
© Sundermeier/Montage Klose
Starke Stimmen aus Südafrika erobern die Dortmunder Opernbühne
Theater Dortmund
Südafrika ist eine aufstrebende Sängernation. Seit einigen Jahren auch in der Oper. Am Theater Dortmund gehören jetzt drei Solisten aus Afrika zum Ensemble. Der Weg nach Europa war hart.
Vor 20 Jahren hat man afrikanische Sänger meist in Gospelchören, manchmal als Jazzsänger, seltener als Rock-, Pop-Größen bewundert. Das ist heute anders: Afrika ist eine aufstrebende Opernsänger-Nation, die fantastische Solisten hervorbringt.
Drei Sänger aus Südafrika gehören jetzt zum Ensemble der Oper Dortmund: Sopranistin Kelebogile Besong (die Dortmunder Aida) und Bariton Mandla Mndebele (Amonasro) haben in der Hauptstadt Pretoria studiert, Tenor Sunnyboy Dladla (der tolle Graf im „Barbier von Sevilla“) in Kapstadt.
„Ein Engagement in Europa ist ein Traum“
„Südafrika ist eine Sänger-Nation“, sagt Kelebogile Besong und lacht: „Musik ist ein Teil von allem, was wir machen.“ Bis zum Ende der Apartheid 1994 durften schwarze Sänger gar nicht im Theater singen. Seit 20 Jahren ist das anders, aber es gibt in Afrika viel weniger Opernhäuser als in Europa.
Von Europa oder den USA träumen fast alle Studierenden in Afrika, aber bis zu einem Engagement an einem hiesigen Opernhaus ist es ein langer, harter und teuerer Weg. „Es gibt bei uns so viele Talente, aber wenig Jobs“ erzählt Mandla Mndebele. Der 29-Jährige war zunächst Mitglied des Chores des „Black Tie Ensembles“ und der Opera Africa, bevor er an die Cape Town Opera in Kapstadt wechselte. Nachdem er Preise bei Gesangswettbewerben gewonnen hatte, kamen die ersten Engagements in Europa.
Mandla Mndebele war schon in Südafrika BVB-Fan
Jetzt ist der Bariton glücklich, ausgerechnet in Dortmund singen zu dürfen. „Ich war schon in Südafrika BVB-Fan. Und jetzt wohne ich in der Stadt, in der der BVB spielt – Wahnsinn“, sagt der Sänger, der auch in der Theatermannschaft Fußball spielt. „Ich träume davon, vor einem Spiel des BVB im Stadion „You‘ll never walk alone“ zu singen, sagt der Bariton.
„Junge Sänger können sich in Südafrika keine Manager oder Agenten leisten. Wir müssen die Schule und die Ausbildung bezahlen und alles selbst machen. Wir sind unsere eigenen Manager“, erzählt die ein Jahr ältere Kelebogile Besong: „Die einzige Chance, dass jemand auf uns aufmerksam wird, ist, dass wir bei Wettbewerben singen. Aber die Flugtickets zu den Wettbewerben müssen wir auch bezahlen. Inzwischen wissen einige Agenten aber, dass es in Südafrika tolle junge Sänger gibt.“
Ein Klavier hatten nur die weißen Kinder
„Viele Afrikaner produzieren Videoclips über sich, die sie nach Europa schicken, um auf sich aufmerksam zu machen. Nicht jeder kann sich die Reise zu einem Vorsingen leisten“, sagt Mandla Mndenele.

Sopranistin Kelebogile Besong und Bariton Mandla Mndebele sind zwei der drei Sänger aus Südafrika, die an der Dortmunder Oper engagiert sind. © Gass
Kelebogile Besong hat mit einem Stipendium in Pretoria studiert. „Ich war als Kind in der Opera School. Ich wollte singen, aber im Gegensatz zu vielen weißen Kindern hatte ich zu Hause kein Klavier“, sagt sie. Erst an der Hochschule hat sie das erste Mal einen Finger auf eine Klaviertaste gelegt. Dafür hatte sie ein Riesentalent.
In den Schulen in Südafrika gibt es Chöre und Rhythmusunterricht – Musik gehört zum Leben und zum Schulalltag. „Mit 16 habe ich meine erste Oper gesehen: ,Romeo und Julia‘ von Gounod. Das sah alles so groß aus“, erinnert sie sich.
Bariton hat sich als Kind in Mozarts Papgano verliebt
Mandla Mndebele hat sich als Kind vor dem Fernseher in Mozarts „Zauberflöte“ verliebt. Papageno hat ihn glücklich gemacht. Heute singt er diese Partie selbst. „Mozart, Bizet, Puccini und Verdi sind in Südafrika sehr populär“, sagt Kelebogile Besong, „Wagner mögen die Afrikaner nicht so sehr.“
Ihre dritte Aida singt die Sopranistin in Dortmund, 2016 hat sie diese Partie schon in der Aalto-Oper in Essen gesungen. Und sie fasziniert alle mit ihrer großen Stimme. „Südafrika muss etwas tun, damit die Opernsänger in Afrika bleiben. Es wachsen so viele Talente heran, die sehr gut ausgebildet sind. Und es kommen immer mehr“, sagt die Sopranistin.
Traviata und Aida sind Kelebogile Besongs Paraderollen
Die dunkle Hautfarbe ist zum Glück in Europa, Asien und den USA kein Hindernis mehr für ein Engagement. Auch das war vor 20 Jahren noch anders. Inzwischen hat sich das Publikum an ein dunkelhäutiges Blondchen in der „Entführung aus dem Serail“ gewöhnt.

Als Aida (Kelebogile Besong, r.), Amonasro (Mandla Mndebele, Mitte) und Graf Almaviva (Sunnyboy Dladla, l.) sind die Sänger aus Südafrika jetzt in der Oper Dortmund zu sehen. © Sundermeier/Montage Klose
„Ich habe in Europa die Traviata, Fiordiligi und Gräfin im Figaro gesungen. Aber es gibt immer noch Agenten, die denken, eine Violetta muss blaue Augen und weiße Haut haben. Dafür ist das Publikum offener als früher“, sagt Kelebogile Besong: „Als Aida ist meine Hautfarbe mein erstes Kostüm. Die Geschichte von Aida ist auch die Geschichte Südafrikas“.
Die Chance genutzt
„Wir müssen heute nicht mehr nur ,Porgy and Bess‘ oder den Otello singen“, meint Mandla Mndebele, „aber muss man einen weißen Sänger anmalen, wenn man Verdis ,Otello‘ spielt? Es gibt doch so viele gute afrikanische Sänger, die eine Chance verdient hätten.“
Ihre Chance in Dortmund haben die drei tollen Opernsolisten aus Südafrika genutzt – auch Sunnyboy Dladla, der bei unserem Gespräch leider nicht dabei sein konnte. Alle drei werden bejubelt.
Begleitet und beobachtet seit 35 Jahren für die Zeitung das Kulturleben in Dortmund und in der Region.
