
Der Sportliche Leiter Tim Harbott (l.) und Karl Lösbrock hatten im vergangenen Jahr den Kader zusammengestellt. Einige Akteure schlugen nicht so ein wie erhofft und setzten ihre Kräfte erst nach dem Trainerwechsel frei. © Neumann
Vermeidbarer Abstieg des Holzwickeder SC: Die Verantwortung liegt in der Sportlichen Leitung
Meinung
Der Trainerwechsel in Holzwickede kam rückblickend viel zu spät, doch Fehler hat der HSC bereits im vergangenen Jahr gemacht. Der Kader hatte Defizite, meint der Autor.
Der Holzwickeder SC ist abgestiegen. Das fußballerische Aushängeschild aus dem Kreis Unna hat den Verbleib in der Oberliga verpasst. An der Jahnstraße wird in der kommenden Saison nur noch Westfalenligafußball geboten – eine Folge zahlreicher Fehler, die sich der Verein in den vergangenen Monaten erlaubt hat. Der Abstieg war deshalb verdient, aber vermeidbar - und am Ende völlig unnötig.
Na klar, die Spieler trifft eine Mitschuld. Dass der HSC Qualität in allen Mannschaftsteilen hatte und in der Lage war, Spiele zu gewinnen, haben die Holzwickeder vor allem in der Schlussphase der Saison eindrucksvoll gezeigt. Die Mannschaft muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie nicht eher solche Leistungen abgerufen hat. Wer den HSC in der Abstiegsrunde hat kämpfen, rennen, kombinieren und jubeln sehen, der kommt schnell zu einem Schluss: Warum nicht früher? Dieser Abstieg musste nicht sein.
Doch die Verantwortung für das Abschneiden tragen auch die Protagonisten im Hintergrund, nicht nur die Spieler auf dem Rasen.
Im Januar 2021 kündigte der damalige Chefcoach Axel Schmeing seinen Abschied zum Saisonende an. Er hatte den HSC in die Oberliga geführt und dort zu einem Top-Team geformt. Durch Schmeings Abgang brach die Mannschaft auseinander. Der sportlichen Leitung um Tim Harbott und Karl Lösbrock gelang es in dieser Phase nicht, das Spitzenpersonal, das in vielen Fällen Schmeing an Land gezogen hatte, zu halten. Mit welcher Naivität der HSC damals die Abmeldewelle von Spielern (vor allem zu Schmeings neuem Klub Lüner SV) hinnahm, ist rückblickend betrachtet unfassbar. Auch die Rolle des Ex-Trainers darf man hier kritisch sehen.
Und so kauften die Holzwickeder in der Sommerperiode 2021, als nicht mehr viele Spieler übrig waren, wen sie nur kriegen konnten. Die Truppe war unter Zeitdruck zusammengestellt und wuchs nicht zu einer echten Mannschaft zusammen. Holzwickeder Tugenden, die Heimstärke, der Zusammenhalt – all das fehlte in den folgenden Monaten. Teilweise war man im Winter ganz froh, dass Spieler wie Jonathan Kyeremateng, die man sich ins Haus geholt hatte, wieder weg waren.
Holzwickeder SC hat Marc Woller viel zu spät entlassen
Der nächste dicke Fehler war, an Marc Woller so lange festgehalten zu haben. Schon im Herbst mehrten sich die Stimmen, dass Woller Teile der Mannschaft nicht mehr erreicht. Ja, Marc Woller hatte es schwer nach der Corona-Pandemie. Zudem brachen ihm viele Stammkräfte weg. Einen Fehlstart in die Liga darf man einem neuen Coach nach einem Umbruch auch zugestehen. Aber dann wurde es nicht besser, obwohl sich die Rufe innerhalb der Mannschaft nach einem neuen Coach offenbar mehrten.
Erst im März 2022 – nach der Niederlage gegen den ASC 09 Dortmund – entließ der Holzwickeder SC den alten Coach. Viel zu spät. Woller hatte seine Mannschaft nicht zu einem einzigen Oberliga-Heimsieg gecoacht, wirkte oft ohne Erklärungen und hilflos. Selbst nach dem mageren 1:1 gegen Schlusslicht Herne kurz vor Weihnachten hatte Holzwickede an Woller festgehalten, ihn die Vorbereitung bestreiten lassen und zwei weitere punktlose Ligaspiele. Hier verlor Holzwickede wertvolle Zeit. Viel zu spät griff der Verein korrigierend ein. Dabei waren die leblosen Auftritte der HSC-Elf unübersehbar.
Hinrunden-Bilanz war das große Handicap in der Abstiegsrunde
49 Gegentreffer in 18 Partien, ein Punkt in neun Heimspielen, insgesamt gerade einmal 14 Zähler geholt – das war Wollers Bilanz. Mit dieser „Hinrunden-Schuld“ ging der HSC in die Abstiegsrunde, in der der Rückstand am Ende viel zu groß war, um ihn bei den stetig gegeneinander punktenden Kellerkindern zu verkürzen.
Das neue Trainerteam um Benjamin Hartlieb mit den Co-Trainern Dominik Buchwald und Hamza El Hamdi funktionierte besser. Sie hoben nicht nur den Punkteschnitt, sondern hauchten der sinnvoll verstärkten Mannschaft neues Leben ein, verpassten dem Team eine Struktur. In nur wenigen Wochen verbesserten sich die Spielanlage und das taktische Konzept sichtbar. Holzwickede praktizierte plötzlich Offensivfußball mit einem Plan dahinter.
Das Selbstvertrauen setzte Kräfte frei: Führungsspieler wie Lucas Arenz, von denen man sich im Saisonverlauf viel mehr erhofft hatte, riefen ihre Leistung wieder ab. Diese Holzwickeder Mannschaft hätte den Klassenerhalt packen können, wenn der HSC nur früher und richtig gehandelt hätte.
Karl Lösbrock bot am Montag einen persönlichen Einblick in sein Lebensmotto und hielt es mit Udo Lindenberg: „Doch so ‚n Hero stürzt ab, steht auf und startet von vorn.“ Das ist die richtige Einstellung, so muss es auch der HSC machen – doch bitte nicht die Fehler wiederholen.
Sportler durch und durch, der auch für alle Sportarten außerhalb des Fußballs viel übrig hat. Von Hause aus Leichtathlet, mit einer Faszination für Extremsportarten, die er nie ausprobieren würde. Gebürtig aus Schwerte, hat volontiert in Werne, Selm, Münster und Dortmund.
