Die Körpersprache von Benjamin Hartlieb sprach nach der 2:5-Heimniederlage des Holzwickeder SC Bände: Mit verschränkten Armen saß Hartlieb neben Pressesprecher Daniel Dukic in seinem Stuhl. Mit ernstem Blick schaute Hartlieb in die Ferne. Mit deutlicher Stimme analysierte er die 90 Minuten im Stadion. Die Anspannung von einer Partie, die erst wenige Minuten vorbei war, konnte man Holzwickedes angefressenem Cheftrainer ansehen, der sich mehr ausgerechnet hatte.
Der neu eingerichteten Trainer-Talk hätte beste Werbung für den HSC sein können. Daniel Dukic, erst seit wenigen Wochen im Amt, hatte die einst in der Vip-Loge beheimatete Pressekonferenz in den hellen Wintergarten vor dem Ballhaus geholt. Viel Platz, um Sponsoren und den Verein zu präsentieren. Transparent für alle, mitten im Stadion. Zuschauer konnten Fragen stellen – nur der sportliche Auftritt passte nicht zur Talk-Premiere im schicken Neubau im Montanhydraulikstadion, während Schürens neuer Trainer Sascha Rammel seinen ersten Westfalenliga-Sieg mit dem BSV feierte.
Holzwickede verliert den Faden
„Es war für uns völlig unerklärlich, wieso wir den Faden verloren haben“, sagte Hartlieb, dessen Team bekanntlich mit 2:0 führte. Erinnerungen wurden wach an das Champions-League-Spiel vergangene Woche zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid – die Partie in Holzwickede nahm die exakt selbe Torfolge, nur in der sechsten deutschen Liga statt in Europas Eliteklasse. Die Gefühle waren jedoch ähnlich beim Verlierer: „Extrem enttäuschender Sonntag für uns, das muss man erstmal verdauen und sacken lassen“, sagte Hartlieb.
„Mentalität schlägt Qualität, Herz schlägt Technik. Das sind Faustregeln, die immer wieder ihre Wahrheit finden. Manchmal gehen Dinge gut“, sagte Hartlieb – am Sonntag war es aus Holzwickeder Sicht nicht der Fall. Es ging nicht gut. Ausgerechnet der Fehler von Keeper Torben Simon führte zum 1:2-Anschlusstreffer. „Torben Simon weiß genau, dass er den Ball halten muss. Aber er ist ein junger Torwart“, relativierte Hartlieb. An Simon alleine, der in Halbzeit zwei noch einmal über den Ball trat und so fast ein Eigentor erzielte, lag es nicht. Hartlieb fordert, dass seine Elf, „wenn es eng wird, in einer anderen Körpersprache und anderen Mentalität“ agiert.
Rückschlag für den Holzwickeder SC
Die Schüren-Niederlage (2:5) war ein Rückschlag, erst recht im Kontrast zum 6:0-Sieg in Sodingen zwei Wochen zuvor. „Ein 2:5 klingt auf dem Papier immer ganz klar, aber vom Spielverlauf her war es ja kein 2:5“, erklärte Hartlieb. Die 0:4-Niederlage des SV Sodingen gegen Wacker Obercastrop, das im unteren Mittelfeld steht, war am Wochenende ein Indiz, dass die Höhe des Holzwickeder Sieges beim SV Sodingen vielleicht nicht so viel Aussagekraft hat. Holzwickede hat es jedenfalls verpasst, den Abstand auf die Abstiegsplätze auf neun Punkte zu vergrößern. So sind es nur fünf.
Den Sieg, den sein Trainerkollege Sascha Rammel als verdient bezeichnete, ergänzte Hartlieb auch um das Attribut „glücklich“, denn Rammel gab zu, dass mit dem Holzwickeder Führungstreffer durch den Ex-Wickeder Muhammed Cakir „viel über den Haufen geworfen“ war in der Schürener Strategie. „Man hat den Jungs angemerkt, dass das Selbstvertrauen nicht so da ist, wie es sein sollte“, stellte Rammel fest. Begünstigt durch Torben Simons Torwartfehler kam Schüren dann zurück. Immerhin sah Rammel ein Kontrastprogramm zu seiner Einstandspleite gegen Westfalia Herne: „Ich habe jetzt zwei Gesichter meiner Mannschaft gesehen.“
Marlon Mönig, aktuell noch Spieler des BSV Schüren, der im Sommer die Seiten wechselt und für Holzwickede spielen wird, bezeichnete den Schürener Sieg im Abstiegskampf als „immens wichtig“. „Wir haben uns gefangen, vielleicht waren die Gegentore der Augenöffner“, sagte er, „das Anschlusstor hat uns einen Schub gegeben. Das hat man bei jedem in den Köpfen gemerkt.“
Unter der Woche geht es für den HSC nun darum, die verletzten und erkrankten Spieler, die gegen Schüren angeschlagen waren (Teofilo, Heinings, Schettke, Spais, Müsse), wieder so fit wie möglich für eine lange Auswärtsreise ins Sauerland zu bekommen. „Aber ganz ehrlich: Nach dem heutigen Spiel ist es das (Spiel), was wirkt. Lennestadt dann gedanklich ab morgen“, sagte Hartlieb Sonntag. Er war bedient.
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