Strafprozesse in der Abrechnungsaffäre des Kreistages Zwei Angeklagte müssen vor Gericht

Abrechnungsaffäre: Zwei Prozesse am Schöffengericht Lünen terminiert
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Die Abrechnungsaffäre des Kreistages in Unna mit vier Beschuldigten wird auch in diesem Jahr weiter gerichtlich aufgearbeitet: Gegen einen Angeklagten wird der Prozess fortgesetzt, gegen einen zweiten ist nun der erste Verhandlungstag terminiert.

Das bereits angelaufene Strafverfahren gegen Werner Sell, bis 2020 Mitglied des Kreistages, soll am Freitag, 11. Juli, am Amtsgericht Lünen weitergehen. Darüber unterrichtete Amtsgerichtsdirektor Dr. Niklas Nowatius unsere Redaktion am Freitag (7.3.). In der Schöffensache wird Sell Betrug in zehn Fällen zum Nachteil der Kreiskasse und der Stadtkasse Selm vorgeworfen: Der Selmer soll 2.166 Euro zu viel Aufwandsentschädigung abgerechnet haben.

Richter deutet Leichtfertigkeit der Behörden an

Zum Prozessauftakt am 8. November hatte Sells Verteidiger Stephan Kreuels um Vertagung gebeten, weil er noch nicht im erforderlichen Maße Akteneinsicht bekommen hatte. Richter Ulrich Oehrle ließ in der kurzen mündlichen Verhandlung durchblicken, dass es dem Angeklagten leicht gemacht worden sei.

„Nach Aktenlage ist das ein bisschen leichtfertig verlaufen, aber auch bei den Kommunen“, meinte Oehrle damals zum Vorwurf gegen Werner Sell. Der Richter zeigte sich verwundert, dass die doppelten Zahlungen an Sell, zunächst vom Kreis und danach von der Stadt Selm, seitens der Behörden überhaupt ermöglicht wurden.

Werner Sell (l.) und Dr. Hubert Seier aus Selm
Während es für den Strafprozess gegen Dr. Hubert Seier (r.) mittlerweile einen Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Lünen gibt, ist gegen den ebenfalls angeklagten Werner Sell bereits der zweite Prozesstag terminiert worden. © Sell/Weckenbrock (Archiv)

Einen Eröffnungsbeschluss erlassen hat das Schöffengericht nun auch gegen den Angeklagten Dr. Hubert Seier. Gegen den Selmer soll eine Woche später, am Freitag, 18. Juli, am Amtsgericht Lünen verhandelt werden.

Dr. Niklas Nowatius bestätigte, dass der Vorsitzende Richter die Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs nicht zugelassen habe, sondern lediglich wegen „einfachen“ Betrugs, der mit einer niedrigeren Strafe belegt ist.

Dr. Seier wollte keine Einstellung gegen Geldbuße

Im Fall Seier sollte es laut Staatsanwaltschaft zunächst um Betrug in 17 Fällen gehen; auch das Stadtrats- und Kreistagsmitglied aus Selm soll zu Unrecht doppelt abgerechnet haben. Seier hatte bereits im Mai 2023 jeweils rund 1.800 Euro an den Kreis Unna bzw. an die Stadt Selm zurückerstattet.

Zur öffentlichen Hauptverhandlung gegen Dr. Hubert Seier kommt es, weil er anders als die Staatsanwaltschaft mit der vom Gericht vorgeschlagenen Einstellung gegen eine Geldbuße nicht einverstanden gewesen war.

Bereits – vorläufig – eingestellt ist das Strafverfahren gegen das Kreistagsmitglied Marion Küpper aus Selm; im Ermittlungsverfahren gegen Timon Lütschen aus Kamen hat es einen Wechsel des Sachbearbeiters gegeben – eine Entscheidung der Anklagebehörde ist in seinem Fall noch nicht getroffen worden.