streiks sind allerdings keine gute Kombi, was die Preise angeht.
Um Kosten zu sparen, bietet es sich an, Fahrgemeinschaften zu bilden. Es gibt unter anderem verschiedene Onlineplattformen, auf denen Reisende Fahrgemeinschaften finden können. Beispiele dafür sind Mitfahrzentralen wie bessermitfahren.de, BlaBlaCar, mitfahrgelegenheit.de oder flinc.org. Auf diesen Plattformen können Fahrerinnen und Fahrer ihre Fahrten anbieten und Mitfahrende können nach passenden Angeboten suchen.
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