Nach den Berichten über eine mögliche Lieferung von Streumunition aus den USA an die Ukraine hat die Bundesregierung zwar darauf hingewiesen, dass Deutschland dem internationalen Abkommen zur Ächtung dieser Munition beigetreten ist. Gleichzeitig signalisierte Regierungssprecher Steffen Hebestreit aber Verständnis für eine Lieferung durch die Vereinigten Staaten, die wie die Ukraine den Vertrag nicht unterzeichnet haben.
„Wir sind uns sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben", so Hebestreit.
Die Streumunition würde von der Ukraine in „einer besonderen Konstellation» verwendet. „Die Ukraine setzt eine Munition zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung ein. Es geht um einen Einsatz durch die eigene Regierung zur Befreiung des eigenen Territoriums", sagte der Regierungssprecher. „Wir sollten uns also auch noch mal vergegenwärtigen, dass Russland in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt hat."
UN-Menschenrechtsbüro gegen Streumunition-Einsatz
Das UN-Menschenrechtsbüro äußert sich besorgt, falls die USA Streumunition an die Ukraine liefern sollten. „Solche Munition tötet und verstümmelt Menschen lange nach dem Ende eines Konflikts", sagte eine Sprecherin in Genf. „Deshalb sollte der Einsatz umgehend gestoppt werden." Das Büro rief Russland und die Ukraine auf, dem Übereinkommen über Streumunition beizutreten, das den Einsatz sowie die Herstellung und Weitergabe von bestimmten Typen von konventioneller Streumunition verbietet. Mehr als 100 Staaten haben es unterzeichnet. Deutschland ist dabei, die USA sind es nicht.
US-Medien wie die „Washington Post" hatten am Donnerstag unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen berichtet, die Lieferungen seien geplant. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. „Ich möchte anmerken, dass die Russen bereits Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt haben", sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder aber. Dem Sender CNN zufolge könnten die Pläne heute verkündet werden. Zuvor hatte das Weiße Haus erklärt, eine Weitergabe von Streumunition an die von Russland angegriffene Ukraine werde geprüft.
Biden genehmigt Lieferung von Streumunition: Umstrittene Sprengkörper
Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper - sogenannte Submunition - verstreuen oder freigeben. Viele dieser Sprengkörper detonieren aber nicht sofort, sondern bleiben als Blindgänger liegen und gefährden die Bevölkerung auch noch Jahre nach Konflikten.
„Wir würden sorgfältig Geschosse mit einer geringeren Rate an Blindgängern auswählen, für die wir aktuelle Testdaten haben", sagte Ryder. Er wurde auch gefragt, wie Streumunition der Ukraine helfen könne. Ryder erklärte daraufhin, dass diese so bestückt werden könne, dass sie Panzerungen durchdringe oder mehrere Ziele gleichzeitig treffen könne. Das sei „eine Fähigkeit, die bei jeder Art von Gegenoffensive hilfreich wäre“.
Der Republikaner Michael McCaul, Vorsitzender des Ausschusses des Repräsentantenhauses für auswärtige Angelegenheiten, sagte, der Schritt sei lange überfällig. Es sei an der Zeit, die wichtige Gegenoffensive Kiews zu unterstützen.
Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Laut Pentagon-Angaben haben die Vereinigten Staaten seit dem Kriegsbeginn militärische Hilfe im Umfang von mehr als 40 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt oder zugesagt, wie der RND berichtet.
dpa/bani
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