Druck auf Biden steigt enorm - Rückzug nicht ausgeschlossen Präsident in Corona-Isolation

Joe Biden positiv auf Corona getestet: US-Präsident muss Wahlkampf unterbrechen
Lesezeit

Update 19.7., 7 Uhr: Nur wenige Tage nach dem Attentat auf Donald Trump ist die Debatte über die Eignung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden für eine zweite Amtszeit zurück - stärker denn je. Vor und hinter den Kulissen ist der 81-Jährige mit neuen Forderungen konfrontiert, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen.

US-Medien zufolge versucht inzwischen die allererste Reihe der Demokraten, Biden zum Rückzug zu bewegen. Auch Ex-Präsident Barack Obama meldete demnach Bedenken an. Zu allem Überfluss infizierte sich der schwächelnde Präsident noch mit dem Coronavirus. Seinen Wahlkampf musste der Demokrat daher vorerst abbrechen. Die Republikaner demonstrieren derweil beim Parteitag in Milwaukee Geschlossenheit und scharen sich um Trump.

Biden steht wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Nach dem Attentat auf den Republikaner Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende war die Debatte über Bidens Kandidatur kurzzeitig in den Hintergrund gerückt. Nun ist sie mit voller Wucht zurück.

Bedenken von ganz oben in der Partei

Nach mehreren anderen weniger bekannten Parteikollegen rief der prominente demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, Adam Schiff, seinen Parteikollegen Biden öffentlich auf, sich aus dem Präsidentschaftsrennen zurückzuziehen. Schiff gilt als enger Vertrauter der früheren Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die weiter großen Einfluss in der Partei hat und ein enges Verhältnis zu Biden pflegt.

CNN berichtete wiederum, Pelosi selbst habe dem Präsidenten in einem persönlichen Gespräch gesagt, er könne Trump im Rennen ums Weiße Haus nicht schlagen. Sie hat sich öffentlich bislang zwar nicht offen gegen ihn gestellt, ihm aber auch auffallend nicht den Rücken gestärkt, sondern betont ausweichend auf entsprechende Fragen reagiert.

Im Vertrauen sollen neben Pelosi auch andere Spitzen-Demokraten den Daumen über Biden gesenkt haben. Die beiden führenden Demokraten im US-Kongress, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, warnten Biden übereinstimmenden Medienberichten zufolge davor, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten. Und: Auch Obama - Bidens früherer Chef und nach wie vor eine der wichtigsten Personen in der Partei - soll sich zu Wort gemeldet haben. Die „Washington Post“ berichtete, der frühere Präsident, dessen Vize Biden damals war, habe vertrauten Personen gesagt haben, dass Bidens Chancen auf einen Wahlsieg stark gesunken seien und dieser sein Festhalten an der Kandidatur überdenken solle.

Dass diese nicht-öffentlichen Wortmeldungen der einflussreichsten Demokraten im Land parallel nach außen dringen, dürfte kein Zufall sein. Der Druck auf Biden ist nun enorm.

US-Präsident in Corona-Isolation

Erstmeldung 19.7., 7 Uhr: Es sieht nicht gut aus für Joe Biden: Nach einer kurzen Atempause sieht sich der US-Präsident mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen. Zugleich macht ihm seine Gesundheit zu schaffen. Nach einem positiven Coronatest musste der 81-Jährige am Mittwoch eine Wahlkampfreise im Bundesstaat Nevada abbrechen. Der Demokrat zog sich mit leichten Symptomen in sein Privathaus in Rehoboth im Bundesstaat Delaware zurück.

Nach dem Attentat auf den Republikaner Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende war die Debatte über Bidens Kandidatur kurzzeitig in den Hintergrund gerückt. Nun ist sie zurück.

Nach mehreren anderen Parteikollegen rief der prominente demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, Adam Schiff, den 81-Jährigen auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Die beiden Top-Demokraten im US-Kongresses, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, warnten Biden übereinstimmenden Medienberichten bereits in der vergangenen Woche davor, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten.

Biden hat bislang alle Rückzugsforderungen zurückgewiesen und klargemacht, dass er nicht vorhat, hinzuschmeißen.

Der Demokrat steht wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Seit einem desaströsen Auftritt bei einem Fernsehduell gegen seinen Kontrahenten Trump forderten ihn in den vergangenen Wochen diverse demokratische Abgeordnete auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Viele weitere äußerten sich öffentlich sehr besorgt über seine Wahl-Chancen.

