Kein Plädoyer mit Maske: Am Amtsgericht Menden weigerte sich in einem Strafprozess der Verteidiger zunächst zu prozessieren.

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Maskenpflicht und Atemnot: Verteidiger will nicht vermummt prozessieren

rnJustiz und Corona

Die Maskenpflicht nimmt praktisch kaum einen Lebensbereich aus, auch die Rechtspflege nicht. Ein Verteidiger in einem Strafprozess des Schöffengerichts Menden verwies auf Atemnot. Das Gericht musste reagieren.

Menden

, 29.04.2021, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Noch bevor das Schöffengericht am Amtsgericht Menden in dieser Woche in die Hauptverhandlung einsteigen konnte, schien der Prozess schon platzen zu müssen: Der Strafverteidiger verwies auf das Vermummungsverbot vor Gericht.

»An der Verhandlung beteiligte Personen dürfen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen.«
Vorschrift im Gerichtsverfassungsgesetz

Tatsächlich wird im Gerichtsgebäude und im Sitzungssaal in Menden auf die Pflicht zum Tragen einer Maske hingewiesen. Und so trugen zu Beginn eines Strafprozesses auch tatsächlich ausnahmslos alle Beteiligten eine FFP2- oder OP-Maske: die Vorsitzende und zwei Schöffinnen, eine Protokollantin, die Staatsanwältin und ein Sachverständiger, Verteidiger und Angeklagter sowie sieben Besucher.

Alternative zur Maske: negativer Corona-Test

Nicht zur Sache, sondern zur Form meldete sich zunächst der Rechtsanwalt zu Wort. Er werde mit einer Mund-Nase-Bedeckung nicht an einer Verhandlung teilnehmen, ließ der Verteidiger aufhorchen.

Dafür führte er zwei Gründe an: einen juristischen und einen persönlichen. Das Gerichtsverfassungsgesetz regelt im Abschnitt „Öffentlichkeit und Sitzungspolizei“ auch, wie Prozessbeteiligte vor Gericht aufzutreten haben: nämlich unvermummt.

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„An der Verhandlung beteiligte Personen dürfen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen“, heißt es in Paragraf 176 des Gesetzes. Herauf pochte auch der Verteidiger.

Der Vorsitzende des Verfahrens kann Ausnahmen zulassen – allerdings ausdrücklich nur dann, wenn „die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist“.

Er hätte ja als Alternative zu einer Gesichtsmaske auch einen negativen Corona-Test vorlegen können, argumentierte der Anwalt. Eine Coronamasken-Tragepflicht habe er bislang auch noch bei keiner Gerichtsverhandlung erlebt, behauptete er.

Man müsse sich gerade in einem Strafprozess frei ins Gesicht blicken können.

Atemnot wegen chronischer Bronchitis

In seinem Fall komme erschwerend hinzu, dass er an einer chronischen Bronchitis leide und es sein könne, dass er nach längerer Tragedauer unter der Maske Atemnot bekomme.

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Das Gericht zog sich nach dieser Beschwerde zur Beratung zurück und traf nach wenigen Augenblicken ein salomonisches Urteil. Die Vorsitzende gab zunächst zu Protokoll, dass die Maskenpflicht während des Prozesses angeordnet sei.

Vorbehalten bleibe dabei, dass man den Angeklagten bei dessen Aussage von der Pflicht befreien könne. Und: Melde der Verteidiger Konzentrations- oder Atemprobleme an, dürfe eine Pause eingelegt werden. Der Prozess konnte ohne weiteren Einwand des Rechtsanwalts beginnen.