
Die Mandatsträger sollen durch den Ausgleich nicht schlechter, aber auch nicht besser als ohne Mandatsausübung stehen. So steht es in der noch nicht seit ganz einem Jahr geltenden Richtlinie des Kreises Unna, die den Ersatz von Verdienstausfall der Mitglieder des Kreistages regelt.
Zu der schriftlichen Niederlegung einer Selbstverständlichkeit fühlte man sich bemüßigt. Die neue Vorschrift war unter dem Eindruck der Abrechnungsaffäre entstanden. Gegen ein ehemaliges und drei amtierende Kreistagsmitglieder hatte die Staatsanwaltschaft Dortmund viele Monate ermittelt.
Angeklagt war ein „besonders schwerer Fall“
Gewerbsmäßigen Betrug wirft sie den Mandatsträgern vor. Für die Annahme dieses vom Strafgesetzbuch als besonders schwer deklarierten Falles reichte es aus, dass regelmäßig über mehr als ein Jahr zu Unrecht Entschädigungen beantragt worden waren.
Dass sich im Prinzip alles so zugetragen hat, wie der Staatsanwalt im Strafprozess darlegte, bestritt die angeklagte Marion Küpper nicht. Die Einstellung des Verfahrens überzeugt daher nicht und dürfte den Rechtsfrieden auch nicht so ohne Weiteres wiederherstellen. Es ist der Eindruck entstanden: Man kann ja mal Russisch Roulette spielen, am Ende passiert mir ja doch nichts.
Denn es steht doch fest, dass in einem erheblichen Ausmaß von mehreren tausend Euro öffentliche Gelder zum eigenen Vorteil erschwindelt wurden. Immerhin 70 Prozent von 10.000 Euro, die im Raum standen, müssen von Küpper an die Kreiskasse zurücküberwiesen werden.
Es bestand aber eine rechtliche Klippe, auf die der Strafverteidiger hingewiesen haben dürfte: Jeder einzelne der von der Anklagebehörde vorgeworfenen 59 Fälle hätte bewiesen werden müssen.
Im Zweifel für die Angeklagte
Dass Küpper zwischen November 2020 und Dezember 2021 an dem ein oder anderen Tag nicht doch einmal einen Verdienstausfall wegen eines Nachhilfe- oder Yogaunterrichts gehabt hat – möglich ist es. Im Zweifel also für die Angeklagte – oder man hätte in eine umfassende Beweisaufnahme einsteigen müssen.
Tat man nicht. So erscheint der Betrugsvorwurf indes „besonders leicht“ und nicht „besonders schwer“.
Dieser Prozess wäre besser bis zum Ende ausgefochten worden. Denn der Vorwurf hatte es ja in sich – das hat auch die Anklagebehörde deutlich gemacht: Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Kommunalpolitik zum Selbstbedienungsladen wird. Juristisch ist Marion Küpper nun ohne Strafurteil davon gekommen – sie hat sich nicht strafbar gemacht. Kein Zweifel.
Rein moralisch betrachtet, kann man sie nur zum Rückzug aus dem Kreistag auffordern.