EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni das Erstaufnahmelager für Migranten auf Lampedusa besucht. Die beiden Politikerinnen kamen am Vormittag mit dem Flugzeug auf der kleinen italienischen Mittelmeerinsel an.
Von der Leyen und Meloni sahen sich in dem sogenannten Hotspot im Landesinnern um und tauschten sich mit einigen Migranten aus, wie auf Bildern des Fernsehsenders RaiNews24 zu sehen war. „Wir geben unser Bestes“, zitierte die Nachrichtenagentur Ansa Meloni.
Die kleine Insel zwischen Sizilien und Nordafrika war in den vergangenen Tagen mit der Ankunft von mehreren Tausend Bootsmigranten konfrontiert. Wegen der Nähe zur tunesischen Küstenstadt Sfax gehört Lampedusa seit Jahren zu den Brennpunkten der Migration nach Europa. Das Flüchtlingscamp war zeitweise mit 6800 Menschen maßlos überfüllt. Mittlerweile wurden sehr viele Menschen von Lampedusa nach Sizilien oder in Unterkünfte auf dem Festland gebracht - trotzdem ist das Lager noch immer überlastet. Am Mittwoch wurde der Notstand ausgerufen.
Rettungsversuch der europäischen Migrationspolitik
Auf der kleinen Mittelmeerinsel sind in den vergangenen Tagen wieder Tausende Migranten angekommen. Seit Jahren steht das Eiland sinnbildlich für das ganze Dilemma der europäischen Migrationspolitik. Und angesichts der jüngsten Entwicklungen wächst die Gefahr, dass die geplante EU-Asylrechtsreform vollends scheitert.
Von der Leyen will das verhindern - und braucht dafür Italien, das zu den EU-Staaten an der Außengrenze der Union gehört, in denen viele Migranten europäischen Boden erstmals betreten. Meloni wiederum steht innenpolitisch massiv unter Druck, die Flüchtlingszahlen zu senken. 2022 versprach sie im Wahlkampf mit schrillen Tönen, die Migration nach Italien massiv einzuschränken - nun verzeichnet das Mittelmeerland Ankunftszahlen in Rekordhöhe.
Von dem Besuch dürften sich also beide Politikerinnen erhofft haben, ein Signal auszusenden. Doch auch der gemeinsame Auftritt kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie weit die Vorstellungen in der Migrationspolitik auseinandergehen.

Beratungen mit anderen Ländern
Angesichts der Lage auf Lampedusa beriet sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit ihren Amtskollegen aus Italien, Frankreich und Spanien am Samstagnachmittag bei einer Telefonkonferenz. Die Telefonkonferenz, an der auch die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson teilnahm, brachte jedoch kein konkretes Ergebnis, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit.
Faeser habe betont, „dass sich Deutschland immer solidarisch gezeigt hat und dies auch weiter tun wird“. Außerdem habe sie humanitäre Unterstützung Deutschlands angeboten. Italiens Innenminister Matteo Piantedosi forderte laut Mitteilung, eine „neue operative Strategie“, die darauf abziele, konkrete Initiativen zu ergreifen, um die Überfahrten zu stoppen. Man habe zudem den Wunsch zum Ausdruck gebracht, das „Migrationsproblem konkret und operativ anzugehen“.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte in einem Telefonat mit Meloni Frankreichs Solidarität mit Italien angesichts der Lage auf Lampedusa. Wie der Élyséepalast mitteilte, hätten beide die Notwendigkeit einer humanitären Herangehensweise und einer verstärkten Zusammenarbeit auf EU-Ebene betont. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin werde in den nächsten Tagen zu Beratungen nach Italien reisen.
dpa
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