Wer glaubt, der jetzige Wintereinbruch sei hart, der erinnert sich vielleicht noch an das Schnee-Chaos 2005 im Münsterland. Doch der Schneesturm 1978 war eine regelrechte Katastrophe in NRW.

NRW

, 11.02.2021, 16:57 Uhr / Lesedauer: 2 min

Während des regnerischen Weihnachtsfestes 1978 ahnt niemand, was sich da über ihm zusammenbraut. Ein gewaltiger Schneesturm rast auf den Norden und Westen zu. Am Ende sterben 22 Menschen.

Für unsere Breiten hatte es 1978 typisches Weihnachtswetter gegeben. Kein Schnee, um die 8 Grad, Schmuddelwetter. Jeder kennt das, keiner mag es. Unterm Christbaum kommt keiner auf die Idee, dass da von Norden her ein verheerendes arktisches Ungewetter auf unser Land zurast. Er sollte zu einer der schlimmsten Schneekatastrophen werden, die Deutschland je erlebt hat.

Besonders betroffen ist Norddeutschland, aber auch das Münsterland und das Ruhrgebiet spüren, was es heißt, von einem Schneesturm getroffen zu werden. Am Ende haben in West- und Ostdeutschland 22 Menschen ihr Leben verloren, der Schaden wird allein in der damaligen Bundesrepublik mehr als 140 Millionen Mark betragen. 40 Jahre ist das jetzt her.

Der Zusammenprall der Luftmassen

Über Europa hatten sich in diesen Tagen gewaltige Temperaturunterschiede aufgebaut. Über Skandinavien lag ein stabiles Hochdruckgebiet mit Temperaturen unter minus 40 Grad, über dem Rheinland lag ein Tiefdruckgebiet mit zweistelligen Plus-Temperaturen. Als die beiden Gebiete über der Ostsee zusammenstießen, war das der Auftakt zu einem beispiellosen Chaos.

Am Vormittag des 28. Dezember regnet es in Schleswig-Holstein noch, mittags setzt von Norden her Schneefall ein. Innerhalb weniger Stunden sinkt das Thermometer um 20 Grad von zweistelligen Plus- auf zweistellige Minusgrade. Aus dem Schneegestöber, das sich nach und nach gen Süden ausbreitet, wird ein ausgewachsener Schneesturm mit Windstärken bis zu 100 Kilometern. Fünf Tage soll er tosen.

Mit Panzern werden Eingeschlossene geborgen

Die Ostsee friert an einigen Stellen innerhalb weniger Stunden zu, eine Sturmflut schichtet das Eis in den Häfen zu unpassierbaren Hürden auf. Die Folgen sind verheerend. Der Sturm türmt den Schnee zu Wehen von bis zu fünf, sechs Metern auf. In Norddeutschland kommt der Straßen- und Bahnverkehr vollständig zum Erliegen, vielerorts fallen Strom- und Telefonleitungen aus, Eispanzer haben sich über die Kabel gelegt. Auf Autobahnen und Bundesstraßen stecken Autofahrer stundenlang in ihren eingeschneiten Autos fest. Die Bundeswehr rückt mit Panzern aus, um Straßen freizuräumen und Eingeschlossene zu bergen.

Der Verkehr auf den Autobahnen im Norden kam zum Erliegen. Die Insassen steckten stundenlang in ihren Fahrzeugen fest. Die Bundeswehr rückte aus, um ihnen zu helfen.

Der Verkehr auf den Autobahnen im Norden kam zum Erliegen. Die Insassen steckten stundenlang in ihren Fahrzeugen fest. Die Bundeswehr rückte aus, um ihnen zu helfen. © picture-alliance/ dpa

Am 29. Dezember 1978 wird im Norden Katastrophenalarm ausgerufen. Die Bundeswehr fliegt eingeschlossene Schwangere mit dem Hubschrauber zur Entbindung in Kliniken. Es wird von 70 sogenannten „Heli-Babys“ berichtet.

In Dortmund erfriert ein Mann

Der Schneesturm erreicht das Münsterland und dann das Ruhrgebiet mit zwei Tagen Verspätung. Hier stürzt am Tag vor Silvester das Thermometer unter minus zehn Grad. Der heftige Sturm fegt auch hier meterhohe Schnee-Verwehungen auf. Auf den Straßen läuft nichts mehr, Autos stecken fest. Der ADAC Westfalen bezeichnet die Lage als „einfach grausam“. Am Flughafen Dortmund wird für zwei Tage der Betrieb eingestellt. Die Polizei klappert Tankstellen nach Schneeketten ab. In Dortmund erfriert ein Mann vor seiner Wohnung.

Zweiter Sturm im Februar, ein dritter im März

Es dauert Tage, bis sich die Lage halbwegs normalisiert. Doch es ist in diesem harten Winter 1978/ 79 nur eine kurze Verschnaufpause, denn Mitte Februar 1979 tost erneut ein schwerer Schneesturm über Norddeutschland und den Westen, Mitte März folgt eine dritte Schneewelle. Als der Frühling beginnt, liegt einer der härtesten Winter der vergangenen 100 Jahre hinter den Menschen. In den Wintern 1984/1985 und 1986/1987 wird es sogar noch mehr Schnee geben, aber nicht ein solches Chaos.

Das Schneechaos im Münsterland

Das erleben die Menschen im Münsterland und Ruhrgebiet erst wieder Ende November 2005, als innerhalb weniger Stunden große Mengen schwerer, nasser Schnee Bäume und Hausdächer zum Einsturz bringt, Strommasten umknickt und mehrere Städte wie Metelen und Ochtrup tagelang von der Stromversorgung abschneidet.

Ähnlich schlimmes Wetter ist aktuell nicht in Sicht, aber das hatte auch 1978, vor 40 Jahren, niemand so vorausgesagt.