Susanne Schäfers Podcast Hertener Rektorin kritisiert Behörden und will in die Politik gehen

Susanne Schäfer kritisiert die Behörden und will in die Politik gehen
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Eigentlich veröffentlicht Susanne Schäfer ihren Podcast „ZauberGeplauder“ nur einmal wöchentlich. Motto: wenn Schule auf Alltag trifft... Doch seit Donnerstag (11. Mai), als die Ex-Chefin der Grundschule Herten-Mitte den noch nicht rechtskräftigen Bescheid der Bezirksregierung Münster über ihre Abordnung an die Dattelner Gustav-Adolf-Schule gerade erhalten hatte, gibt es fast täglich neue Podcasts, und die Inhalte haben es in sich.

„Sechs Seiten, in denen steht, wie furchtbar ich bin“

Am 11. Mai erzählt Susanne Schäfer zunächst von der Merkwürdigkeit, dass sie den Bescheid am 10. Mai erhielt, und darin stand, dass sie ab 8. Mai in Datteln arbeiten müsse. Nur weil sie gerade ohnehin krank sei, habe das keine weiteren Turbulenzen verursacht. Was sie wundert ist, „dass Behörden offenbar so arbeiten können. Ich dürfte das nicht.“ Ihre Kritik geht jedoch tiefer. Zutiefst „undemokratisch“ und mit „Lügen“ versehen sei das Vorgehen gegen sie, und das zeige auch das Schreiben: „Sechs Seiten, in denen steht, wie furchtbar ich bin“.

Die Hertenerin, die 15 Jahre lang an ihrer Schule arbeitete, erzählt von psychischem Stress, von Asthma und vielen Tränen. Jede einzelne Eltern-Beschwerde, die es je gegen sie gegeben habe, sei dort aufgelistet, und es habe in etwa jedem Jahr eine gegeben. An einer Schule mit mehr als 300 Schülern findet Susanne Schäfer das allerdings ziemlich normal. Und: „Keine dieser Beschwerden ist durchgekommen. Trotzdem werden sie jetzt gegen mich verwendet.“

Hintergrund: Die Bezirksregierung Münster ist als Obere Schulaufsicht des Landes sowohl Adressat für Dienstaufsichtsbeschwerden und Dienstherr aller Lehrerinnen und Lehrer im Regierungsbezirk Münster.

Susanne Schäfer kritisiert, dass die zuvor abgewiesenen Beschwerden nun als Munition gegen sie verwendet würden, ihre Stellungnahmen dazu aber als nichtig gewertet würden. Begründung: Was sie sage, diene ja offenkundig „Ihren Belangen“. Auch die Petition der Hertener Eltern, die Loyalität ihrer Lehrerkollegen würden für „die Behörden“ nicht zählen, kritisiert die Pädagogin.

In Tränen aufgelöst

Inhaltlich am schwersten wiegt offenbar das vernichtende Urteil der Hertener Stadtverwaltung, die nach einem Streit um den Ausbau des Offenen Ganztags (OGS) in Herten-Mitte und einer Beschwerde der AWO bei der Bezirksregierung schriftlich erklärt hatte, dass mit Susanne Schäfer „keine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mehr möglich sei. Genau zu dieser sind Schulleiter und Schulleiterinnen landauf, landab aber verpflichtet. Auch das ist auf den sechs Seiten aus Münster, die Susanne Schäfer nach ihrer Darstellung in Tränen aufgelöst las, geschrieben.

