Das kommt überraschend: Das Uniper-Kohlekraftwerk am Dortmund-Ems-Kanal in Datteln muss verkauft werden. Die EU-Kommission hat die deutschen Milliardenhilfen für den angeschlagenen Gasimporteur genehmigt, hat aber den Verkauf von einer Reihe von Geschäftsbereichen zur Bedingung gemacht. Dazu gehört auch das moderne, erst 2020 in Betrieb genommene Kohlekraftwerk, das rechtlich auf höchst wackeligen Füßen steht und ohnehin spätestens im Zuge des Kohleausstiegs 2038 vom Netz muss. Bis 2026 müssen die betreffenden Geschäftsteile verkauft werden.
Das Dattelner Kraftwerk, das Anwohner und Klimaschützer seit langem bekämpfen, bekäme damit schon den dritten Eigentümer in seiner kurzen Geschichte: Gebaut hatte die Anlage ursprünglich seit 2007 die Eon Kraftwerke GmbH. Uniper entstand später durch Abspaltung des konventionellen Erzeugungs-Geschäfts. Seit 2020 gehörte Uniper mehrheitlich dem finnischen Energieunternehmen Fortum.
Neuer Eigentümer müsste Abrisskosten tragen
Vor einiger Zeit hatte ein ehemaliger Unternehmensinsider der Zeitung „Handelsblatt“ gesagt, falls Uniper Datteln 4 abstoßen müsse, sei das „eine politische Entscheidung“ und „strategisch nicht unbedingt verständlich“. Er schätzte, dass Uniper mit dem Verkauf des Steinkohlekraftwerks womöglich zwischen 700 Millionen und einer Milliarde Euro erlösen könnte. Wenn Uniper gezwungen werde, das Kraftwerk zu verkaufen, wirke sich das negativ auf den Verkaufspreis aus, weil Käufer wüssten, dass Uniper verkaufen muss. Während ein Gaskraftwerk in Ungarn, das Uniper ebenfalls loswerden muss, als gut und schnell verkäuflich gilt, fragt sich, wer die Dattelner Anlage überhaupt haben will.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte jüngst den Bebauungsplan für das Kraftwerk, das am Stadtrand in der Nähe einer Wohnsiedlung gebaut wurde, auch im zweiten Anlauf für unwirksam erklärt. Nach Überzeugung des Gerichts wurde vor dem Bau nicht ausreichend nach Standort-Alternativen gesucht.
Das schien das Aus für das Milliardenprojekt zu bedeuten, jüngst wurde allerdings doch noch Revision gegen das Urteil zugelassen.
Klar dürfte in jedem Fall sein: Der Bau und Verkauf dieses letzten neuen Kohlekraftwerks in Deutschland bringt den Besitzern Verluste in vermutlich dreistelliger Millionenhöhe. Eon hatte die reinen Bau- und Planungskosten ursprünglich mit 1,2 Milliarden Euro beziffert. Der Rechtsstreit und das jahrelange Brachliegen der 1050-Megawatt-Anlage brachte weitere Kosten in dreistelliger Millionenhöhe. Und nun der Zwangsverkauf...
Das Kraftwerk steht nah an der Dattelner Wohnbebauung, was seit Jahren einer von zahlreichen Gründen für Klagen gegen die Anlage mit ihrem 180 Meter hohen Kühlturm ist. Pikant: Falls ein Abriss juristisch unabweisbar ist, hatte sich seinerzeit Eon verpflichtet, die Kosten dafür zu tragen, um trotz der anhängigen Klagen vorzeitig mit dem Bau beginnen zu können. Diese Verpflichtung träfe auch den neuen, den dritten, Besitzer der noch jungen Anlage.
Auch das Fernwärmegeschäft muss verkauft werden

Auch das deutsche Fernwärmegeschäft gehört zu den Unternehmensteilen, die Uniper verkaufen muss. Große Teile Dattelns, darunter auch die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Vestische Kinderklinik, werden mit Uniper-Fernwärme versorgt. Ebenso wird Fernwärme von Datteln 4 unter anderem nach Recklinghausen geleitet. Unsere Redaktion erreichten bereits erste sorgenvolle E-Mails von Fernwärmekunden, die sich nun Sorgen um den Preis und die Versorgungssicherheit machen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21.12.2022

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