Sex-Übergriff im Park? Waltroper Pieper-Dieb droht Unterbringung „Es eskalierte immer wieder“

„Es eskalierte immer wieder“: Stadtbekannter Unruhestifter vor Gericht
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Nach einer Serie von Diebstählen und Gewaltausrastern in Waltrop prüft das Bochumer Landgericht jetzt die Anordnung einer der schärfsten Sicherungsmaßregeln gegen einen stadtbekannten Unruhestifter aus Waltrop. Im Anschluss an einen mutmaßlichen Sex-Übergriff wurde der 37-Jährige im Juni bereits vorläufig in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht.

Bei dem Beschuldigten handelt es sich augenscheinlich um den aggressiven Seriendieb, der in der Waltroper Fußgängerzone schon seit Jahren ein Klima der Angst verbreitet. Und der zeitweise tagaus tagein insbesondere bei der Waltroper Filiale der Parfümerie Pieper massiv für Unruhe gesorgt hat.

Die Leiterin hatte im Frühjahr gegenüber dieser Redaktion ihre gefühlte Hilf- und Ratlosigkeit nach mehr als 30 Vorfällen und Strafanzeigen wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs gegen immer denselben Mann beklagt. „Warum läuft der noch frei rum?“, hatte die Filialleiterin offen gefragt.

Fakt ist: Am 10. Juni wurde der Beschuldigte vorläufig festgenommen und sofort in die forensische Psychiatrie nach Lippstadt-Eickelborn überstellt.

Bereits am 10. Mai war im Anschluss an die Flut von Strafanzeigen von mehreren betroffenen Waltroper Händlern ein so genannter Unterbringungsbefehl erlassen worden.

22 Verfahren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt

Ein Haftbefehl und ein Gefängnisaufenthalt kamen nicht infrage. Denn der Waltroper gilt seit Jahren aufgrund einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie-Erkrankung als absolut schuldunfähig.

Von seinen insgesamt 23 Eintragungen im Strafregister sind die letzten 22 Verfahren seit Dezember 2021 deswegen eingestellt worden.

Westfälisches Zentrum für forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn
Der Beschuldigte aus Waltrop ist seit Juni 2024 im Westfälischen Zentrum für forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn (Bild) untergebracht. © picture-alliance / dpa

Zehn Tage vor seiner Festnahme im Juni soll der aggressive Unruhestifter nachts im Moselbachpark aus einem Hinterhalt heraus eine Frau aus Waltrop attackiert haben. Laut Staatsanwaltschaft befand sich die Frau gegen 0.30 Uhr zu Fuß auf dem Heimweg, nachdem sie zuvor aus Dortmund kommend am Waltroper Rathaus aus einem Bus gestiegen war.

Der Beschuldigte soll die Frau erst gegen einen Steinpoller geschubst, sie danach auch noch gegen eine Metallbank gestoßen haben. Dort soll der 37-Jährige die verzweifelt um sich schlagende Frau mit einer Hand gepackt und mit der anderen Hand an intimen Stellen berührt haben.

Nur aufgrund der dauernden Gegenwehr soll der 37-Jährige von der Waltroperin abgelassen haben. Wie es vor Gericht hieß, litt die Frau anschließend wochenlang an Schlafstörungen und Angstzuständen.

Neben diesem Zwischenfall - juristisch eingestuft als sexuelle Belästigung - hat die Staatsanwaltschaft in dem Sicherungsverfahren vor der 12. Strafkammer auch zahlreiche Ladendiebstähle inklusive Bedrohungen, Zerstörungen und Gewalt aufgelistet.

Als Tatorte werden neben der Parfümerie Pieper auch die Bäckerei Büsch und die Rossmann-Filiale genannt. Überall hatte der Beschuldigte Hausverbot. Mal geht es um Würfe mit einer zuvor gestohlenen Fanta-Flasche, mal um Rangeleien, mal um unflätige Beleidigungen („Penner“).

Allein in der Parfümerie Pieper soll der aggressive Seriendieb Düfte im Wert von rund tausend Euro mitgehen lassen haben.

Der Betreuer des Beschuldigten berichtete vor Gericht davon, dass der 37-Jährige in den letzten Jahren immer mal wieder für sechs Wochen gestützt auf das PsychKG (Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) in einer psychiatrischen Klinik untergebracht gewesen sei.

„Es eskalierte immer wieder, wenn er paranoid war und aus seinem Wahnsystem nicht mehr rauskam“, sagte der Zeuge. „Es gab dann immer wieder die Verpflichtung, ihn unterzubringen.“

Dazu muss man wissen: Anders als die nun von der Staatsanwaltschaft angestrebte, auf Straftaten gestützte Unterbringung im Maßregelvollzug (§ 63 Strafgesetzbuch) stellten die bisherigen Einweisungen nach dem PsychKG immer „nur“ eine begrenzte Schutzmaßnahme zur akuten Krisenbewältigung dar.

Der Betreuer berichtete weiter, dass der 37-Jährige erkennbar unter Verfolgungswahn und Halluzinationen gelitten, er ihn nicht nur einmal in völlig verwahrlostem Zustand vorgefunden habe.

Erschwerend hinzugekommen sei ein exzessiver, stets von Diebstählen finanzierter Drogenmissbrauch und eine störrische Uneinsichtigkeit mit Blick auf eine Medikamenteneinnahme. „Ich bin mir sehr oft macht- und hilflos vorgekommen“, so der Zeuge. „Er hat alles abgelehnt.“

Gefahr für die Allgemeinheit?

Die Bochumer Richter prüfen nun, inwieweit künftig von dem Waltroper infolge seines Zustandes erhebliche weitere rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Und inwieweit er prognostisch als „gefährlich für die Allgemeinheit“ einzustufen und zum Schutz in ein forensisch-psychiatrisches Krankenhaus einzuweisen ist.

Grundsätzlich gilt: Ladendiebstähle alleine genommen begründen wohl so gut wie sicher noch keine „Gefahr für die Allgemeinheit“.

Ebenso grundsätzlich gilt: Wird diese auf unbestimmte Zeit angelegte Sicherungsmaßregel einmal verhängt, kann eine Entlassung nur angeordnet werden, wenn nach Sachverständigengutachten davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte ungefährlich ist und nicht wieder straffällig wird.

Laut seines Betreuers soll der Waltroper auch schon einmal eine ältere Dame mit Rollator umgerissen haben. Zudem war angeblich in seinem Wohngruppen-Zimmer unter seinem Kopfkissen auch schonmal ein langes Messer entdeckt worden.

Für das Verfahren sind aktuell noch Verhandlungstage bis zum 5. Dezember anberaumt.