
© Kevin Kisker
Vize-Bürgermeister von Bozen erzählt, welcher Horror auf uns zukommt, wenn Coronavirus weiter wütet
Mit Video-Interview
Wenn auf NRW das zukommt, was sich derzeit in Südtirol abspielt, ist das der blanke Horror. Wer ohne Grund unterwegs ist, kassiert hohe Strafen. Selbst Beerdigungen sind betroffen.
Wer wissen will, wie das in Dortmund und im ganzen Land sein wird, wenn wir die Corona-Krise nicht schnell in den Griff bekommen, sollte nach Italien schauen. Zum Beispiel nach Bozen in Südtirol mit gut 100.000 Einwohnern, eine Touristenhochburg. So ist das in normalen Zeiten. Inzwischen ist es eine Stadt, in der hohe Geldstrafen bezahlen muss, wer sich ohne triftigen Grund und amtliches Formular auf die Straße traut.
Das berichtet Luis Walcher, Vizebürgermeister von Bozen, am Freitag (13.3.) in einem Video-Interview mit unserer Redaktion. Schulen, Universitäten, Geschäfte, Bars, Restaurants, alles sei geschlossen. „Die Straßen sind leer, es wird kaum noch gearbeitet. Geöffnet haben nur noch die Lebensmittelläden und die Arztpraxen“, sagt er. Jeder müsse ein Formular mit sich führen, das ihm erlaube, unterwegs zu sein. Wer das nicht vorweisen könne, müsse eine Strafe von 206 Euro bezahlen. „Seit heute kontrollieren wir das“, sagt Luis Walcher.
Den Coronavirus total unterschätzt
Als vor zehn Tagen die Schulen geschlossen wurden, hätten das viele noch für übertrieben gehalten. Das denke jetzt keiner mehr. Italien habe das Volumen und die Aggressivität des Coronavirus anfangs total unterschätzt.
Jetzt seien die Maßnahmen schon sehr drastisch. Jedwede öffentliche oder private Veranstaltung sei verboten. Das betreffe Hochzeiten genauso wie private Feiern und selbst Beerdigungen: „Da sind dann 5, 6 Bekannte dabei, wenn jemand begraben wird, der Beerdigungsgottesdienst soll dann erst später nachgeholt werden.“
Nicht mehr Platz genug für alle Patienten
Auch privat dürfe man sich nicht mehr treffen. „Im Moment würde aber auch niemand mehr kommen“, sagt Walcher. Noch sei in Südtirol die Versorgung durch Ärzte und Krankenhäuser gesichert, aber das sei nicht überall in Italien so. Da seien Krankenhäuser nicht nur voll, sondern teils so stark überbelegt, dass nicht mehr alle aufgenommen werden könnten.
Bisher seien die Maßnahmen bis 3. April beschlossen. „Wir hoffen, dass die Maßnahmen dann zu Ostern wieder aufgehoben oder wenigstens gelockert werden können“, sagte Walcher. Er könne den Deutschen nur dringend raten, so schnell wie möglich ganz energische Enscheidungen zu treffen.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
