Auch wenn nicht alle Regionen gleichermaßen von Schnee und Eis im Winter betroffen sind, stellt sich Beschäftigten früher oder später die Frage: Darf man aufgrund widriger Wetterbedingungen im Winter der Arbeit fernbleiben? Wie sollten sich Berufstätige verhalten, wenn Züge ausfallen, die Straßen rutschig sind und der Weg zur Arbeit zu gefährlich ist?
Trotz Schnee zur Arbeit? Das gilt laut Arbeitsrecht bei Unwetter
Arbeitnehmer müssen pünktlich bei der Arbeit erscheinen – auch wenn Unwetter für Verkehrsbehinderungen oder verspätete Züge sorgen. Denn: „Der Arbeitnehmer trägt das sogenannte Wegerisiko“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Grundsätzlich gilt, dass es Sache der Beschäftigten ist, wie sie zur Arbeit kommen. Ihrem Arbeitgeber, ihrer Arbeitgeberin schulden sie pünktliches Erscheinen“, bestätigt auch die Gewerkschaft Verdi auf ihrer Website.
Das bedeutet, dass Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich sind, rechtzeitig bei der Arbeit zu sein. „Wenn nicht, dann gilt aus rechtlicher Perspektive: ohne Arbeit kein Lohn“, sagt Bredereck. Im Zweifel kann es also sein, dass Wochenendpendler, die feststecken oder erst später ins Büro kommen können, kein Gehalt bekommen für die Zeit, in der sie nicht da waren.
Die ausgefallenen Stunden würden Arbeitnehmer nicht grundsätzlich nachholen müssen, so Verdi. Anders sei die Lage, wenn es beim Arbeitgeber ein Überstundenkonto gebe. Ausgefallene Stunden würden in diesem Fall als Minusstunden verbucht werden und könnten später nachgeholt werden. „Der Arbeitgeber kann aber niemanden zwingen, die morgens ausgefallenen Stunden abends dranzuhängen, insbesondere dann nicht, wenn etwa eine Teilzeitkraft mittags gehen muss, weil ein Kind von der Schule abzuholen ist“, schreibt die Gewerkschaft.
Schneefrei: „Begründete Arbeitsverhinderung“ bei Schnee, Glätte und Unwetter?
„Schneefrei“ für Arbeitnehmer gibt es also nicht. Drohen Unwetter den Weg zur Arbeit zu beeinträchtigen, sollte deshalb mehr Zeit für den Weg eingeplant werden.
Anders sieht es aus, wenn offiziell, etwa von Meteorologen, vor Gefahr durch umgefallene Bäume oder abgedeckte Dächer gewarnt wird. Bei einem Unwetter, vor dem im Voraus gewarnt wird, kann eine sogenannte begründete Arbeitsverhinderung vorliegen.
Bei Fernbleiben der Arbeit: Unbedingt rechtzeitig Bescheid sagen
In diesem Fall „kann der Arbeitnehmer zu Hause bleiben, hat allerdings keinen Anspruch auf Vergütung“, sagt der Diplom-Geograf Matthias Habel. Wichtig ist, dass Beschäftigte das Fernbleiben von der Arbeit rechtzeitig mitteilen. Der Arbeitgeber kann von Mitarbeitern zudem verlangen, die ausgefallene Arbeitszeit nachzuholen.
Der erste Schritt sei aber immer, dem Arbeitgeber proaktiv anzubieten, etwa im Homeoffice zu arbeiten – gerade während der Corona-Pandemie sollte es diese Option insbesondere für Wissensarbeiter sowieso geben. Alternativ könne man anbieten, die verlorene Zeit nachzuholen, so der Fachanwalt Bredereck. Viele Arbeitgeber hätten im Falle von Verkehrsbehinderungen aufgrund eines Sturms Verständnis, wenn Mitarbeiter zu spät kommen.
Abmahnung wegen Verspätung durch Schnee?
Wer dagegen kein gutes Verhältnis zum Arbeitgeber hat, fragt sich vielleicht, ob der ihn für das Zuspätkommen abmahnen kann. „Da kommt es drauf an, ob den Arbeitnehmer ein Verschulden an der Verspätung trifft“, stellt Bredereck klar. Ein Unwetter müsse man aber nicht mit all seinen möglichen Konsequenzen vorhersehen, so die Einschätzung des Anwalts. Abmahnungen dürfe der Arbeitgeber nur für vorwerfbares Verhalten aussprechen, informiert Verdi.
Herrschen dagegen schon seit mehreren Tagen schwierige Wetterbedingungen wie Glatteis oder Schnee, könne eine Abmahnung gerechtfertigt sein, wenn Arbeitnehmer wiederholt zu spät kommen. „Insbesondere dann, wenn alle anderen Mitarbeitenden pünktlich sind“, so die Gewerkschaft.
Übrigens: Kann die Arbeit nicht ausgeführt werden, weil Unwetter den Betriebsablauf eklatant durcheinanderbringen, bekommen Arbeitnehmer im Regelfall trotzdem ihren Lohn. „Das betrifft dann das allgemeine Betriebsrisiko, das grundsätzlich der Arbeitgeber trägt“, schreibt Verdi.
RND
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