Alina Kubacki und André Lippitz, Elternverteter der Grundschule Herten-Mitte, stehen am Eingang des Hertener Rathauses.
Alina Kubacki und André Lippitz von der Schulpflegschaft der Grundschule Herten-Mitte haben sich vergeblich gegen die Versetzung ihrer Schulleiterin gewehrt. Sie hatten mehr als 9000 Unterschriften gesammelt. © Oliver Prause

In ihren jüngsten beiden Podcasts sagt die Hertenerin, „zahlreiche“ Lehrer-Kollegen hätten ihr geantwortet, dass sie mit der Dienstaufsichtsbehörde „Ähnliches erlebt“ hätten. Sie habe „viel Rückendeckung bekommen“. Diese Lehrer und Lehrerinnen hätten sie aufgefordert, gegen die Abordnung zu klagen. Susanne Schäfer sagt, dass sie zwar noch gut drei Wochen Zeit habe, die Klage einzureichen. Nach „einem Leidensweg“, der sie inzwischen schon „fast ein halbes Jahr meines Lebens gekostet“ habe, müsse sie aber auch an sich, an die Grenzen ihrer Kraft, denken. Sie wolle sich weiteren Stress ersparen und nun „akzeptieren, was nicht zu verändern ist“.

„Tief enttäuscht“ zeigt sich die 2021 noch als „beste Schulleitung“ dekorierte Hertenerin nicht nur von vermeintlicher Behördenwillkür, sondern insbesondere von der Hertener Lokalpolitik.

Öffentlich haben Bürgermeister Matthias Müller und Schuldezernent Hermann Pieper seit Anfang März keine Details zum Streit um den OGS-Ausbau und zur Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Susanne Schäfer genannt. Den Ältestenrat des Stadtrats haben sie nach massiven Elternprotesten aber informiert.

Susanne Schäfer bezieht sich mutmaßlich darauf, wenn sie sagt, dass „zwei Menschen, von denen sie den einen noch nie, den anderen nur zweimal getroffen“ habe, „hinter verschlossenen Türen“ mit Lokalpolitikern über sie geredet hätten. Enttäuscht sei sie, weil die Politik „diesen zwei Menschen“ offenbar alles geglaubt hätte. Sie habe keine Gelegenheit zu einer Erwiderung bekommen, „es wurde auch nie bei mir nachgefragt“. Die Ratspolitiker hätten damit bloßes „Hörensagen für bare Münze genommen“.

Ihr zeige das, dass „die Machtverhältnisse nicht auswogen“ seien, „dass da einiges falsch läuft“, was sie geradezu „widerlich“ findet. Und da sie gelernt habe, das man nicht nur kritisieren, sondern auch versuchen solle, es besser zu machen, überlege sie nun „lokalpolitisch aktiv“ zu werden. „Natürlich will mich da keiner“, vermutet Susanne Schäfer. Sie habe ja das Etikett, unbequem, streitbar und nicht angepasst zu sein. Aber „vielleicht sitzen in der Politik zu viele bequeme Menschen“.

Sie sei tatsächlich schwierig und unbequem, stimmt Susanne Schäfer ihren Kritikern zu: „Ich bin ein anstrengender Mensch und strenge mich auch selbst an.“ Sie stehe dafür, Missstände sachlich, höflich und genau anzusprechen und nicht unter den Teppich zu kehren. Für sie bedeute der Beamteneid bis heute „nicht, das Recht, eigenständig zu denken, abzugeben“.

Diese Redaktion zitiert in diesem Bericht aus den jüngsten drei Spotify-Podcasts von Susanne Schäfer – ohne ein Interview geführt zu haben. Die Äußerungen sind insofern relevant, als sie die ersten sind, die die Pädagogin im langen Streit um ihre Versetzung öffentlich macht.

Der Schulleiterin drohen durchaus ernste Konsequenzen für Äußerungen, die ihrer Loyalität zu ihrem Dienstherren zuwider laufen. Diese können von einem Verweis über eine Geldbuße bis zur „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“ reichen. Die Pädagogin sagt auf Spotify selber, sie wisse, dass sie sich mit ihren Podcasts „weit aus dem Fenster lehne“.

Susanne Schäfer mit ihrer bisherigen Stellvertreterin Stephanie Lehmann vor der Grundschule Herten-Mitte.
Susanne Schäfer mit ihrer bisherigen Stellvertreterin Stephanie Lehmann, die die Grundschule Herten-Mitte nun kommissarisch leitet. Beide waren als Team 2021 mit dem Deutschen Bildungspreis („beste Schulleitung“) ausgezeichnet worden. © Archiv

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