Niemand hat wohl ernsthaft geglaubt, dass Geschäftsführer Andreas Gérard den Müllentsorger des Kreises Unna schon vor Auslaufen seines Vertrages zum Nulltarif verlassen hat: Die GWA kostet der vorzeitige Abschied eine hübsche Summe.
Mit Wirkung zum 31. Oktober 2024 war Andreas Gérard einvernehmlich aus seinem Dienstvertrag entlassen worden. Sein Engagement für die Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna mbH hätte eigentlich noch zwei Jahre länger laufen sollen, war bis zum 31. Oktober 2026 befristet.
GWA ist bestes Pferd im Stall des Kreises
Gérard, Jahrgang 1973, hat in eine frühere Aufhebung seines Vertrages eingewilligt und dafür eine Abfindung in Höhe von „knapp über 600.000 Euro“ erhalten, wie unsere Redaktion aus mehreren gut unterrichteten Quellen erfuhr.
Die genannte Summe ist plausibel. Der GWA-Geschäftsführer erhielt laut Beteiligungsbericht des Kreises Unna im Geschäftsjahr 2023 Gesamtbezüge in Höhe von 267.650,98 Euro.
Der zweifache Jahresverdienst liegt also bereits bei rund 535.300 Euro; dass die perspektivisch realistischen Steigerungen in eine Abfindungssumme eingebaut wurden, liegt nahe. So hatten Gérards Bezüge im Geschäftsjahr 2022 noch nur 244.293,92 Euro betragen – der Zuwachs 2023 lag also bei rund 9,5 Prozent.
Zur GWA muss man wissen: Sie ist das beste Pferd im Stall der Gesellschaften des Kreises, der über die Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft des Kreises (VBU) 100-prozentiger Eigentümer der GmbH ist. 2023 erwirtschafteten die Abfallentsorger und Abfallverwerter einen Jahresüberschuss nach Steuern von 1,45 Millionen Euro nach 3,013 Millionen Euro im Vorjahr.
Verluste der VKU ausgeglichen
Die Gewinne der GWA trugen in der Vergangenheit regelmäßig dazu bei, dass die chronischen Defizite der VKU – indirekt über die VBU – ausgeglichen werden konnten. Allerdings plant die GWA für das laufende Wirtschaftsjahr mit einem deutlich geringeren Überschuss.
Die Entsorgungsbranche, heißt es, spüre Mengen- und Preisrückgänge sowie „stark rückläufige Rohstofferlöse für die gewonnenen Sekundärrohstoffe“ –die bei der Verbrennung und Verwertung von Bio- und Hausmüll entstehen. Dennoch darf die GWA als wirtschaftlich vollkommen gesund gelten; sie hat 118 Beschäftigte und elf Auszubildende (2023).

Andreas Gérard war 2015 zum hauptamtlichen Geschäftsführer der GWA berufen worden und hatte seitdem nebenamtlich, ohne weitere Bezüge, auch die VBU geführt, freilich in ihrer bisherigen weitgehend nur Geschäftsanteile verwaltenden Funktion.
Befristungen von Managementposten in Unternehmen, auch jenen der öffentlichen Hand, sind ein völlig übliches Verfahren. Auch ein vorzeitiges Ausscheiden aus Verträgen kommt aus unterschiedlichsten Gründen vor.
Gérards Vertrag zunächst vorzeitig verlängert
Im Fall von Andreas Gérard war der Dienstvertrag indes sogar vorzeitig verlängert worden, um ihm über die neue Wahlperiode des Kreistages ab 2020 hinaus die Sicherheit zu geben, auch bei veränderten Mehrheitsverhältnissen zunächst im Amt bleiben zu können.
Bestellt werden kann der Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung oder vom Aufsichtsrat – beide sind überwiegend mit den politischen Mandatsträgern aus dem Kreistag, daneben mit Vertretern aus der Kreisverwaltung besetzt.

Wie es nun von mehreren Seiten heißt, hätte Andreas Gérard seinen Vertrag 2026 selbst nicht verlängern wollen. Die Vorstellungen des Kreises als Eigentümer und des Geschäftsführers über die künftige Unternehmenspolitik waren aber zu unterschiedlich – was dann in einer zwei Jahre früheren Auflösung kulminierte. Personen, die nah dran sind, drücken es anders aus: „Gérard und der Landrat sind beide Alphatiere“ – das habe einfach auf Dauer nicht zusammengepasst. Dass ihr Verhältnis nicht das beste war, streitet auch Mario Löhr gar nicht ab.
„Die Gremien der GWA haben im gemeinsamen und konstruktiven Dialog mit Andreas Gérard festgestellt, dass es unterschiedliche Auffassungen zu den strategischen Zielen und der weiteren Unternehmensentwicklung und eine nicht einheitliche Einschätzung zu den hierzu notwendigen Rahmenbedingungen gibt“, lässt GWA-Aufsichtsratsvorsitzender Marco-Morten Pufke in diesem Zusammenhang sehr neutral formuliert wissen.
GWA-Aufsichtsratschef Pufke: Kommen Pflichten nach
Deshalb sei man „gemeinsam mit der Verwaltungsspitze des Kreises Unna zu dem Entschluss gekommen, die personelle Führungsstruktur der GWA neu zu ordnen und im besten Einvernehmen die Zusammenarbeit vorzeitig zum 31.10.2024 zu beenden“, wie der CDU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag hinzufügt.
Bekanntlich war Martin Döbber, der bereits über viele Jahre in der Führungsetage der GWA saß, Andreas Gérard als Geschäftsführer nachgefolgt. Hingegen hatte der langjährige Prokurist Benedikt Stapper das Unternehmen nach 23 Jahren zum 1. November in Richtung Bonn verlassen. Diese Position soll nicht nachbesetzt werden. Bei der VBU, die künftig strategische Aufgaben übernehmen soll, wird auf Gérard, dann hauptamtlich, der amtierende Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke folgen.
Pufke selbst mochte zu der Abfindungszahlung an Andreas Gérard im Übrigen nicht viel sagen. Die GWA werde „ihren Transparenzpflichten selbstverständlich nachkommen“. Alle notwendigen Angaben zu Geschäftsführervergütungen sollen „wie gesetzlich gefordert“ im Rahmen des testierten Jahresabschlusses 2024 voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 veröffentlicht werden.