Prominente Rückzugsforderungen

Schiff, der sich um einen Posten im Senat bewirbt, erklärte, er habe ernsthafte Bedenken, ob Biden den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump im November besiegen könne. Biden habe große Erfolge zu verbuchen, aber es sei an der Zeit, den Weg freizumachen für jemand anderen. „Es steht einfach zu viel auf dem Spiel“, mahnte er.

Schiff ist ein Vertrauter der früheren demokratischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Beide haben ihre Wahlkreise im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien. Pelosi hat in der Partei weiterhin großen Einfluss. Die mächtige Demokratin hatte zuletzt in einem Interview gesagt: „Es liegt am Präsidenten zu entscheiden, ob er kandidiert.“ Sie fügte hinzu: „Wir alle ermutigen ihn, diese Entscheidung zu treffen. Die Zeit wird knapp.“ Dass sie ausdrücklich darauf verzichtete, Biden ihre Unterstützung auszusprechen, machte viel Schlagzeilen.

Adam Schiff (M) bei einem Pressestatement. Biden sieht sich mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen.
Adam Schiff (M) bei einem Pressestatement. Biden sieht sich mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen. © Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

Berichte: Top-Demokraten im Kongress warnten Biden

Auch auf höchster Ebene bereitet Bidens Beharrlichkeit offenbar Sorgen. Sowohl Schumer, Mehrheitsführer im Senat, als auch Jeffries, Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, hätten in der vergangenen Woche separat Gespräche mit Biden geführt und davor gewarnt, dass Bidens Festhalten an seiner Präsidentschaftsbewerbung dazu führen könne, dass die Demokraten die Kontrolle über beide Kongresskammern verlieren könnten.

Das berichteten die „Washington Post“ und ABC News unter Berufung auf anonyme Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Schumers Büro teilte als Reaktion auf die Berichte am Mittwoch mit, der Senator habe Biden die Ansichten seiner Fraktion übermittelt. Solange die Quelle nicht Schumer oder Biden heiße, bewege sich Berichterstattung im Bereich der Spekulation.

Neben dem Präsidentenamt werden bei der Wahl im November auch viele Sitze im Parlament neu vergeben. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, im Senat steht ein Drittel der Sitze zur Wahl. Die Demokraten fürchten, dass die Republikaner nach der Wahl sowohl beide Kammern im Kongress als auch das Weiße Haus kontrollieren könnte. Etliche Parlamentarier haben Sorge, dass die fehlende Unterstützung für Biden auch sie die Wiederwahl kosten könnte.

Positiver Coronatest und Wahlkampfabbruch

Biden, der nach der Wahl im November im Amt bestätigt werden will, war am Mittwoch in Las Vegas unterwegs, um vor allem bei der hispanischen Bevölkerung um Stimmen zu werben. Dort legte er zunächst in einem mexikanischen Restaurant einen Stopp ein, um mit Wählern in Kontakt zu kommen. Danach wollte er bei einer Konferenz einer wichtigen Bürgerrechtsorganisation, die die Interessen der hispanischen Bevölkerung vertritt, auftreten. Dazu kam es aber nicht. Auch ein weiterer Termin musste abgesagt werden.

Die Präsidentin der Organisation UnidosUS, Janet Murguía, teilte mit, Biden habe sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass er nicht kommen könne. Kurz darauf bestätigte das Weiße Haus, Biden sei nach der ersten Veranstaltung positiv auf das Virus getestet worden. Eine Bestätigung des Testergebnisses durch einen PCR-Test stehe noch aus, hieß es. Biden habe Atemwegsbeschwerden, eine laufende Nase und Husten. Er habe seine erste Dosis des Covid-Medikaments Paxlovid bekommen.

Bereits vor zwei Jahren Positivtest bei Biden

Biden war im Sommer vor zwei Jahren zuletzt positiv auf das Virus getestet worden. Er wurde auch damals mit dem Medikament Paxlovid behandelt und nur wenige Tage nach dem Ende seiner Corona-Isolation erneut positiv auf das Coronavirus getestet. Dabei habe es sich um einen „Rückfall“ gehandelt, der bei Patienten, die mit dem Paxlovid behandelt wurden, in seltenen Fällen auftrete, hieß es damals. Biden hatte damals nach Angaben des Weißen Hauses einen milden Verlauf. Biden gehört wegen seines hohen Alters zur Risikogruppe.

Nevada ist sogenannter Swing State, der weder Demokraten noch Republikanern fest zugerechnet werden kann. Swing States sind politisch hart umkämpft, weshalb sich der Wahlkampf der Kandidaten oder Bewerber für das Präsidentenamt oft auf diese Bundesstaaten konzentriert.

dpa

Trump ist nun offiziell Republikaner-Kandidat: Mit J.D. Vance als Vize in den Wahlkampf