Nach Tierquälerei-Skandalen im Kreis Unna Warum die Zahl der Kontrollen trotzdem abnimmt

Schutz der Tiergesundheit soll mit mehr Stellen künftig gelingen
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Tierschutzskandale waren in den zurückliegenden Jahren bei zwei Unternehmen in Werne bzw. Selm aufgedeckt worden: Für die Tierquälerei an Schlachttieren sind mittlerweile einige Täter verurteilt und mit Berufsverboten belegt worden. Erst in dieser Woche war ein Mitarbeiter der Firma Mecke zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Wegen ihrer gesetzlichen Kontrollaufgabe war schnell auch die Kreisveterinärbehörde in die Kritik geraten. Schwere Vorwürfe, dass die völlig unzureichende Behandlung und vor allem die vorsätzliche Quälerei der Tiere nicht frühzeitig erkannt worden war, erhob damals der Soko Tierschutz e.V., der die Straftaten durch Videobeweise ans Licht gebracht hatte.

Mehr Tierärzte und Fachkräfte

Landrat Mario Löhr hatte auf die Vorwürfe, die seine Behörde direkt betraf, mit der Ankündigung reagiert, den Fachbereich im Kreishaus möglichst schnell personell aufzustocken. Tatsächlich sind im Bereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung inzwischen neue Planstellen besetzt worden.

Alles in allem sind danach in der Veterinärbehörde 14 neue Stelle geschaffen worden. Im Bereich Tiergesundheit, der sich u.a. um die Kontrolle überwachungspflichtiger Tierhaltungen kümmert, ist der Stellenplan um 4,5 Posten, davon 2,5 Tierarztstellen, aufgestockt worden.

Ein Veterinär-Assistent entnimmt hier in einer Tierkörperbeseitigungsanlage eine Hirnprobe eines Rinds.
Ein Veterinär-Assistent entnimmt hier in einer Tierkörperbeseitigungsanlage eine Hirnprobe eines Rinds. In Tierköperbeseitigungsanlagen werden Schlachtabfälle, tierische Nebenprodukte, aber auch verendete Tiere zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet. © picture alliance / dpa

Die Neubesetzung kommt dabei mit Verzögerung, was auch die nicht erfüllten Ziele bei den Kontrollen in der Vergangenheit erkläre, wie die Veterinärbehörde auf Nachfrage erläutert.

So war bereits im Jahr 2022 angestrebt worden, 530 Betriebskontrollen durchzuführen, tatsächlich waren es nur 193 Betriebe. Bei der geplanten Anzahl der Kontrollen von 530 sei eine Vollbesetzung aller, auch der neu geschaffenen Stellen zugrunde gelegt worden.

Veterinärbehörde musste neue Kollegen einarbeiten

„Tatsächlich konnten die Stellen erst im 2. Quartal 2023 besetzt werden. In 2022 standen die Umstrukturierung des Fachbereichs und die Qualifizierung bzw. Einarbeitung des Personals im Vordergrund“, heißt es aus dem Kreishaus.

Die Zahl der durchgeführten Kontrollen im Jahr 2022 entspreche im Übrigen aber „exakt der Anzahl der Kontrollen in den Vorjahren“. Im vergangenen Jahr konnte die Veterinärbehörde das Planziel nun deutlich übererfüllen.

Angepeilt worden waren ursprünglich nur 200 Kontrollen, tatsächlich sind dann doch 449 landwirtschaftliche Betriebe im Jahr 2023 kontrolliert worden. Nunmehr sieht der Plan für 2024 aber wiederum lediglich 390 Kontrollen vor.

Höhere Standards bei den Kontrollen

Der Grund: „Die Planung für 2024 wurde vorsichtig formuliert im Hinblick auf die Tatsache, dass die Kontrollstandards, die Kontrolltiefe und die Anforderungen an die Dokumentation deutlich gestiegen sind und die Kontrollen somit zeit- und personalintensiver werden“, begründet die Kreisveterinärbehörde ihr relativ niedriges Jahresziel trotz aufgestockten Personals.

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Aufgaben des Bereichs Tiergesundheit

  • Die Kontrollen der landwirtschaftlichen Betriebe sind nur ein Aufgabenbereich des Sachgebiets 39.1 (Tiergesundheit).
  • Weitere Aufgaben sind u.a.: Kontrolle der Betriebe, die tierische Nebenprodukte verarbeiten, tierärztliche Hausapotheken, Überwachung der Antibiotikadatenbank, Tierseuchenkrisenmanagement, Überwachung von Tiertransporten, Sanierungsprogramme und Monitoring von Tierkrankheiten, Lebenduntersuchung von Schlachtgeflügel, Maßnahmen im Zusammenhang mit dem illegalen Handel mit Heimtieren.

Von den 14 neu geschaffenen Planstellen seien derzeit zwei Stellen unbesetzt. „Die Personalfluktuation im üblichen Rahmen ist dabei unberücksichtigt“, heißt es. Dennoch zeigen sich die Kontrolleure des Tierwohls im Kreishaus zuversichtlich.

Vor dem Hintergrund der Vorgänge in den Betrieben in Werne und Selm sollten die Kontrollen künftig engmaschiger erfolgen. „Ja, das Ziel ist weiterhin realistisch“, versichert die Leiterin der Kreisveterinärbehörde Dr. Anja Dirksen. Für einen Teil der Betriebe sei eine risikobasierte Überwachung alle drei bis sieben Jahre vorgegeben. Dirksen: „Diese Vorgabe ist handlungsleitend für das Sachgebiet.“